Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücklage für Ersatzbeschaffung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine in zulässiger Weise gebildete Rücklage für Ersatzbeschaffung kann auch fortgeführt werden, wenn der Steuerpflichtige von der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zur Einnahmen-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 übergeht.

2. Eine Rücklage für Ersatzbeschaffung ist erfolgswirksam aufzulösen, wenn das aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedene oder beschädigte Wirtschaftsgut nicht durch ein wirtschaftlich gleichartiges und ebenso genutztes Wirtschaftsgut ersetzt wird. Das Erfordernis der Funktionsähnlichkeit ist nicht erfüllt, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Wirtschaftsgebäude durch eine Mehrzweckhalle ersetzt und nach Fertigstellung mehrere Jahre an einen Gewerbetreibenden vermietet wird.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, 3; A 35 EStR 1987

 

Tenor

Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die gewinnerhöhende Auflösung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung.

Der Kläger (Kl.) ist Landwirt. Er hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr (1. Juli bis 30. Juni). Er ermittelt seinen Gewinn seit Beginn des Wirtschaftsjahres 1988/89 durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG– (vorher § 4 Abs. 1 EStG). Zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörten ca. … ha landwirtschaftliche Flächen, von denen der Kl. bis Februar 1988 ca. … ha selbst bewirtschaftete. Die übrigen Flächen waren verpachtet.

Im Februar 1988 wurde das kombinierte Wohn-/Wirtschaftsgebäude (Baujahr …) durch Brand zerstört. Das abgebrannte Wirtschaftsgebäude (bestehend aus Erd- und Dachgeschoß) hatte eine Grundfläche von ca. 500 qm. Hiervon wurden im Erdgeschoß ca. 85 qm als Stall für … – und … haltung genutzt. Die restliche Fläche wurde für die Lagerung von Stroh und Getreide, das Unterstellen von Maschinen und Geräten genutzt oder stand für eine solche Nutzung bereit.

Der Kl. erhielt von der Versicherung einen Betrag von insgesamt 657.306 DM, von dem auf das Wirtschaftsgebäude 234.356 DM entfielen. Für die dadurch aufgedeckten stillen Reserven von 196621 DM (Entschädigung ./. Buchwert 37735 DM) stellte der seinerzeit noch buchführende Kl. in seiner Bilanz auf den 30. Juni 1988 eine Rücklage für Ersatzbeschaffung in Höhe von 180000 DM ein. Der Kl. gab nach dem Brand die Eigenbewirtschaftung auf und verpachtete die bis dahin noch selbst bewirtschafteten Flächen an einen anderen Landwirt. Die Betriebsaufgabe erklärte er nicht.

Im Jahr 1989 errichtete der Kl. an der Stelle des abgebrannten Wohn-/Wirtschaftsgebäudes ein Wohngebäude mit zwei Wohnungen und ca. 100 m davon entfernt eine freistehende, flachgegründete Maschinen- und Gerätehalle in Leichtbauweise (Nutzfläche 341,51 qm, umbauter Raum 1.890 Kubikmeter, Geschoßhöhe 4,30 m, vgl. Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes auf den 1. Januar 1991, Bl. 6 f der Einheitswertakte Az.: …). Diese Halle wurde ab Fertigstellung im November 1989 an einen gewerblichen Unternehmer fremdvermietet. Die Herstellungskosten für den Neubau der Halle beliefen sich auf insgesamt 195767 DM. Seit dem 1. Januar 1994 dient die Halle auch der Lagerung von Heu und Stroh.

Im Wirtschaftsjahr der Fertigstallung löste der Kl. die für die Ersatzbeschaffung des Wirtschaftsgebäudes gebildete Rücklage teilweise durch Übertragung auf die Herstellungskosten der Halle 150 354 DM und im übrigen gewinnerhöhend auf. Als Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung (AfA) legte der Kl. entsprechend die um die Rücklage geminderten Herstellungskosten zugrunde.

Das Finanzamt (FA) berücksichtigte bei den Einkommensteuer (ESt)-Veranlagungen 1989 und 1990 die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zunächst erklärungsgemäß durch unter Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung (Bp.) im Januar 1994 kam das FA zu dem Ergebnis, daß die neuerrichtete Halle nicht als Ersatzwirtschaftsgut für das abgebrannte Wirtschaftsteilgebäude angesehen werden könne und löste die für die Ersatzbeschaffung gebildete Rücklage im Wirtschaftsjahr 1989/90 in voller Höhe gewinnerhöhend auf. Der Gewinn des Wirtschaftsjahres 1989/90 wurde einerseits um den auf die Herstellungskosten der Halle übertragenen Betrag von 150.354 DM erhöht und andererseits um den zeitanteilig berechneten Erhöhungsbetrag der linearen AfA von 4345 DM gemindert, und der Gewinn des Wirtschaftsjahres 1990/91 ebenfalls um den Erhöhungsbetrag der linearen AfA von 6014 DM für ein Jahr gemindert. Die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft wurden danach für das Wirtschaftsjahr 1989/90 auf X. DM und für das Wirtschaftsjahr 1990/91 auf Z. DM angesetzt (vgl. Tz. 26 des Bp.-Berichts vom 2. Februar 1994).

Gegen die geänderten ESt-Bescheide 1989 und 1990 vom 14. Juni 1994 legten die Kl. Einsprüche ein. Gleichzeitig beantragten sie die Aussetzung der Vollziehung (AdV).

Nachdem das FA den Antrag auf AdV durch Bescheid vom 7. J...

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