rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gestaltungsmissbrauch bei einer Vermietung einer Wohnung an einen Angehörigen und gleichzeitiger Eintragung einer Reallast zugunsten des Vermieters

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Gestaltung ist unangemessen, wenn sie überhaupt keinem wirtschaftlichen Zweck dient, wenn ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund überhaupt fehlt, wenn sie der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.
  2. Ob eine Rechtsgestaltung unangemessen ist, beurteilt sich nach den gesamten Umständen des Einzelfalles.
  3. Wird hinsichtlich einer Wohnung das zugunsten des Berechtigten bestehende Wohnrecht aufgehoben und stattdessen für den Berechtigten eine Reallast eingetragen bei gleichzeitiger Vermietung der Wohnung an den Berechtigten, beinhaltet das einen Gestaltungsmissbrauch, da eine derartige Regelung nur darauf zielt, die steuerliche Abzugsfähigkeit der Rentenzahlungen zu erreichen und Verluste aus Vermietung und Verpachtung geltend machen zu können.
 

Normenkette

AO § 42

 

Streitjahr(e)

1995

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Anerkennung eines Mietvertrages unter nahen Angehörigen.

Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Mit Vertrag vom 16. Mai 1991 übertrug die Mutter der Klägerin, jeweils drei Wohnungen aus dem Objekt X auf die Tochter und auf den Bruder der Klägerin. An der Wohnung Nr. 2 räumte die Klägerin für ihre Mutter ein lebenslanges dingliches Wohnrecht ein. Der Jahreswert wurde in dem Übertragungsvertrag von der Mutter, dem Bruder der Klägerin und der Klägerin mit 3.600 DM angegeben. Der Bruder gewährte der Mutter aus einer Wohnung, die er von der Mutter erhalten hatte, eine lebenslang zu zahlende Reallast in Höhe von monatlich 300,00 DM. Mit Vertrag vom 31. Juli 1995 wurde das lebenslange dingliche Wohnrecht aufgehoben und stattdessen eine Reallast an der Wohnung Nr. 2 zugunsten der Mutter in Höhe von monatlich 300,00 DM eingetragen. Ab 1. September 1995 sollte die Reallast gelten. Mit Mietvertrag vom 1. September 1995 mietete die Mutter die Wohnung Nr. 2 für monatlich 300,00 DM ab dem 1. September 1995.

Im Februar 1997 gaben die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für 1995 ab. Mit Bescheid vom 14. Mai 1997 wurde die Einkommensteuer unter Nichtberücksichtigung des genannten Mietverhältnisses zu der Mutter und des Sonderausgabenabzugs der Reallast festgesetzt. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, daß es sich bei der Umwandlung des Wohnrechtes in eine dauernde Last und gleichzeitiger Vereinbarung eines Mietverhältnisses um einen Fall von Gestaltungsmißbrauch gem. § 42 AbgabenordnungAO - steuerlich handele. Gewollt sei wie vorher ein unentgeltliches Wohnrecht für die Mutter. Gegen den Einkommensteuerbescheid legten die Kläger am 5. Juni 1997 Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren erging wegen eines anderen Streitpunktes ein Änderungsbescheid am 21. Januar 1998. Der Einspruch wurde mit Einspruchsbescheid vom 11. Juni 1998, zur Post gegeben am 3. August 1998, als teilweise unbegründet zurückgewiesen. Soweit das Mietverhältnis zu der Mutter betroffen war, hatte der Einspruch keinen Erfolg. Gegen den Einspruchsbescheid erhoben die Kläger am 1. September 1998 Klage.

Die Kläger tragen vor, der Abschluß begründe keinen Gestaltungsmißbrauch im Sinne des § 42 AO. Dieser sei nur gegeben, wenn Vereinbarung und Durchführung des Mietvertrages von dem unter Fremden Üblichen abweichen würde. Der Mietvertrag sei bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen und darüber hinaus, halte er sowohl nach seiner Gestaltung als auch seiner Durchführung einem Fremdvergleich stand. Die Hauptpflichten des Vertrages seien klar und eindeutig vereinbart worden und seien auch entsprechend durchgeführt worden. Die Berechnung der Nebenkosten sei zwar nicht klar vereinbart worden; jedoch handele es sich dabei nicht um eine Hauptpflicht der Vertragsparteien, wie der BFH entschieden habe (BFH Urt. v. 17.02.1998 IX R 30/96, DStR 1998, 761). Auch wenn in dem Vertrag über die Nebenkosten keine monatlichen Vorschußzahlungen angeführt seien, bedeute dies nicht, daß zwischen den Parteien keine Abrechnung der Nebenkosten erfolgen solle. Die Mietkosten sollten am Jahresende in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten berechnet und von der Mieterin ausgeglichen werden. Der BFH habe entschieden, daß ein bestehendes Wohnrecht aufgehoben und an dessen Stelle ein Mietverhältnis vereinbart werden könne (BFH Urt. v. 21.10.1997 IX R 57/96, DStR 1998, 286). Entscheidend für die Anerkennung sei allein, daß es dem Willen beider Parteien entspreche, daß die Nutzung des Hauses nicht mehr aufgrund eines Wohnrechtes erfolge, sondern durch das Mietverhältnis begründet werde. Durch die Aufhebung des Wohnrechtes sei es den Klägern möglich gewesen, Fremdmittel für notwendige Reparaturen aufzunehmen. Denn das Objekt s...

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