vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Durchführung einer Pflichtveranlagung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Lehnt das FA einen Antrag auf Veranlagung wegen Ablauf der Zwei-Jahres-Frist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG a.F. rechtskräftig ab, besteht kein Anspruch mehr auf Durchführung einer Pflichtveranlagung.
  2. Die vom BFH festgestellte Verfassungswidrigkeit der Zwei-Jahres-Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG a.F. ändert daran nichts.
  3. Das GG beinhaltet keine allgemeine Verpflichtung, rechtswidrige belastende VA unbeschadet des Eintritts der Bestandskraft von Amts wegen oder auf Antrag des Adressaten aufzuheben. Das gilt auch für bestandskräftige VA, deren Rechtsgrundlage gegen Verfassungsrecht verstößt.
 

Normenkette

EStG § 46 Abs. 2 Nr. 8

 

Streitjahr(e)

1998

 

Tatbestand

Streitig ist, ob nach rechtskräftiger Ablehnung einer Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) und Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zur Antragsveranlagung eine Pflichtveranlagung durchzuführen ist.

Der – ledige – Kläger erzielte im Streitjahr 1998 als Bäcker Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Da er trotz Aufforderung für das Streitjahr zunächst keine Steuererklärung abgab, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen. Das beklagte Finanzamt setzte neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von 50.000,00 DM Lohnersatzleistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, von 2.500,00 DM als Besteuerungsgrundlage an. Der Schätzungsbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).

Am 25. Mai 2001 legte der Kläger eine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1998 vor. Aus der Steuererklärung ergab sich, dass der Kläger ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hatte und Lohnersatzleistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, nicht erzielt wurden. Daneben war der Kläger an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Der für diese Gesellschaft ergangene Feststellungsbescheid wies einen (anteiligen) Verlust am Ergebnis der GbR für den Kläger aus.

Der Beklagte lehnte die antragsgemäße Veranlagung aufgrund der abgegebenen Steuererklärung ab, weil es sich nach Auffassung des Beklagten um eine Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG handelte. und die Antragsfrist von zwei Jahren bei Einreichung der Steuererklärung in 2001 bereits abgelaufen war. Der Beklagte hob den Schätzungsbescheid nach § 164 Abs. 2 AO ersatzlos auf. Der gegen die Ablehnung der Antragsveranlagung erhobene Einspruch blieb erfolglos.

Die hiergegen gerichtete Klage (Az. 9 K 438/03) wies der Senat mit Urteil vom 3. Mai 2005 rechtskräftig ab.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2007 beantragte der Kläger nunmehr, die Einkommensteuerveranlagung für 1998 von Amts wegen durchzuführen. Zur Begründung verwies der Kläger auf das BFH-Urteil vom 29. November 2006, wonach auch bei einem Verlust aus einer gewerblichen Tätigkeit (im Streitfall: 12.712 DM), der über 800 DM hinausgeht, kein Fall der Antragsveranlagung vorliege. Zudem sei die Zwei-Jahresfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG verfassungswidrig. Gleichwohl hielt der Beklagte an der Auffassung fest, dass ein Fall der Pflichtveranlagung nicht vorliege und lehnte daher den Antrag ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Durchführung einer Pflichtveranlagung. Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Das beklagte Finanzamt habe sich rechtswidrig verhalten, indem es die Veranlagung trotz seit 2001 ordnungsgemäß eingereichter Steuererklärungen nicht durchgeführt habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BFH und der zwischenzeitlichen Änderung des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG (Aufhebung der Zweijahres-Antragsfrist) die Veranlagung nicht hätte abgelehnt werden dürfen. Zudem hätten nach der Rechtsprechung des BFH auch die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG vorgelegen. Die Summe der negativen Einkünfte des Klägers übersteige die gesetzliche Grenze von 800,00 DM im Streitjahr 1998.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 11. Juli 2007 und des Veranlagungs-Ablehnungsbescheides vom 20. Februar 2007 den Beklagten zu verpflichten, den Kläger für 1998 zur Einkommensteuer zu veranlagen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte zunächst auf seinen Einspruchsbescheid vom 11. Juli 2007. Nach Auffassung des Beklagten kommt eine Einkommensteuerveranlagung für 1998 nicht in Betracht, weil zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags vom 15. Januar 2007 die Festsetzungsverjährung bereits eingetreten war. Die Festsetzungsfrist von vier Jahren habe bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2005 geendet.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht den erneuten Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer 1998 abgelehnt.

a. Sieht man in dem Antrag des Klägers vom 15. Januar 2007 einen Antrag auf Änderung des...

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