Leitsatz (amtlich)

1. Die Verpflichtung, durch ein notarielles Verzeichnis Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen, ist insgesamt durch die Festsetzung von Zwangsgeld bzw. Zwangshaft gem. § 888 ZPO zu vollstrecken. Sie kann nicht in die gem. § 887 ZPO zu vollstreckende Auftragserteilung an den Notar und die gem. § 888 ZPO zu vollstreckende Mitwirkung bei der Aufnahme des Verzeichnisses aufgespalten werden.

2. Hängt die vorzunehmende Handlung nicht nur vom Willen des Schuldners, sondern auch von der Bereitschaft eines Dritten ab, obliegt es dem Schuldner, dessen Handlung mit der gebotenen Intensität einzufordern und die ihm zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen. Dazu gehört auch eine Beschwerde gem. § 15 Abs. 2 BNotO, wenn der Notar sich entgegen § 15 Abs. 1 BNotO weigert, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen.

 

Normenkette

BGB § 2314; ZPO §§ 887-888

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 12.09.2016; Aktenzeichen 1 O 430/15)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 12.9.2016 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 23.8.2016 abgeändert.

Gegen die Schuldnerin wird wegen Nichterfüllung der ihr durch Teilanerkenntnisurteil der 1. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 04.4.2016 auferlegten Verpflichtung zu Ziffer 1. des Urteilstenors ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR, ersatzweise jeweils Zwangshaft von einem Tag je 200,00 EUR, verhängt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Schuldnerin.

Der Gegenstandswert der Beschwerde wird auf 8.750,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

Rechtsgrundlage für die von der Gläubigerin beantragte Festsetzung eines Zwangsgelds ist § 888 ZPO. Danach ist - sofern der Schuldner seine Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme ausschließlich von seinem Willen abhängt und die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann, nicht erfüllt - auf Antrag des Gläubigers vom Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme durch Zwangsgeld anzuhalten sei (§ 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine vorherige Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt (§ 888 Abs. 2 ZPO).

Die titulierte Auskunftsverpflichtung stellt eine unvertretbare Handlung dar, die eine Vollstreckung nach § 888 ZPO grundsätzlich ermöglicht (Zöller- Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 888 Rn. 3, Stichwort "Auskunft"). Vertretbar i.S.d. § 887 ZPO, den das LG für anwendbar hält, sind nur solche Handlungen, die selbständig von einem Dritten anstelle des Schuldners vorgenommen werden können, ohne dass das Erfüllungsinteresse des Gläubigers hiervon berührt wird. Es muss von dem Standpunkt des Gläubigers aus wirtschaftlich gleichgültig sein, durch wen die Handlung vorgenommen wird, und vom Standpunkt des Schuldners rechtlich zulässig sein, dass ein anderer als er selbst die Handlung vornimmt (Beck'scher Online-Kommentar ZPO/Stürner, Stand 01.09.2016, § 887 Rn. 2). Die Handlung, deren Erfüllung vorliegend mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden soll, ist die Erteilung einer Auskunft über den Nachlassbestand. Bei einer solchen handelt es sich regelmäßig um eine unvertretbare Handlung (MüKoZPO/Gruber, 5. Aufl., § 887 Rn. 14 m.w.N.). Etwas anderes gilt nur in Fällen, in denen es um die Erteilung einer Abrechnung geht, welche - das Vorliegen der erforderlichen Unterlagen vorausgesetzt - auch durch Dritte erfolgen kann (a. a. O). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, vielmehr setzt die Auskunftserteilung die Mitteilung der Kenntnisse der Schuldnerin höchstpersönlich voraus.

Nichts anderes gilt etwa deshalb, weil die Auskunft in Form der Vorlage eines notariellen Verzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB erteilt werden soll. Die Erteilung der Auskunft durch ein notarielles Verzeichnis verändert ihren Charakter als unvertretbare Handlung nicht. Damit kommt es nicht darauf an, ob die Beauftragung eines Notars mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses als solche eine vertretbare und damit nach § 887 ZPO vollstreckbare Handlung darstellt, denn mit der bloßen Beauftragung eines Notars - ohne die inhaltliche Mitwirkung der Schuldnerin durch Mitteilung ihrer Kenntnisse diesem gegenüber - ist der Gläubigerin zur Erfüllung ihres Auskunftsanspruchs in keiner Weise gedient. Die geschuldete Handlung lässt sich damit gerade nicht, wie das LG meint, in einen vertretbaren und einen unvertretbaren Teil aufspalten. Auch unter Berücksichtigung des im Rahmen der Vollstreckung greifenden Grundsatzes, dass in die Rechte des Schuldners bei gleicher Eignung der Vollstreckungsmaßnahmen nur geringstmöglich einzugreifen ist, richtet sich die Vollstreckung der Verpflichtung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses insgesamt nach § 888 ZPO (Staudinger/Herzog, BGB, 2015, § 2314 Rn. 172 m.w.N.; MüKoBGB-Lange, 6. Aufl., § 2314 Rn. 48).

Allerdings setzt die Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen nach § 888 ZPO voraus, dass die vorzunehmende Handlung ausschließlich von dem Willen des Verpflichteten abhängt. Hieran fehlt es, we...

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