Leitsatz (amtlich)

Die einstweilige Einstellung der Vollstreckung aus einem Titel auf Zahlung von Betreuungsunterhalt gemäß § 1615 l BGB findet im Beschwerdeverfahren nicht statt, wenn zu erwarten ist, dass die Unterhaltsberechtigte in absehbarer Zeit einen höher qualifizierten Beruf mit entsprechenden Erwerbseinkünften wird ergreifen und ausüben können.

 

Normenkette

BGB § 1615 l; FamFG § 120 Abs. 1-2; ZPO § 707 Abs. 1, § 719 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Pforzheim (Aktenzeichen 5 F 261/19)

 

Tenor

Der Antrag des Antragsgegners auf Einstellung der Vollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pforzheim vom 17.07.2020, teilweise berichtigt durch Beschluss vom 30.07.2020, Az. 5 F 261/19, wird abgelehnt.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner beantragt sinngemäß die einstweilige Einstellung der Vollstreckung aus dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pforzheim.

In dem Verfahren auf Zahlung von Betreuungsunterhalt gemäß § 1615 l BGB hat das Amtsgericht den Antragsgegner mit Beschluss vom 17.07.2020, teilweise berichtigt durch Beschluss vom 30.07.2020, verpflichtet, an die Antragstellerin ab Juli 2020 im Voraus jeweils zum dritten Werktag eines jeden Monats einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 867,00 EUR zu zahlen. Des Weiteren wurde der Antragsgegner verpflichtet, für den Zeitraum 01.07.2019 bis einschließlich 30.06.2020 einen Unterhaltsrückstand i.H.v. 10.155,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 11.12.2019 aus 2.349,00 EUR zu zahlen. Das Amtsgericht hat die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet.

Die Beteiligten lebten in der Zeit von September 2016 bis März 2018 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Aus der Beziehung ist das gemeinsame Kind R. J., geboren am ..., hervorgegangen. Die Beteiligten sind gemeinsam sorgeberechtigt. R. lebt seit der Trennung bei der Antragstellerin und wird von ihr betreut und versorgt.

In den Entscheidungsgründen hat das Amtsgericht ausgeführt, die Antragstellerin sei bedürftig. Da sie bereits kurz nach der Geburt eine entsprechende Nebentätigkeit aufgenommen habe, sei bei ihr von einem Einkommen von 450,00 EUR monatlich abzüglich pauschaler berufsbedingter Aufwendungen auszugehen sowie die Halbwaisenrente i.H.v. 226,85 EUR netto hinzuzurechnen. Soweit die Antragstellerin seit März 2020 aus ihrer stundenweisen Erwerbstätigkeit im Krankenhaus ein höheres Einkommen (i.H.v. 807,31 EUR netto) erziele, sei dies als überobligatorisch anzusehen. Aufgrund des Alters des Kindes sei sie nicht verpflichtet, einer weitergehenden Erwerbstätigkeit nachzugehen, zumal sie neben der Tätigkeit seit März 2019 das Studium der Pflegepädagogik in L. absolviere. Das darüber hinaus in Anspruch genommene BAföG im Zeitraum von April 2019 bis einschließlich Februar 2020 stelle kein Einkommen dar, da sie zur vollständigen Rückzahlung verpflichtet sei.

Der Antragsteller sei leistungsfähig. Bei ihm sei im Jahr 2019 für den Zeitraum Februar bis Dezember von einem Bruttoeinkommen von 59.259,77 EUR auszugehen, was einem Nettoeinkommen von 35.506,01 EUR sowie nach Hinzurechnung eines Übergangsgeldes von 3.154,67 EUR pro Monat entspreche. Nach Hinzurechnung einer Einkommensteuererstattung sowie des Abzugs berufsbedingter Fahrtkosten und einer pauschalen Altersvorsorge i.H.v. 4 % des Bruttoeinkommens sowie unter Berücksichtigung des von dem Antragsgegner bezahlten Kindesunterhalts von 306,00 EUR monatlich ergebe sich ein laufender Unterhalt in Höhe von 867,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch zu den nach Auffassung des Familiengerichts nicht berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten des Antragsgegners, wird auf den angegriffenen Beschluss und die diesem beigefügten Berechnungen verwiesen.

Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 23.07.2020 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 30.07.2020, eingegangen beim Familiengericht am selben Tag, Beschwerde eingelegt und beantragt, die Frist zur Begründung der Beschwerde zu verlängern sowie die Vollstreckung aus dem Beschluss vorläufig auszusetzen. Der Antragsgegner sei vermögenslos und ohne pfändbares Einkommen. Bei einer "Vollstreckung auf Aufhebung des Beschlusses" würde dies dazu führen, dass die Gelder nicht mehr zurückgefordert werden könnten. Mit Schriftsatz vom 10.08.2020 lässt der Antragsgegner vortragen, die Antragstellerin sei finanziell nicht in der Lage, Beträge zurückzuzahlen, sollte der Beschluss aufgehoben werden.

Die Antragstellerin hat den Antragsgegner mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 06.08.2020 (Bl. 29) zur Zahlung des titulierten rückständigen Unterhalts spätestens bis 14.08.2020 auffordern lassen.

Die Antragstellerin tritt dem Einstellungsantrag entgegen. Sie trägt insbesondere vor, der Antragsgegner habe die Voraussetzungen für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 120 Abs. 2 S. 3, 2 FamFG bislang weder dargetan noch glaubhaft gemacht.

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