Leitsatz

Ein Steuerpflichtiger kann die Anteile der betrieblichen und der außerbetrieblichen Nutzung eines PKW, für den er einen Investitionsabzugsbetrag und eine Sonderabschreibung nach § 7g EStG in Anspruch genommen hat, nicht nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, sondern auch durch andere Beweismittel nachweisen (Anschluss an BFH-Urteil vom 15.07.2020 – III R 62/19, BFHE 271, 71).

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 4, § 7g EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Er bildete in den Streitjahren für die künftige Anschaffung eines Pkw jeweils einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG i.H.v. 20.000 EUR (2009) sowie i.H.v. 8.000 EUR (2013). Am 6.9.2011 schaffte er ein Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 47.479 EUR netto an. Für das Fahrzeug nahm er im Jahr 2013 eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG i.H.v. 9.496 EUR in Anspruch. Er nutzte das Fahrzeug, bis er am 8.11.2016 ein weiteres gebrauchtes Fahrzeug vom Typ A zu einem Kaufpreis von 42.436,97 EUR netto anschaffte. Beide Fahrzeuge ordnete er seinem Betriebsvermögen zu.

Aufgrund einer Betriebsprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dass die von dem Kläger geführten Aufzeichnungen über die betrieblichen Fahrten nicht als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch anzuerkennen seien. Der private Nutzungsanteil sei daher nach der sog. 1%-Methode zu berechnen. Dementsprechend könne nicht davon ausgegangen werden, dass die beiden Fahrzeuge ausschließlich bzw. fast ausschließlich betrieblich genutzt worden seien. Die in den Streitjahren gebildeten Investitionsabzugsbeträge und die in Anspruch genommene Sonderabschreibung machte das FA daher rückgängig. Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (FG Münster, Urteil vom 10.7.2019, 7 K 2862/17 E, Haufe-Index 13397052, EFG 2019, 1535).

 

Entscheidung

Der BFH hat der Revision stattgegeben, das FG-Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zurückverwiesen.

 

Hinweis

1. Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags und der Sonderabschreibung gemäß § 7g EStG setzen voraus, dass das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauffolgenden Wirtschaftsjahr in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Dies erfordert nach der Rechtsprechung des BFH eine betriebliche Nutzung von mindestens 90 %.

2. Streitig war im vorliegenden Fall, in welcher Form der Steuerpflichtige die 90 % betriebliche Nutzung des Pkw, für den der Investitionsabzugsbetrag und die Sonderabschreibung geltend gemacht wurden, nachweisen kann. Der VIII. Senat hat sich in der vorliegenden Entscheidung der Auffassung des III. Senats des BFH (BFH, Urteil vom 15.7.2020, III R 62/19, BFH/NV 2021, 704, BFH/PR 2021, 233) angeschlossen. Danach ist der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw nicht auf ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch beschränkt. Denn die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG geregelte Fahrtenbuchmethode, die an die 1%-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG anknüpft, stellt keine zu verallgemeinernde Vorschrift zum Nachweis der Anteile der privaten und der betrieblichen Nutzung von Kfz dar, sodass deren Anwendung ohne ausdrückliche gesetzliche Verweisung im Rahmen des § 7g EStG nicht in Betracht kommt. Der Nachweis der ausschließlichen betrieblichen Nutzung kann im Rahmen des § 7g EStG daher auch durch andere Beweismittel als ein Fahrtenbuch geführt werden.

3. Diesbezüglich hatte das FG den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt und damit gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen. Denn es ist dem Beweisantritt des Klägers auf Vernehmung einer Zeugin zur betrieblichen Nutzung der streitgegenständlichen Pkw nicht gefolgt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.3.2022 – VIII R 24/19

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