Leitsatz (amtlich)

Erfüllt ein Dritter auf Anweisung des Schuldners dessen Verbindlichkeit, kommt es für die Frage der Kongruenz der so erlangten Deckung allein darauf an, ob eine insolvenzfeste Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner über diese Art der Befriedigung vorliegt. Nicht erforderlich ist, dass dem Gläubiger ein eigenes Forderungsrecht gegen den Dritten eingeräumt wird.

Eine derartige Kongruenzvereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner kann auch konkludent dadurch zustande kommen, dass der Gläubiger die langjährig (hier: mehr als zehn Jahre) praktizierte Zahlung der Verbindlichkeiten des Schuldners durch ein konzernangehöriges Unternehmen widerspruchslos hinnimmt und damit auch für den Schuldner erkennbar sein Einverständnis mit dieser Art der Befriedigung zum Ausdruck bringt.

 

Normenkette

InsO § 131 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 10 O 498/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.11.2017 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (10 O 498/16) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem mit Beschluss des Amtsgerichts H. vom 01.10.2013 über das Vermögen der B. P. D. GmbH (Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren (Anl. K 1). Die Verfahrenseröffnung erfolgte auf Antrag der Schuldnerin vom 11.07.2013.

Die Beklagte war Vermieterin mehrerer von der Schuldnerin genutzter Immobilien (Anl. K 3, BB 4). Sie erhielt am 12.06.2013 - im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag - eine Zahlung i.H.v. 809.163,42 EUR gem. Zahlungsavis vom selben Tag (Anl. K 8) von der BMPD, die - ebenso wie die Schuldnerin - zur P.-Gruppe gehörte, auf Verbindlichkeiten aus den Mietverträgen, deren Rückgewähr nebst Zinsen der Kläger begehrt.

Der Kläger hat geltend gemacht, die von der BMPD erbrachte Zahlung sei als inkongruente Deckung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, weil die Beklagte keinen Anspruch gegen die BMPD gehabt habe. Die Zahlung - eine Anweisung auf Schuld - habe zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt. Die BMPD habe ein Sammelkonto gehabt, auf das die Tochtergesellschaften des Konzerns Einzahlungen geleistet hätten (Cash Pool). Sie habe für jede Tochtergesellschaft ein (internes) Clearingkonto geführt, auf dem die Zahlungsausgänge/Überweisungen für diese gebucht und verrechnet worden seien. Seit mindestens über zehn Jahren habe die BMPD in der P.-Gruppe und damit auch für die Schuldnerin Zahlungen vorgenommen unabhängig davon, ob das Cash-Pool-Konto ein Guthaben ausgewiesen habe. Hierzu habe sie sich gegenüber der Schuldnerin verpflichtet. Ursprünglich hat der Kläger vorgetragen, das Clearingkonto habe am 12.06.2013 kein Guthaben der Schuldnerin bei der BMPD ausgewiesen, vielmehr habe die Schuldnerin durch die Zahlung einen zuvor bestehenden werthaltigen Anspruch auf Auszahlung eines entsprechenden Kredits gegen die BMPD verloren. Zuletzt hat er unter Vorlage einer Aufstellung (Anl. K 6), die in der letzten Spalte einen "Stand Clearingkonto wenn kein Zahlungslauf statt gefunden hätte" ausweist, behauptet, am 12.06.2013 habe die Schuldnerin über ein Guthaben bei der BMPD verfügt.

Die Beklagte hat geltend gemacht, zwischen der Schuldnerin und ihr habe eine stillschweigende Vereinbarung über die Art der Mietzahlung bestanden: Die Miete sei - soweit anhand der Unterlagen noch nachvollziehbar - mindestens seit dem Jahr 2005, tatsächlich wohl von Beginn an, immer von demselben Konto durch die BMPD bezahlt worden. Diese habe die Funktion einer Zahlstelle für die Konzerngesellschaften gehabt. Es habe sich um eine kongruente Leistung gehandelt.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe durch die angefochtene Zahlung eine inkongruente Deckung erlangt, so dass diese nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar sei. Es handele sich um eine mittelbare Zuwendung der Schuldnerin, da die BMPD auf deren Anweisung ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten getilgt habe, was für diese auch erkennbar gewesen sei. Hierdurch seien die Gläubiger benachteiligt worden, da die Zahlung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aus der BMPD zuvor von der Schuldnerin zur Verfügung gestellten Mitteln bewerkstelligt worden sei. Selbst wenn das Clearingkonto einen negativen Saldo ausgewiesen hätte, würde nichts anderes gelten, denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die BMPD die Rechnung...

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