rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kleintierzucht als land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit?

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören auch Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung, wenn die Tierbestände den in § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG angegebenen Umfang nicht übersteigen.
  2. Die Zucht von Meerschweinchen, Zwergkaninchen, Hamstern, Ratten und Mäusen gehört nicht zur Landwirtschaft; insofern kann gewerbliche Tierzucht gegeben sein.
 

Normenkette

EStG § 13 Abs. 1, § 15 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1996, 1997, 1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2004; Aktenzeichen IV R 4/04)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger mit einer Kleintierzucht Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt.

Der Kläger bewirtschaftet ein eigenes Grundstück von 0,7 Hektar sowie zugepachtete Flächen von 5,88 Hektar, auf denen er Futter wie z.B. Gras, Heu, Topinambur, Grünkohl, Markstammkohl, Runkelrüben und Grünmais für seine Tiere - zu 80 v.H. Meerschweinchen, ferner Zwergkaninchen, Hamster, Ratten und Mäuse - anbaut. Damit wird der Futterbedarf der Zucht zu ca. 80 v.H. gedeckt. Hinzugekauft wird nur Kraftfutter. Die Tiere werden hauptsächlich an Zoohandlungen zum Verkauf als Haustiere, aber auch als Lebendfutter an Zoologische Gärten geliefert.

Da der Kläger trotz Aufforderungen für die Streitjahre keine Steuererklärungen abgab, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abgabenordnung (AO). Für 1997 erließ der Beklagte (das Finanzamt) zunächst einen Einkommensteuerbescheid vom 23.08.1999 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, dem es bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft eine Gewinnermittlung nach § 13 a Einkommensteuergesetz (EStG) zu Grunde legte. In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 1996 vom 29.05.2000 sowie 1997 und 1998 vom 17.05.2000 setzte es für die Kleintierzucht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie daneben noch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft an. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage.

Der Kläger meint, er erziele nur Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die nicht zur Festsetzung einer Einkommensteuer führten. Das Finanzamt habe in dem Einkommensteuerbescheid 1997 vom 23.08.1999 zutreffend festgestellt, er betreibe die Kleintierzucht nur auf landwirtschaftlicher Basis. Das Finanzamt verletze den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn es die Einkünfte nunmehr als gewerbliche behandele.

Die hier zu beurteilende Kleintierzucht sei nach der Verkehrsauffassung grundsätzlich der Landwirtschaft zuzuordnen, weil es sich um eine notwendig flächenabhängige Tierzucht handele. Für die von ihm, dem Kläger, gezüchteten Kleintiere seien unbedingt Grün- und Ackerflächen notwendig, um Futter zu erzeugen. Dagegen brauche die Landwirtschaft für die Nutztierarten, zum Beispiel Schwein, Geflügel, Kaninchen, keine Futteranbauflächen für die Versorgung mehr. Diese Tiere würden fast ausschließlich aus dem Futtersack (Futtersilo) ernährt. Die Kleintierzucht des Klägers sei allein schon aufgrund dieser Flächennutzung der Landwirtschaft zuzuordnen. Gewerblich sei die Aufzucht und Veräußerung von Ratten, Meerschweinchen und Mäusen, die Versuchszwecken dienten. Es gebe in Deutschland keine Meerschweinchenzucht, die gewerblich sei.

Der Verwendungszweck der Tiere sei in heutiger Zeit von untergeordneter Bedeutung. So habe das Pferd seine Bedeutung als Nutztier der Landwirtschaft verloren und werde wie die Kleintiere des Klägers als Haustier angesehen. Die Einstellung zu Tieren habe sich geändert. Der Nutzen der Tiere bestehe nicht mehr nur darin, dem Menschen Fleisch und Kleidung zu liefern. Haustiere seien vielmehr von pädagogischem Nutzen. Darauf, wie er, der Kläger, seine Kleintiere vermarkte, komme es daher nicht an. Alle Tierarten, die eine flächenabhängige Fütterung benötigten, seien ohne Rücksicht auf die Verwendung der Tiere der Landwirtschaft zuzuordnen. Im Übrigen dienten Meerschweinchen in Peru der menschlichen Ernährung und als Felllieferant. Möglicherweise würden auch in Deutschland Meerschweinchen vereinzelt von Menschen verzehrt.

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteuerbescheide 1996 vom 29.05.2000 sowie die Einkommensteuerbescheide 1997 und 1998 vom 17.05.2000 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 10.09.2001 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, eine Tierzucht oder -haltung sei nicht schon dann landwirtschaftlich, wenn eine ausreichende Futtergrundlage vorhanden sei. Entscheidend für die Zuordnung von Tierzucht und -haltung zum landwirtschaftlichen Betrieb komme es darauf an, ob die Tiere den typisch landwirtschaftlichen Tieren zugeordnet werden könnten. Diese Einstufung erfolge nach der allgemeinen Verkehrsauffassung, wobei bei der Beurteilung die im Inland betriebene Landwirtschaft zu Grunde zu legen sei. Als typisch landwirtschaftliche Tiere sehe der Gesetzgeber Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine und Geflügel an. Später habe die Verwaltung diesen Katalog noch u...

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