Leitsatz

Wurde infolge eines Berechnungsfehlers eine Pensionsrückstellung in einer früheren Bilanz mit einem Wert angesetzt, der dem Betrag nach unterhalb des Teilwerts liegt, so greift das in § 6a Abs. 4 S. 1 EStG bestimmte sog. Nachholverbot ein.

 

Normenkette

§ 6a Abs. 3 und Abs. 4 S. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, hatte einer Arbeitnehmerin im Jahr 1989 eine Pensionszusage erteilt.

In ihren Jahresabschlüssen bildete die Klägerin Rückstellungen für die Pensionsverpflichtung, deren Höhe nach versicherungsmathematischen Grundsätzen durch einen beauftragten Sachverständigen zur betrieblichen Altersversorgung berechnet wurde. Dabei ging sie für den Fall vorzeitiger Berufsunfähigkeit von einer lebenslänglichen Rentenverpflichtung i.H.v. 60 000 DM pro Jahr aus; unberücksichtigt blieb, dass auch bei Berufsunfähigkeit von der Vollendung des 65. Lebensjahrs an die (höhere) dynamisierte Altersrente (70 % des letzten Festgehalts) gezahlt werden sollte. Die auf diese Weise berechnete Rückstellung belief sich in der Bilanz der Klägerin zum 31.12.1997 auf 815 701 DM und zum 31.12.1998 (Streitjahr) auf 879 081 DM.

Das FA wies die Klägerin darauf hin, dass die angesetzten Teilwerte der Pensionsrückstellung unter den zulässigen Soll-Teilwerten lagen, da für den Fall der Berufsunfähigkeit der Übergang zur höheren Altersrente ab Vollendung des 65. Lebensjahrs nicht berücksichtigt war. Daraufhin begehrte die Klägerin für die Steuerbilanz zum 31.12.1998 den Ansatz einer Pensionsrückstellung i.H.v. nunmehr 1 196 294 DM. Dem folgte das FA jedoch nicht. Es hielt den Unterschiedsbetrag von 380 593 DM zwischen Ist- und Soll-Teilwert für nicht mehr nachholbar.

Die anschließende Klage war erfolglos (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2007, 3 K 1327/07, Haufe-Index 2014865, EFG 2008, 1364).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG bestätigt:

Das gesetzliche Nachholverbot in § 6a Abs. 4 S. 1 EStG gelte ausnahmslos und auch bei Vorliegen eines bloßen Versehens, das hier dem Sachverständigen bei der Berechnung des Teilwerts als Maximalwert für die Pensionsrückstellung unterlaufen sein mag.

Es bleibt der Klägerin so gesehen nur der (zivilrechtliche) Haftungsanspruch gegen jenen Sachverständigen.

 

Hinweis

1. Der BFH hat in dieser Sache durch Beschluss gem. § 126a FGO entschieden. Die Mitglieder des I. Senats stimmten einvernehmlich darin überein, dass die Revision und Klage erfolglos sein mussten.

"Grundlegung" dafür war zuletzt das BFH-Urteil vom 13.02.2008, I R 44/07 (BFH/NV 2008, 1232, BFH/PR 2008, 339), durch das der BFH einmal mehr sein striktes Normverständnis zum sog. Nachholverbot beim Unterschreiten des Teilwerts als maximalen Rückstellungsbetrag nach § 6a Abs. 3 EStG (dort für einen Rechtsirrtum) bekräftigt hatte. Das wird nun nochmals (hier für ein Berechnungsversehen) wiederholt:

2. Gem. § 6a Abs. 4 S. 1 EStG darf eine Pensionsrückstellung in einem Wirtschaftsjahr höchstens um den Unterschied zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am Schluss des Wirtschaftsjahrs und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs erhöht werden. Die Regelung ist unter dem Begriff des sog. Nachholverbots geläufig.

Der BFH vertritt dazu ein – wie gesagt – recht striktes und formalrechtliches Gesetzesverständnis:

Ist die Bildung einer Pensionsrückstellung ganz oder teilweise unterblieben, dann lässt sich das prinzipiell nicht mehr reparieren. Der Verbotsbefehl des § 6a Abs. 4 S. 1 EStG ist eindeutig und unmissverständlich. Er belässt kaum Spielräume und stellt nur auf die objektive Gesetzeslage ab.

Er greift deshalb auch bei Rechtsirrtümern und bei Rechtsunkenntnis und, wie sich aus der jetzigen Entscheidung ergibt, gleichermaßen bei einem bloßen Versehen, wenn der Versorgungsschuldner oder ein von ihm Beauftragter den Teilwert der Pensionsverpflichtung unrichtig berechnet hat.

Ausnahmen davon werden nur in wenigen Fällen zugelassen, nämlich (1) bei Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und (2) dann, wenn das FA einen anderweitigen Bilanzansatz in der Vergangenheit erzwungen hat. Ansonsten kennt der BFH angesichts der eindeutigen Regelung in § 6a Abs. 4 S. 1 EStG keine Gnade.

3. Alles Weitere, insbesondere die Abgrenzung zum sog. formellen Bilanzzusammenhang, findet sich in den Praxis-Hinweisen in BFH/PR 2008, 339.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 14.01.2009 – I R 5/08

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