Leitsatz (amtlich)

Eine Überprüfung der Überleitungsanzeige gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 SGB XII findet im Zivilverfahren nicht statt. Die Wirksamkeit des Anspruchsübergangs steht bereits aufgrund der bestandskräftigen Überleitungsanzeige für das Zivilverfahren fest. Das Zivilgericht hat lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen für das Bestehen der Forderung zu prüfen, nicht aber die Rechtmäßigkeit der Anspruchsüberleitung.

 

Normenkette

BGB § 528; SGB XII § 93

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 8 O 377/17)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 06.09.2018 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Münster teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 2.669,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2017 zu zahlen.

Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO)

I. Die Parteien streiten aus übergeleitetem Recht um Ansprüche wegen Rückforderung einer Schenkung.

Der Kläger erbrachte vom 29.10.2014 bis zum 31.01.2015 für die Mutter der Beklagten, die am 0.2.2015 verstorbene Frau J C, Leistungen der Sozialhilfe und Pflegewohngeld in Höhe von insgesamt 5.338,92 EUR. Mit notariellem Vertrag vom 14.05.2009 hatte der Ehemann der Hilfeempfängerin und Vater der Beklagten ein in F gelegenes Hausgrundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die Beklagte und deren Bruder, Herrn B C, übertragen. Die Übertragung erfolgte unentgeltlich und ist ausdrücklich als Schenkung bezeichnet. Die Übertragsnehmer übernahmen dinglich die im Grundbuch eingetragene Grundschuld in Höhe von 76.693,78 EUR, die noch mit 33.809,63 EUR valutierte. In dem Vertrag behielt sich der Vater der Beklagten ein lebenslanges Nießbrauchsrecht für sich und die Hilfeempfängerin sowie die Rückübertragung der Immobilie vor. Der Wert der Immobilie beträgt 150.000 EUR, der Wert des Nießbrauchsrechts 29.000 EUR.

Mit Schreiben vom 18.06.2015 leitete der Kläger Ansprüche der Mutter gegen den Bruder der Beklagten auf sich über und forderte ihn mit Schreiben vom gleichen Tag zur Zahlung von 2.669,46 EUR auf. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2015 hob der Kläger diesen Überleitungsbescheid wieder auf. Mit Schreiben vom 18.06.2015 leitete der Kläger zunächst Ansprüche der Mutter gegen die Beklagte gem. § 93 SGB XII über und sodann mit Schreiben vom 01.02.2017 die Ansprüchen des Vaters gegen die Beklagte. Mit Schreiben vom 01.03.2017 erklärte der Kläger auch gegenüber dem Vater der Beklagten die Überleitung von Ansprüchen. In einem von der Beklagten gegen den Kläger eingeleiteten sozialgerichtlichen Verfahren erklärte die Beklagte unter dem 13.03.2017 die Erledigung des Verfahrens unter Zurückstellung von Bedenken gegen die Wirksamkeit der Überleitungsanzeige. Mit Schreiben vom 16.08.2017 erklärte die Beklagte sodann gegenüber dem Kläger, dass sie ihren Widerspruch und den ihres Bruders gegen die Überleitungsanzeigen zurücknehme. Zugleich machte sie darauf aufmerksam, dass die Überleitung unvollständig sei und der Präzisierung bedürfte. Mit Schreiben vom 05.10.2017 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung auf. In dem Schreiben werden die der Hilfeempfängerin gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 5.338,92 EUR aufgeführt. Weiter heißt es in dem Schreiben: "Da Sie und Ihr Bruder B C zu je einer Hälfte Eigentümer des Hausgrundstücks geworden sind, fordere ich von Ihnen die Hälfte der geleisteten Aufwendungen. ... Sie werden gebeten, den Betrag in Höhe von 2.669,46 EUR ... zu überweisen."

Der Kläger hat die Zahlung von 5.338,92 EUR zuzüglich Zinsen begehrt. Er hat vorgetragen, durch Überleitungsanzeige vom 01.02.2017 sei der Anspruch übergeleitet worden. Da die Beklagte deutlich gemacht habe, dass sie jegliche Zahlung verweigern wolle, sei eine zusätzliche Zahlungsaufforderung durch den Kläger nicht erforderlich gewesen.

Dem ist die Beklagte entgegen getreten. Sie hat vorgetragen, die Voraussetzungen für eine wirksame Überleitung seien nicht erfüllt. Es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte als Gesamtschuldner neben ihrem Bruder in Anspruch genommen worden sei. Die Überleitung vom 01.02.2017 sei deshalb unvollständig. Obwohl sie darauf hingewiesen habe, sei keine Ergänzung der Überleitungsanzeige erfolgt, sondern die Zahlungsaufforderung vom 05.10.2017 ergangen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte nunmehr auf den vollen Betrag in Anspruch genommen werde. Im Übrigen bestehe kein Anspruch aus § 528 BGB. Bei der Zuwendung an die Beklagte habe es sich nicht um eine Schenkung gehandelt. Bei dem Hausgrundstück, das der Vater der Beklagten nutze, handele es sich um Schonvermögen. Schließlich stehe der Rückforderung die eigene Bedürftigkeit der Beklagten entgegen.

Durch die angefochtene Entscheidung ist die Beklag...

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