Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung. vorläufige Anerkennung der Gemeinnützigkeit für die Jahre 1995 und 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

Vorläufiger Rechtsschutz bei umstrittener Gemeinnützigkeit (Abweichung von der Rechtsprechung des BFH); Maßstab für die Annahme der Selbstlosigkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO

 

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der im Jahre 1995 gegründete Antragsteller ist ein Verein, dessen satzungsmäßiger Zweck es ist, in Erfüllung des diakonischen und missionarischen Auftrags der Gemeinde Jesu Nächstenliebe und Verantwortung gegenüber notleidenden und hilfsbedürftigen Menschen zu wecken und weltweit zur Linderung der Not beizutragen; hauptsächlich sollen Kinder und Jugendliche unterstützt werden, die infolge ihres sozialen oder krankheitsbedingten Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. In § 4 der Satzung werden die Aufgaben im einzelnen aufgeführt. Dies sind u.a. die Unterstützung und Durchführung von Hilfsgütertransporten, Förderung von Ernährungs- und Flüchtlingsprogrammen, Unterstützung von Missionaren, Projektleitern und ihren Mitarbeitern, die Erarbeitung und Weiterleitung von Informationen,die geeignet sind, die Bevölkerung für die Kinderprobleme zu interessieren und die Bereitschaft zu wecken, in Notsituationen zu helfen, sowie die Verbreitung von Bibeln und anderer christlicher Literatur. Nach § 5 der Satzung verfolgt der Antragsteller ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke.

Im Jahre 1995 führte der Antragsteller einen Hilfstransport nach Rußland durch, im Jahre 1996 förderte er Projekte in Haiti, Argentinien und Sambia, im Jahre 1997 förderte er zusätzlich ein Projekt in Brasilien. Neben diesen Aufgaben verbreitete er christliche Literatur.

Auf seinen Antrag hin erteilte das Finanzamt (FA) dem Antragsteller unter dem 2. August 1995 eine auf 18 Monate befristete vorläufige Bescheinigung darüber, daß er nach der eingereichten Satzung ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken diene. Unter dem 17. November 1997 erließ das FA jeweils über 0 DM lautende Körperschaftsteuerbescheide für 1995 und 1996. In der Anlage zu den Steuerbescheiden führte das FA aus, die Aufwendungen für Spendenwerbung seien in den Jahren 1995 und 1996 unangemessen hoch gewesen und stellten daher eine schädliche Mittelverwendung dar. Eine Steuervergünstigung könne nicht gewährt werden. Mit Veranlagung zur Körperschaftsteuer sei der Verein nicht mehr als gemeinnützigen Zwecken dienende Körperschaft anerkannt. Der Einspruch, mit dem der Antragsteller seine Anerkennung als gemeinnützigen Zwecken dienend verfolgte, blieb ohne Erfolg. Mit der Klage VI 135/98 verfolgt er sein Begehren weiter.

Mit seinem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung begehrt der Antragsteller,

im Wege der einstweiligen Anordnung seine Gemeinnützigkeit für die Jahre 1995 und 1996 bis zum rechtskräftigen Abschluß des Hauptsacheverfahrens vorläufig zu bestätigen,

hilfsweise, diese Bestätigung bis zum rechtskräftigen Abschluß des Hauptsacheverfahrens vorläufig unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auszusprechen.

Weitere Hilfsanträge gehen dahin, das FA zur vorläufigen Aner-

kennung zu verpflichten.

Der Antragsteller verweist auf seine bisherigen Projektförderungen sowie auf die dem FA vorgelegten Gewinnermittlungen für 1995 bis 1997. Dort sind als Einnahmen u.a. die Geldspenden erfaßt. Die Ausgaben gliedern sich in die drei Abschnitte „Aufwendungen zur Projektförderung”, „Öffentlichkeitsarbeit” und „Verwaltung”.

Zusammengefaßt ergibt sich folgendes Bild:

1995

1996

1997

Spendeneinnahmen

90.451,–

241.450,–

355.222,–

Ausgaben für Projektförderung

6.828,–

94.258,–

126.666,–

davon Gehälter

2.583,–

45.168,–

60.399,–

Öffentlichkeitsarbeit

68.149,–

130.224,–

194.167,–

davon Gehälter

24.648,–

45.168,–

60.399,–

Verwaltung

34.153,–

83.753,–

84.616,–

davon Gehälter

18.146,–

45.211,–

60.632,–

Gesamtausgaben incl. Sonstiges

110.159,–

311.617,–

405.449,–

Anteil Gehälter

41%

43%

45%

Der Antragsteller macht geltend, daß der überwiegende Teil der Geldspenden zur Projektförderung verwendet worden sei. Unter Ausgaben zur Projektförderung seien nicht nur die Zuwendung von Geldbeträgen an Kinderheime usw. im Ausland zu sehen, sondern auch die damit verbundenen Transportkosten, Gehälter und ähnliches. Ferner seien auch die Aufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit, dort insbesondere für Spendenwerbung, als für satzungsmäßige Zwecke verwendet anzusehen. Hier seien – so sein Vorbringen im Einspruchsverfahren – nicht nur Aufwendungen für Werbebriefe u.ä. erfaßt, sondern auch Aufwendungen für die Herstellung christlicher Literatur, deren Verbreitung nach dem Satzungszweck Aufgabe des Vereins sei. Unter diesen Gesichtspunkten seien die reinen Verwaltungskosten vergleichsweise gering und stünden der Gemeinnützigkeit nicht entgegen. Außerdem habe das FA bei...

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