Leitsatz (amtlich)

Die Restschuldbefreiung setzt keine höchstpersönliche Abtretungserklärung des Schuldners voraus; im Falle einer Verletzung rechtlichen Gehörs kann dieser die Abtretungserklärung nachreichen.

 

Normenkette

InsO §§ 7, 287 Abs. 2, §§ 289, 304-305

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 2 T 147/01)

AG Neuwied (Aktenzeichen 22 IK 35/99)

 

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Koblenz vom 23.8.2001 wird zugelassen.

2. Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der angefochtene Beschluss des LG geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beschluss des AG Neuwied vom 5.2.2001 wird aufgehoben.

Der Antrag auf Gewährung von Restschuldbefreiung des Schuldners wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten der sofortigen Erstbeschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das AG Neuwied zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde ist zuzulassen. Sie führt insoweit zum Erfolg, als der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der im Folgenden dargelegten Rechtsauffassung des Senats an das AG Neuwied zurückzuverweisen ist.

1. Das Pfälzische OLG Zweibrücken ist gem. § 7 Abs. 3 InsO a.F. i.V.m. § 1a Abs. 2 der rheinland-pfälzischen Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung vom 28.4.1998 (GVBl. 1998, 134) für die Entscheidung über die weitere Beschwerde in Insolvenzsachen zuständig, weil die Entscheidung des Beschwerdegerichts vor dem In-Kraft-Treten der Neufassung des § 7 InsO durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27.7.2001 am 1.1.2002 ergangen ist. Nach der Übergangsvorschrift des § 26 Nr. 10 EGZPO gilt die ursprüngliche Fassung des § 7 Abs. 1 InsO für die Verfahren weiter, in denen die Entscheidung des LG – wie hier – noch vor dem 1.1.2002 zur Geschäftsstelle gelangt ist.

2. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft. Es liegt eine dem Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde grundsätzlich zugängliche Ausgangsentscheidung des LG i.S.d. § 7 InsO a.F. vor. Eine weitere Beschwerde nach § 7 Abs. 1 S. 1 InsO a.F. setzt stets voraus, dass bereits gegen die Entscheidung des Erstgerichts die sofortige Beschwerde gem. § 6 Abs. 1 InsO statthaft war (vgl. etwa BGH v. 16.3.2000 – IX ZB 2/00, MDR 2000, 779 = ZIP 2000, 755; OLG Zweibrücken v. 26.10.2000 – 3 W 206/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 45; BayObLG v. 28.7.1999 – 4Z BR 1/99, MDR 1999, 1344; v. 8.10.1999 – 4Z BR 7/99, MDR 2000, 51; OLG Köln v. 23.3.1999 – 2 W 65/99, MDR 1999, 629 = OLGReport Köln 1999, 166 = NJW-RR 1999, 996 [997]; NZI 2000, 130 [131]; OLG Naumburg v. 10.3.2000 – 5 W 18/00, ZInsO 2000, 216; NZI 2000, 263 [264], jew. m.w.N.). Der Beschluss des AG Neuwied vom 5.2.2001 unterliegt gem. §§ 6, 289 Abs. 2 InsO, 11 Abs. 1 RPflG der sofortigen Beschwerde. Das Insolvenzgericht hat über das Begehren des Schuldners auf Gewährung von Restschuldbefreiung entschieden und hierbei die Zulässigkeit des Antrages verneint. Dieser Beschluss stellt eine gem. §§ 6, 289 Abs. 2 InsO anfechtbare Entscheidung des Insolvenzgerichts dar. Mit der sofortigen Beschwerde kann der Schuldner nicht nur jede Versagung der Restschuldbefreiung angreifen, die auf die Gründe der §§ 290 Abs. 1, 314 Abs. 3 S. 2 InsO gestützt wird, sondern auch die Verwerfung des Antrages auf Erteilung der Restschuldbefreiung als unzulässig (vgl. OLG Köln Rpfleger 2001, 41; v. 24.5.2000 – 2 W 76/00, OLGReport Köln 2000, 283 = MDR 2000, 1097 m.w.N.).

Die sofortige weitere Beschwerde, die wegen der offenkundigen Interessenlage zugleich als Zulassungsantrag des Schuldners auszulegen ist (vgl. hierzu OLG Köln v. 23.4.2001 – 2 W 81/01; Kirchhof in HK-InsO, 2. Aufl. 2000, § 7 Rz. 4), ist form- und fristgerecht eingereicht worden (§§ 4, 7 InsO, 569, 577 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die weitere Beschwerde ist auch nicht etwa gem. § 568 Abs. 2 S. 2 ZPO unzulässig, weil die landgerichtliche Beschwerdeentscheidung mit der Entscheidung des AG im Ergebnis übereinstimmt. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 1 InsO a.F. enthält keine solche Einschränkung der Statthaftigkeit. Sie geht als speziellere Bestimmung der allgemeinen Vorschrift des § 568 Abs. 2 S. 2 ZPO vor (vgl. BGH ZInsO 2000, 280 [281]; OLG Zweibrücken OLGReport Zweibrücken 2000, 369 [370]; OLG Köln v. 29.12.1999 – 2 W 205/99, OLGReport Köln 2000, 141 [142]; BayObLG BayObLGZ 1999, 310 [312, 313]; OLG Celle NZI 2000, 226 [227]). Demnach hängt die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht davon ab, ob die Vorinstanzen divergierende Entscheidungen getroffen haben, sondern allein davon, ob die Nachprüfung der – ggf. auch übereinstimmenden – Entscheidungen der Vorinstanzen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (vgl. OLG Zweibrücken v. 26.10.2000 – 3 W 206/00, OLGRepo...

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