Die unentgeltliche Übertragung eines Grundstücks gegen Nießbrauchsvorbehalt führt hinsichtlich des vorbehaltenen Nutzungsrechts auch dann nicht zu einer Gegenleistung, wenn der Übernehmer dem Übergeber das Nutzungsrecht einräumt. Vielmehr ist von der Übertragung von bereits mit dem Nutzungsrecht belastetem Vermögen auszugehen[1].

Konsequenzen beim Vorbehaltsnießbraucher: Da

  • die Nutzungsbefugnis weiterhin beim Vorbehaltsnießbraucher verbleibt,
  • erzielt er auch weiterhin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) und
  • ist zur weiteren Vornahme der Gebäude-AfA berechtigt, ohne dass er hierzu wirtschaftliches Eigentum erlangen müsste[2].

Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks gegen Nießbrauchsvorbehalt führt ertragsteuerlich dazu, dass sich hinsichtlich der steuerlichen Einkunftserzielung nichts ändert, d.h. diese verbleibt beim bisherigen Eigentümer und jetzigem Vorbehaltsnießbraucher.

Konkret bedeutet dies, dass nur der Vorbehaltsnießbraucher als derjenige, der (weiterhin) mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig wird, auch zum Werbungskostenabzug (WK-Abzug) berechtigt ist.

Außergewöhnliche Unterhaltungsmaßnahmen: Da der Nießbraucher nach § 1041 BGB nur verpflichtet ist, für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen und ihm Ausbesserungen und Erneuerungen nur insoweit obliegen, als sie zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören, der Eigentümer als insoweit Verpflichteter jedoch mangels Einkünfteerzielung nicht zum WK-Abzug berechtigt ist, steht bei Übernahme derartiger Kosten durch den Nießbraucher der WK-Abzug in Frage.

Kostenerstattungsanspruch: Zwar ist der Nießbraucher auch zu außergewöhnlichen Unterhaltungsmaßnahmen berechtigt (§ 1043 BGB), erlangt dadurch jedoch in der Regel einen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber dem Eigentümer (§ 1049 BGB i.V.m. §§ 677 ff. BGB). Beachten Sie: Treffen die Vertragsparteien keine von der gesetzlichen Kostentragung (§ 1041 BGB) abweichende Regelung, führt der Vorbehaltsnießbraucher eine außergewöhnliche Instandsetzungsmaßnahme (z.B. den Einbau neuer Fenster) durch und macht er diesen Aufwand gegenüber dem neuen Eigentümer nicht geltend, kann er seine Aufwendungen daher nicht als WK abziehen, da hierin eine nach § 12 Nr. 2 EStG nicht abziehbare Zuwendung an den Eigentümer liegt[3]. Der getätigte Aufwand wäre damit steuerlich in vollem Umfang verloren. Beachten Sie: Ein WK-Abzug wäre allenfalls dann möglich, wenn der gesetzlich bestehende Ersatzanspruch zwar geltend gemacht, aber nicht realisiert wird[4].

Beraterhinweis Die Vertragsparteien sollten daher – abweichend von den bürgerlich-rechtlichen Regelungen – den Nießbraucher zur Übernahme größerer Instandsetzungsaufwendungen verpflichten. Diese Nebenabrede muss, wenn sie zwischen nahen Angehörigen erfolgt, klar und eindeutig getroffen und tatsächlich durchgeführt werden[5]. Ist dies der Fall, sind die größeren Instandsetzungsaufwendungen beim Nießbraucher auch steuerlich berücksichtigungsfähig[6].

1. Austausch einer Immobilie (Surrogationsobjekt; BFH v. 24.5.2022)

Verlängerter Vorbehaltsnießbrauch: Zum Vorbehaltsnießbrauch hat der BFH nun aktuell mit Urteil v. 24.5.2022[7] entschieden, dass bei Austausch

  • einer mit einem Vorbehaltsnießbrauch belasteten Immobilie
  • mit Zustimmung des Nießbrauchers
  • gegen eine andere Immobilie
  • in der Weise, dass dem Nießbraucher an der neuen Immobilie auf der Grundlage eines zuvor vereinbarten, rahmenbildenden Vertrags wiederum ein Nießbrauch eingeräumt wird,

sich der Vorbehaltsnießbrauch an der erworbenen Immobilie als sog. verlängerter Vorbehaltsnießbrauch fortsetzt, sofern der Nießbraucher wirtschaftlich die Anschaffungs-/Herstellungskosten (AK/HK) der Ersatzimmobilie trägt.

a) Der Streitfall

Im Streitfall hatten die Steuerpflichtigen ein eigengenutztes Einfamilienhaus im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich unter Vorbehalt des Nießbrauchs bis zum Tod des Längstlebenden auf ihre drei volljährigen Kinder übertragen. Aufgrund eines geplanten Umzugs schlossen die Steuerpflichtigen mit ihren drei Kindern eine privatrechtliche Vereinbarung, wonach beim Verkauf der Immobilie

  • die Nießbrauchsrechte zwar gelöscht werden,
  • jedoch in der Weise fortbestehen sollten, dass aus dem Verkaufserlös eine oder mehrere andere Immobilien auf den Namen der Kinder erworben werden, an denen wiederum ein Nießbrauchsrecht zugunsten der Eltern bestellt wird.

Bis dahin steht den Eltern das Nießbrauchsrecht an dem Erlös aus dem Verkauf der Immobilie zu. Den Verkaufserlös stellten die Eltern ihren Kindern zum Erwerb einer oder mehrerer anderer Immobilien zur Verfügung, an denen den Eltern dann wiederum das Nieß...

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