rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Errichtung und Nutzung eines funktionsgleichen Wirtschaftsgutes als Vorausetzung zur Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung bei land- und forstwirtschaftlichem Betrieb

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Bildung einer sog. Rücklage für Ersatzbeschaffung setzt voraus, dass ein Wirtschaftsgut u.a. aufgrund höherer Gewalt gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und alsbald ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftgut angeschafft wird.
  2. Zu Wohnzwecken errichtete Wohnungen haben nicht dieselbe Funktion wie eine durch Brand vernichtete Scheune. Die Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung scheidet daher aus.
  3. Der Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal der Funktionsgleichheit würde die Möglichkeit der Übertragung stiller Reserven auf beliebige Wirtschaftsgüter eröffnen und damit in Widerspruch zu den Zielen der durch Rechtsfortbildung entwickelten Rücklage stehen.
  4. Auch unter Berücksichtigung der in der Land- und Forstwirtschaft bestehenden wirtschaftlichen Besonderheiten bestehen dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
 

Normenkette

EStG §§ 5-6; EStR 1998 R 35 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Kläger sind Ehegatten. Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Im Jahresabschluss zum 30. Juni 1991 bildete er eine Rücklage für Ersatzbeschaffung in Höhe von 383.357 DM. Grundlage hierfür war die Vernichtung einer Scheune durch einen Brandschaden. Die Rücklage löste der Kläger zum 30. Juni 1992 in Höhe von 170.000 DM und zum 30. Juni 1993 in Höhe von 68.890 DM gewinnerhöhend auf.

Nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung, plante der Kläger zum 30. Juni 1991 statt der Errichtung einer neuen Scheune die Erstellung einer Halle für 130.000 DM. Im Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses 1991/92 sollte auch die Halle nicht mehr gebaut werden. Stattdessen errichtet der Kläger in der Folgezeit drei Wohnungen.

Im Anschluss an die Ergebnisse der Betriebsprüfung erkannte der Beklagte im Wirtschaftsjahr 1990/91 die Rücklage für Ersatzbeschaffung nur in Höhe von 130.000 DM für die geplante Errichtung einer Halle an und löste die Rücklage in Höhe von 253.357 DM im selben Wirtschaftsjahr gewinnerhöhend auf. Die vom Kläger vorgenommenen gewinnerhöhenden Auflösungen (170.000 DM 1991/92 und 68.890 DM für 1992/93) machte der Beklagte rückgängig. Daraus ergab sich in den Streitjahren 1990 und 1991 für die Kläger eine Erhöhung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 126.678,50 DM (1990) und 106.678,50 DM (1991). Für das Streitjahr 1992 verringerten sich die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um 54.445,00 DM.

Unter Berücksichtigung auch anderer Prüfungsfeststellungen erhöhte der Beklagte die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um 134.581,00 DM (1990) und 124.561,00 DM (1991) und verminderte sie um 57.526,00 DM für 1992.

Gegen die geänderten Bescheide richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Zu deren Begründung tragen die Kläger vor, die vom Kläger vorgenommene Rücklage sei zulässig gewesen. Eine Reinvestitionsabsicht sei für die Rücklagenbildung nicht erforderlich.

Im Falle der Errichtung eines Ersatzobjektes komme es nicht darauf an, ob dieses die gleiche Funktion wie das ersetzte Wirtschaftsgut habe. Eine Übertragung der Rücklage auf ein Reinvestitionsobjekt, das einer anderen Funktion diene, sei durchaus zulässig.

Dieses Ergebnis ergebe sich insbesondere unter Berücksichtigung der veränderten Situation in der Landwirtschaft. In der derzeitigen Wirtschaftslage sei kaum ein Landwirt in der Lage, die Landwirtschaft aus eigenen Mitteln weiter zu betreiben. Es müsse ihm deshalb ermöglicht werden, zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten zu finden. Das umfasse auch die Möglichkeit der Umwandlung von Katen und Scheunen in Mietwohnungen. Soweit die Rechtsprechung für die Zulässigkeit der Ersatzbeschaffungsrücklage von dem Erfordernis einer Funktionsgleichheit der Wirtschaftsgüter ausgehe, führe das im Bereich der Landwirtschaft zu einem Verstoß gegen Art. 12 Grundgesetz (GG). Das Grundrecht auf freie Berufswahl und freie Berufsausübung werde verletzt, weil das Betreiben eines landwirtschaftlichen Betriebes vereitelt werde.

Außerdem führe die Versagung der Rücklagenbildung und –übertragung auch zu einem Verstoß gegen Art. 14 GG, weil sie einen nicht gerechtfertigten Eigentumseingriff darstelle.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuer 1990 um 30.334 DM,

die Kirchensteuer 1990 um 2.730,05DM,

die Zinsen 1990 um 4.242,00 DM

die Einkommensteuer 1991 um 37.936 DM,

die Kirchensteuer 1991 um 3.414,25 DM,

den Solidaritätszuschlag um 1.422,60 DM,

die Zinsen 1991 um 3.040,00 DM

herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Antrags verweist er auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid vom 30. Juni 1995.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Steuerakten zu Steuer-Nr. ... sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend a...

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