vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VII R 47/11)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechnungsbescheid: Kein Wiederaufleben der Steuerfestsetzung aus Umsatzsteuer-Voranmeldungen, wenn Jahresbescheid aufgehoben wird

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen einer Erstattung nach § 37 Abs. 2 Satz 2 AO.
  2. Der USt-Vorauszahlungsanspruch des FA bleibt als selbstständiger Anspruch auch dann bestehen, wenn der USt-Jahresbescheid ergeht.
  3. Die Steuerfestsetzungen aus USt-Voranmeldungen bzw. USt-Vorauszahlungsbescheiden lebt nach Aufhebung des USt-Jahresbescheids nicht wieder auf, wenn das FA mit Aufhebung des Jahresbescheids zum Ausdruck bringt, dass an der Unternehmereigenschaft des Stpfl. nicht mehr festgehalten wird.
 

Normenkette

UStG § 13 Abs. 1, § 18 Abs. 2; AO § 37 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1986, 1987, 1988, 1989, 1990, 1991

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.05.2012; Aktenzeichen VII R 47/11)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis zur Umsatzsteuer 1986-1991. Der Kläger und seine Ehefrau betrieben in den Streitjahren jeweils auf eigenen Namen Photofachgeschäfte. Im Rahmen einer für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung kam der Beklagte (das Finanzamt – FA –) zu dem Ergebnis, es liege eine verdeckte Mitunternehmerschaft vor. Das FA rechnete demgemäß die Umsätze der bisher getrennt geführten Betriebe zusammen.

Mit Bescheid vom 22.05.1991 wurden daraufhin die Umsatzsteuerbescheide 1986-1989 aufgehoben und erstmalige Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1986-1991 gegen eine „X GbR” erlassen. Dabei wurden die Zahlenkreise der Firmen Andreas X (Kläger) und Christiane X buchtechnisch zusammengeführt.

Gegen diese Bescheide legten der Kläger und seine Ehefrau Christiane X Einspruch ein mit der Begründung, die erklärten Umsätze seien den Einzelunternehmen zuzurechnen, da eine „X GbR” nicht existent sei. Auf diesen Einspruch hin hob das FA die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide wieder auf (§ 174 AO) und erließ mit Datum vom 29.03.2000 Umsatzsteuerjahresbescheide 1986 bis 1991 für die Einzelunternehmen des Klägers und seiner Ehefrau Christiane X.

Hiergegen legte der Kläger am 24.04.2000 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, eine Berichtigung nach § 174 Abs. 4 AO komme nicht in Betracht, da die Anwendung dieser Vorschrift die Wirksamkeit des aufgehobenen Steuerbescheides voraussetze. Im vorliegenden Fall seien aber die aufgehobenen Steuerbescheide an eine tatsächlich nicht existierende Gesellschaft („X GbR”) gerichtet und damit unwirksam. Daraus folge, dass bei Erlass der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 1986 bis 1991 (29.03.2000) bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Diesen Einspruch wies das FA mit Bescheid vom 22.01.2001 als unbegründet zurück.

Hiergegen erhob der Kläger Klage beim Niedersächsischen Finanzgericht, die unter dem Az. 10 K 33/01 beim Niedersächsischen Finanzgericht anhängig war. Die Klage hatte im Ergebnis Erfolg, weil das FA im Verlauf des Klageverfahrens dem Klagebegehren entsprach und die Umsatzsteuerbescheide 1986 bis 1991 mit Bescheiden vom 8.12.2006 ersatzlos aufhob. Eine Erstattung der für die Jahre 1986 bis 1991 gezahlten Umsatzsteuerbeträge nahm das FA nicht vor.

Mit Schreiben vom 28.12.2006 beantragte der Kläger eine Erstattung der auf die aufgehobenen Umsatzsteuerjahresbescheide 1986 bis 1991 verbuchten Beträge. Daraufhin erließ das FA am 13.09.2007 einen Abrechnungsbescheid. Danach hatte das FA von den für die Jahre 1986 bis 1991 entrichteten Umsatzsteuerbeträgen in Höhe von insgesamt (umgerechnet) 110.728,99 € einen Betrag von 13.959,19 € zu erstatten.

Der hiergegen gerichteten Sprungklage stimmte das FA nicht zu (Az. des Niedersächsischen FG 10 K 291/07). Mit Einspruchsentscheidung vom 16.06.2008 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Hierin vertrat das FA die Auffassung, die Umsatzsteuer-Jahresveranlagung beseitige nach ständiger Rechtsprechung des BFH die vorangegangenen Steuerfestsetzungen für den Voranmeldungszeitraum durch Voranmeldung (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG) oder davon abweichende Festsetzung (§ 176 Abs. 1 Satz 1 AO) verfahrensrechtlich nicht. Die Umsatzsteuerjahresfestsetzung ergänze verfahrensrechtlich lediglich die ihr vorausgegangenen Steuerfestsetzungen des Voranmeldungszeitraums. Der festgesetzte Vorauszahlungsanspruch habe folglich auch dann Bestand, wenn ihm eine Jahresfestsetzung bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist nicht nachfolge. Im vorliegenden Fall habe das FA die Steuerfestsetzungen für die Voranmeldungszeiträume nicht aufgehoben. Sie hätten deshalb auch weiterhin Bestand, da ihnen eine Jahressteuerfestsetzung bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist nicht nachgefolgt sei.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die vom FA im Einspruchsbescheid vertretene Rechtsauffassung widerspreche der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (z. B. Urteil vom 05.08.1986 – VII R 167/82, BStBl II 1987, 8). Im vorliegenden Fall seien di...

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