Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 19.09.1996; Aktenzeichen 7 HO 113/96)

 

Tenor

I. Auf die beiderseitigen Berufungen der Parteien wird das Urteil der 7. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Trier vom 19. September 1996 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

  1. Es wird dem Antragsgegner untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Datennetz „Internet” für seine Zahnarztpraxis zu werben, indem er

    unter der Rubrik „Das Praxisteam” eine allgemeine Beschreibung seiner Praxis gibt,

    unter der Rubrik „Unsere Dienstleistungen” zahnärztliche Leistungen anbietet,

    unter der Rubrik „Praxis-Shop” besondere Empfehlungen für zum Verkauf angebotene Zahnpflegeartikel gibt.

  2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Antragsgegner die Verurteilung zu einem Ordnungsgeld bis zu 50.000 DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, zu einer Ordnungsstrafe von 1 Tag für jeweils 5.000 DM, oder die sofortige Verurteilung zu einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
  3. Im übrigen wird der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens werden zu 3/4 der Antragstellerin und zu 1/4 dem Antragsgegner auferlegt.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin ist die …, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihr gehören als Pflichtmitglieder alle in Rheinland-Pfalz niedergelassenen freiberuflich tätigen Zahnärzte an. Zu den satzungsmäßigen Aufgaben der Antragstellerin gehört die Wahrnehmung der beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder.

Der Beklagte ist Zahnarzt und übt seinen Beruf in Gemeinschaft mit anderen Zahnärzten in einer eigenen Praxis in aus.

Seit Juni 1996 treibt der Antragsgegner im Internet Werbung. Bei dem Internet handelt es sich um ein weltumspannendes Datennetz aus miteinander verbundenen Computern, das seinen Benutzern vielfältige Möglichkeiten der Information und Kommunikation bietet. Der Antragsgegner benutzt für seine Werbung das World Wide Web (abgekürzt: WWW), einen der moderneren Internet-Dienste. Das WWW macht es seinem Benutzer dank einer speziellen Software (WWW-Browser) möglich, neben Texten auch Bilder, Grafiken, Tondateien und Videos im Internet zu übertragen. Zugang zum Internet erhält der Benutzer durch einen Personalcomputer, der entweder über einen Direktanschluß oder mittels eines Modem oder einer ISDN-Karte über einen Zentralrechner mit dem Datennetzwerk verbunden ist.

Wählt der Benutzer die – aus einer Kombination von Buchstabenkürzeln – bestehende Adresse des Antragsgegners an oder stellt er die Verbindung mittels eines Kennworts oder über einen Suchservice her, so erscheint auf dem Bildschirm seines Personalcomputers die sogenannte Homepage, die in der Art eines Inhaltsverzeichnisses auf weitere Informationen verweist, die durch Mausklick abgerufen werden können.

In der Homepage des Antragsgegners werden unter bestimmten Stichworten (Rubriken) Informationen der verschiedensten Art angeboten, die auf mehreren, teils bebilderten und farbig gestalteten Textseiten (sogenannte Web-Pages) enthalten sind. Sie geben Auskunft über die Praxis und über besondere zahnärztliche Leistungen des Antragsgegners. Außerdem erläutert der Antragsgegner die Behandlung bestimmter Zahn- und Kieferkrankheiten und nimmt Stellung zu aktuellen Problemen der Zahnheilkunde. Daneben stellt er Zahnpflegeprodukte und Zahnputztechniken vor, veranstaltet ein Gewinnquiz und zeigt sogenannte „Dental Paintings”, das sind bildhafte Darstellungen zahnmedizinischer Themen. Ferner bietet er unter der Rubrik „eMail-Doctor” Interessenten die Gelegenheit, sich mit Fragen zu seiner Praxis oder zu zahnmedizinischen Problemen an ihn zu wenden. Schließlich hat der Internet-Benutzer auch die Möglichkeit, sich in ein „Gästebuch” einzutragen.

Die Antragstellerin erblickt in der Werbung des Antragsgegners eine Mißachtung des berufsrechtlichen Werbeverbots und zugleich einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG. Sie nimmt den Antragsgegner deswegen auf Unterlassung in Anspruch.

Zur Sicherung ihres Unterlassungsanspruchs hat sie den Erlaß einer einstweiligen Verfügung beantragt, durch die es dem Antragsgegner zuletzt untersagt werden sollte, seine Zahnarztpraxis zu Wettbewerbszwecken in Datennetzen, die in Rheinland-Pfalz abrufbar sind, insbesondere im „Internet”, darzustellen,

indem er einen Überblick über das Praxisteam gibt, seine Dienstleistungen anbietet und dazu Abbildungen verwendet, ferner ein Gästebuch benutzt, in das sich Benutzer eintragen bzw. in dem sie Eintragungen lesen können;

indem er für zum Verkauf angebotene Zahnpflegeartikel besondere Empfehlungen gibt;

indem er zur Zahnpflege und zu zahnmedizinischen Fragen Stellung nimmt und/oder seine Hilfe dazu anbietet;

indem er künstlerische Werke vorstellt, täglich wechselnde „Dr. Tips” gibt und Gewinnspiele veranstaltet.

Der Antragsgegner ist dem Rechtsschutzbegehren der ...

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