Leitsatz (amtlich)

Zahlungen des Schuldners an den Steuerberater, die den gesetzlichen Gebührenrahmen überschreiten, stellen eine teilweise inkongruente Deckung dar, wenn die getroffene Gebührenvereinbarung formunwirksam ist. Die teilweise Inkongruenz führt grundsätzlich dazu, dass die Zahlung insgesamt anfechtbar ist. Eine Beschränkung der Anfechtung auf den nicht angemessenen Teil der Vergütung kommt nur in Betracht, wenn im Übrigen eine werthaltige Leistung unter den Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) vergütet wird.

 

Normenkette

InsO § 131 Abs. 1 Nr. 1; StBVV § 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 26.08.2016; Aktenzeichen 6 O 162/13)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 26.08.2016 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Düsseldorf (6 O 162/13) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Beklagte, eine Steuerberatergesellschaft, hatte von der Schuldnerin im April 2009 u.a. den Auftrag erhalten, die Firmenbuchführung der Jahre 1999 bis 2006 im Hinblick auf etwaiges Fehlverhalten eines früheren Steuerberaters und etwaige unberechtigte Entnahmen eines ausgeschlossenen früheren Mitgesellschafters zu überprüfen. Die Abrechnung der Leistungen sollte gemäß § 13 StBGebV erfolgen und mit 51,00 EUR je angefangene Stunde als Zeitgebühr berechnet werden. Am 18.06.2009, wenige Tage vor dem Insolvenzantrag, stellte die Beklagte der Schuldnerin für in deren Auftrag im Zeitraum April bis Juni 2009 ausgeführte Leistungen 20.002,71 EUR in Rechnung, wobei sie einen Stundensatz von 102,00 EUR je Stunde in Ansatz brachte. Die Schuldnerin zahlte hierauf am folgenden Tag 20.000 EUR in bar. Der Insolvenzverwalter begehrt die Rückzahlung dieses Betrages, da die Beklagte mit der Zahlung eine inkongruente Deckung erlangt habe. Die vorgelegte Rechnung entspreche nicht den getroffenen Vereinbarungen. Auch habe die Schuldnerin die Zahlungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen, da sie bereits zahlungsunfähig gewesen sei, was die Beklagte gewusst habe, da ihr aufgrund ihrer beratenden Tätigkeit die finanzielle Situation der Schuldnerin umfassend bekannt gewesen sei. Die Beklagte hat sich auf das Vorliegen eines Bargeschäfts berufen. Bei der Angabe in der Auftragsbestätigung handele es sich um einen Schreibfehler, tatsächlich sei zwischen der Schuldnerin und ihr ein Satz von 51,00 EUR pro halbe Stunde vereinbart worden.

Das LG hat die Klage abgewiesen, da die Zahlung keine inkongruente Deckung gewährt habe und der Leistungsaustausch bargeschäftsähnlich stattgefunden habe. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.

 

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Berufung hat aus den in der mündlichen Verhandlung erörterten Gründen des Senatsbeschlusses vom 16.03.2017 in der Sache Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten die Rückgewähr der am 19.06.2009 gezahlten 20.000 EUR verlangen, weil die Beklagte die Zahlung anfechtbar erlangt hat (§§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 143 Abs. 1 InsO).

1. Die Zahlung vom 19.06.2009 stellt eine inkongruente Deckung im letzten Monat vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung dar, weil die Beklagte in Höhe der geleisteten Zahlung keinen Anspruch gegen die Schuldnerin aus dem Auftrag vom 10.04.2009 (Anl. B 2) hatte. Danach hatte die Schuldnerin die Beklagte mit der Durchführung von diversen Sonderleistungen, unter anderem der Prüfung der Firmenbuchführung für die Jahre 1999 bis 2006, beauftragt. Dass die Beklagte diese Leistungen erbracht hat, ist unstreitig. Damit war gemäß § 7 der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) der Vergütungsanspruch fällig. Soweit das LG davon ausgegangen ist, dass die Beklagte der Schuldnerin eine der Anl. B 2a entsprechende, von ihr unterzeichnete Berechnung im Sinne des § 9 StBVV mitgeteilt hat, ist dies vom Kläger nicht angegriffen. Die Zahlung war gleichwohl inkongruent, denn die Beklagte hatte keinen Anspruch auf eine Vergütung von 51,00 EUR je angefangene halbe Stunde. Hierdurch wurde der gesetzliche Gebührenrahmen, der durch § 13 S. 2 StBVV in der bis zum 19.12.2012 geltenden Fassung (a.F.) vorgegeben war, überschritten und es lag keine wirksame Vergütungsvereinbarung i.S. des § 4 Abs. 1 StBVV in der bis zum 22.07.2016 geltenden Fassung (a.F.) vor.

Gemäß § 13 S. 1 Nr. 2 StBVV ist eine Zeitgebühr zu berechnen, wenn keine genügenden Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswerts vorliegen, wovon die Vertragsparteien hier ausgegangen sind. Diese ist eine Rahmengebühr und betrug seinerzeit 19 bis 46 EUR je angefangene halbe Stunde. Da die nach den Feststellungen des LG vereinbarte Vergütung von 51,00 EUR je angefangene halbe Stunde über der gesetzlichen Vergütung liegt, hätte die Beklagte sie nur aufgrund einer Vergütungsvereinbarung gemäß § ...

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