Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsfreibetrag bei der Ermittlung eigener Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht anrechenbar auf 12.000 DM-Grenze des § 32 Abs. 3 Satz 3 EStG. Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erklärt der Gesetzgeber eine bestimmte Einnahme für steuerfrei, so scheidet diese Einnahme bei der Einkunftsermittlung aus. Insoweit liegen iSd. § 32 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz EStG 1974 keine Einkünfte, sondern Bezüge vor, bei denen zu prüfen ist, ob sie zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind.

2. Versorgungsfreibetrag bei der Ermittlung eigener Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht anrechenbar auf 12.000 DM-Grenze des § 32 Abs. 3 Satz 3 EStG

3. Ebenso wie der Arbeitnehmerpauschbetrag oder der Sparerfreibetrag ist der Versorgungsfreibetrag erst bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen.

4. Der Grundsatz, daß Einkünfte aus Kapitalvermögen unterhalb des Sparerfreibetrages von der Besteuerung freigestellt werden und daher nicht zu den anrechenbaren Bezügen iSv. § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG 1990 gehören, trifft -vergleichbar- auch für Versorgungsbezüge zu, die den Versorgungsfreibetrag nicht überschreiten.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2, 1 Nrn. 2a; EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2, 1 Nrn. 2 d

 

Tenor

Unter Aufhebung der Bescheide vom 16. April 1997 und der Einspruchsbescheide vom 12. September 1997 wird der Beklagte verpflichtet, ab 1. Januar 1997 Kindergeld ingesetzlicher Höhe für die Kinder A und J zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der an die Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin ab Januar 1997 Anspruch auf Kindergeld für ihre Kinder A, geboren am 24. Februar 1972, und J, geboren am 3. Oktober 1974, hat oder ob das Kindergeld wegen Berücksichtigung des Versorgungsfreibetrages nach § 19 Abs. 2 EStG bei der Waisenrente entfällt.

Die Klägerin ist die Witwe des am 11. April 1988 verstorbenen Realschullehrers K. Die beiden Kinder A und J beziehen seit dem Tode ihres Vaters eine Waisenrente nach den Grundsätzen des Beamtenversorgungsgesetzes.

Mit gleichlautenden Schreiben vom 16. April 1997 teilte der Beklagte der Klägerin mit, sie habe für das Jahr 1997 keinen Anspruch auf Kindergeld für ihre beiden Kinder, da diese die maßgebliche Einkommensgrenze von 12.000 DM pro Jahr überschritten. Dem Schreiben waren Berechnungen beigefügt, die wie folgt ausgestaltet sind:

Voraussichtliches Waisengeld 01/97-12/97

17.097,87 DM

./. Werbungskostenpauschbetrag

2.000,00 DM

./. Versorgungsfreibetrag (40%, höchstens 6.000 DM)

6.000,00 DM

Summe der Einkünfte

9.097,87 DM

Bezüge i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG Versorgungsfreibetrag

6.000,00 DM

./. Kostenpauschale von

360 DM

Summe der Bezüge

5.640,00 DM

Summe der zu berücksichtigenden Einkünfte, Bezüge und Renten

14.737,87 DM.

Diese Berechnung, die für beide Kinder der Klägerin gleichlautend angestellt worden ist, veranlaßte den Beklagten dazu, der Klägerin das Kindergeld wegen Überschreitens der 12.000 DM-Grenze für das Jahr 1997 zu versagen.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und fügte Berechnungen erhöhter Werbungskosten ihrer Kinder bei. Mit Bescheiden vom 12. September 1997 wies der Beklagte die Einsprüche zurück. Er ließ die geltend gemachten Werbungskosten nicht zum Abzug zu, da sie nicht im Zusammenhang mit den Versorgungsbezügen ständen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klägerin sich im wesentlichen auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren bezieht.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Bescheide vom 16. April 1997 in der Gestalt der Einspruchsbescheide vom 12. September 1997 den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld für die Kinder A und J in gesetzlicher Höhe ab 1. Januar 1997 zu zahlen; für den Fall des Unterliegens der Klägerin die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen; für den Fall des Unterliegens der Beklagten, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Er hält an seiner im Einspruchsbescheid vertretenen Auffassung fest.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

Die Klägerin hat auch ab Januar 1997 Anspruch auf Kindergeld für A und J. Sie hatten Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 12.000 DM (1997).

Gem. § 31 Satz 1 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 1996 wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag nach § 32 oder durch Kindergeld nach dem X. Abschnitt bewirkt. Für Kinder i.S.d. § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nachdem EStG u.a., wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (...

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