Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzanfechtung bei Tilgung einer fremden Schuld

 

Leitsatz (amtlich)

Veranlasst der Geschäftsführer einer insolventen Gesellschaft aus deren Guthaben die Bezahlung einer Werklohnrechnung seiner ebenfalls insolventen Einzelhandelsfirma, ist dies nicht anfechtbar, wenn der Zahlungsempfänger die Werkleistung mangelfrei erbracht hat und die Werklohnforderung damit zum Zahlungszeitpunkt fällig war.

Das in der Werkleistung liegende Vermögensopfer steht der Annahme einer unentgeltlichen Leistung selbst dann entgegen, wenn die Werklohnforderung wirtschaftlich wertlos war.

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Urteil vom 05.12.2003; Aktenzeichen 2 O 142/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Bad Kreuznach vom 5.12.2003 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in selber Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. C. B. u. Sohn GmbH & Co. OHG (nachfolgend Gemeinschuldnerin) und geht gegen den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung vor.

Der Beklagte führte im Auftrag der Fa. B. Bauregie, deren Inhaber G. B. zugleich Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin war, bei dem Bauvorhaben F. Trockenbauarbeiten aus. Hierfür stellte er der Fa. B. Bauregie 23.208,96 DM am 13.2.2001 in Rechnung. Zu diesem Zeitpunkt war die Fa. B. Bauregie bereits zahlungsunfähig.

Am 15.2.2001 beantragte der Geschäftsführer B. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin, worüber er per Rundschreiben auch den Beklagten informierte. Am 19.2.2001 überwies die Gemeinschuldnerin von ihrem Konto 10.000,-DM (5.112,92 Euro) an den Beklagten. Im Bezugsfeld der Überweisung war angegeben: "Re. 13.2.01 [...] F. Außenputz Abschlag ...". Die Gemeinschuldnerin hatte weder ggü. dem Beklagten noch ggü. der Fa. B. Bauregie entsprechende Zahlungsverpflichtungen. Auch hat der Beklagte an die Gemeinschuldnerin für die Zahlung keine Leistung erbracht.

Über das Vermögen der Fa. B. Bauregie wurde am 27.2.2001 vorläufig und am 1.5.2001 endgültig das Insolvenzverfahren eröffnet; der Beschluss zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin war bereits am 1.4.2001 ergangen.

Die Klage auf Rückforderung des überwiesenen Geldbetrags hat das LG mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1, S. 1 ZPO), abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter: Die Überweisung vom 19.2.2001 sei als Schenkung, bzw. sonstige unentgeltliche Leistung gem. § 134 InsO anfechtbar. Dies gelte auch dann, wenn man in der Überweisung die Tilgung einer fremden Schuld (Bauregie) sehe, weil die Forderung des Beklagten gegen die Fa. B. Bauregie wirtschaftlich wertlos gewesen sei. Das LG habe zu Unrecht unterstellt, dass der Beklagte die Überweisung als Entgelt der Fa. B. Bauregie für seine Werkleistungen angesehen habe.

Der Kläger beantragt, unter Änderung des angefochtenen Urteils, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.112,92 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2003 zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen:

Eine Schenkung liege nicht vor, weil die Überweisung nur wegen der von ihm zuvor erbrachten Werkleistung erfolgt sei. Für ihn sei zunächst nicht erkennbar gewesen, dass ein Dritter, die Gemeinschuldnerin, gezahlt habe.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das LG hat zu Recht einen Zahlungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten verneint. Ein Anfechtungsgrund, insbes. aus §§ 143 Abs. 1 S. 1, 134 Abs. 1 InsO, wie vom Kläger geltend gemacht, ist nicht gegeben.

Nach § 134 Abs. 1 InsO sind unentgeltliche Leistungen des Schuldners anfechtbar. Dabei kann offen bleiben, ob in der Überweisung der 10.000 DM an den Beklagten eine Leistung der Fa B. Bauregie oder der Gemeinschuldnerin zu sehen ist, denn sie erfolgte jedenfalls nicht unentgeltlich.

Unter Geltung des § 32 KO hat die Rechtsprechung Unentgeltlichkeit allgemein angenommen, wenn ein Vermögenswert zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Gegenwert zufließen soll (BGH v. 29.11.1990 - IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 [101 f.] = MDR 1991, 431; v. 4.3.1999 - IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 [99] = MDR 1999, 764). Dabei kann eine solche unentgeltliche Verfügung auch in der Erfüllung oder Übernahme einer fremden Schuld bestehen (vgl. BGHZ 41, 298; Kirchof in MünchKomm/InsO, 2002, Bd. 2, § 134 Rz. 18, 31 f.). Entgeltlichkeit liegt vor, wenn der Schuldner für seine Leistungen eine ausgleichende Gegenleistung erhält (BGH v. 29.11.1990 - IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 [101 f.] = MDR 1991, 431; v. 28.2.1991 - IX ZR 74/90, BGHZ 113, 393 [395...

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