Leitsatz (amtlich)

Die Verlegung des Satzungssitzes einer nach deutschem Recht gegründeten GmbH in einen anderen Mitgliedstaat der EU (hier: Portugal) kann nicht in das deutsche Handelsregister eingetragen werden. Daran hat sich durch die neuere Rechtsprechung des EuGH (vgl. zuletzt "de Lasteyrie du Saillant" und "Sevic") zur Niederlassungsfreiheit nichts geändert.

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 4 HK T 4173/06)

AG Nürnberg (Aktenzeichen HRB 20226)

 

Gründe

I.

Die im Jahr 1994 im Inland gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung hatte 2003 ihren Sitz innerhalb Deutschlands verlegt. Mit notariell beurkundetem Beschluss vom 9.9.2004 beschloss der Alleingesellschafter die Verlegung des Sitzes nach Portugal. Der beurkundende Notar meldete den Beschluss zur Eintragung in das Handelsregister an. Am 8.11.2004 wies das Registergericht die Anmeldung zurück mit der Begründung, die vorgenommene Satzungsänderung sei nicht eintragungsfähig. Der Geschäftsführer der Gesellschaft beantragte daraufhin, die Beendigung der Gesellschaft in das Handelsregister einzutragen. Diesem Antrag entsprach das Registergericht nicht, weil das Finanzamt der Löschung nicht zustimmte. Gegen diese Entscheidung legte die Gesellschaft Beschwerde ein mit dem Ziel, die Löschung im Handelsregister einzutragen und das Registerblatt mit einem Wegzugsvermerk nach Portugal zu versehen.

Das Landgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 21.3.2007 zurück. Zur Begründung führte es insbesondere aus, dass nach gegenwärtigem deutschen Gesellschaftsrecht eine Verlegung des Satzungs- und Verwaltungssitzes einer in Deutschland errichteten GmbH in das Ausland - auch in einen anderen Mitgliedsstaat der EU - nicht möglich sei; eine dem deutschen Recht unterliegende Kapitalgesellschaft benötige zwingend einen inländischen Gesellschaftssitz. Das verstoße auch nicht gegen höherrangiges europäisches Recht. Die Löschung der Gesellschaft im deutschen Handelsregister könne nicht erfolgen, solange die Gesellschaft noch nicht voll beendet sei. Das sei nicht der Fall, da nach Auskunft des Zentralfinanzamts die steuerlichen Angelegenheiten noch nicht abgewickelt seien.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts richtet sich die weitere Beschwerde der Gesellschaft mit dem Ziel, die Eintragung der Sitzverlegung zu erreichen. Eine Löschung hält die Beschwerdeführerin hingegen nicht mehr für zulässig, weil sie in Portugal weiter bestehe. Dort sei sie als "I. Companhia de conselho em assuntos financeiros LDA" unter Hinweis auf die Voreintragung in Deutschland im Handelsregister eingetragen. Nach dieser identitätswahrenden Eintragung im portugiesischen Handelsregister müsse im deutschen Handelsregister der Wegzug eingetragen werden; der alleinige und aktive Geschäftssitz befinde sich in Portugal. Eine andere Handhabung verstoße gegen Europarecht.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) angenommen, dass die Verlegung des Satzungssitzes einer deutschen GmbH in das Ausland nicht im Handelsregister eingetragen werden kann. Das gilt auch, wenn es um den Wegzug in einen anderen Mitgliedsstaat der EU geht.

a)

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Meinung im Schrifttum bedarf eine dem deutschen Recht unterliegende Kapitalgesellschaft zwingend eines in ihrer Satzung bestimmten inländischen Gesellschaftssitzes; das gilt auch für den Sitz einer GmbH im Sinne von § 4a GmbHG (BGHZ 25, 134/144; 29, 320/328; BayObLGZ 2004, 25/26 m.w.N.; OLG Brandenburg FGPrax 2005, 78/79; Staudinger/Großfeld IntGesR Stand 1998 Rn. 243; Scholz/Emmerich GmbHG 10. Aufl. § 4a Rn. 9; Lutter/Bayer GmbHG 16. Aufl. § 4a Rn. 22; Baumbach/Hueck/Fastrich GmbHG 18. Aufl. § 4a Rn. 3; Roth/Altmeppen GmbHG 5. Aufl. § 4a Rn. 30). Bei einer grenzüberschreitenden Verlegung ihres Satzungs- und Verwaltungssitzes verliert die Gesellschaft deshalb ihre Rechtsfähigkeit auf der Grundlage ihres bisherigen Personalstatuts, denn sie löst sich damit aus der Rechtsordnung, die Grundlage für ihre Existenz ist (vgl. Weller DStR 2004, 1218/1219). Die identitätswahrende Auswanderung einer Kapitalgesellschaft lässt das geltende deutsche Recht nicht zu (vgl. OLG Brandenburg FGPrax 2005, 78/79). Das gilt unabhängig davon, ob sie die Rechtsform der GmbH deutschen Rechts beibehalten oder - wie es hier nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin der Fall ist - eine entsprechende Rechtsform nach dem Recht des Zuzugslandes annehmen will.

b)

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist es für die beantragte Eintragung im deutschen Handelsregister unerheblich, ob sie aus der Sicht des portugiesischen Rechts (vgl. dazu Jayme IPrax 1987, 46/47) dort unter Wahrung ihrer Identität zugezogen ist. Denn ein Fortbestehen der Gesellschaft bei einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung ist nur dann möglich, wenn sowohl der Wegzugs- als auch der Zuzugsstaat nach ihrer jeweiligen Rechtsordnung den Fortbestand ermöglichen (vgl. BayObLGZ 2004, 25/27; OLG Brandenb...

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