Leitsatz

Wird ein Praktikum nach Abschluss der geregelten Berufsausbildung freiwillig aufgenommen, liegt nur dann weiter eine kindergeldrechtliche Berufsausbildung vor, wenn die Ausbildungsinhalte nicht nur sachlich, sondern auch zeitlich begrenzt werden, und ggf. durch theoretischen Unterricht begleitet werden.

 

Sachverhalt

Nachdem der im Jahr 1985 geborene Sohn der Klägerin am 2.11.2009 seine Bachelor-Prüfung bestanden hatte, hob die Familienkasse (FK) die Kindergeldfestsetzung ab 1.12.2009 auf. Mit ihrem Einspruch trug die Klägerin vor, der Sohn habe bis Mai 2010 ein berufspraktisches Praktikum abgelegt, und erst ab dem Monat Mai 2010 eine Vollbeschäftigung aufgenommen. Die FK wies den Einspruch zurück, da die Klägerin nicht glaubhaft gemacht habe, dass das Praktikum ein Teil des Dualen Studiums gewesen sei. Im Klageverfahren trägt die Klägerin vor, der Sohn habe die Ausbildung mit dem Ziel vollzogen, das familiengeführte Unternehmen zu übernehmen. Der Abschluss Bachelor of Arts allein rechtfertige noch keine Anstellung als Führungskraft. Der Inhaber des Unternehmens habe die weitere Praktikumsmaßnahme vereinbart, weil er der Ansicht war, dass bei dem Sohn die Fach- und Sozialkompetenz noch nicht vollumfänglich vorlagen.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG stellt im Streitfall nach Abwägung aller Umstände das Praktikum keine Berufsausbildung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG dar. Es spricht gegen die Wertung eines nach Studienabschluss fortgeführten Praktikums als Berufsausbildung, wenn u. a. der schriftlich getroffene Praktikumsvertrag keine konkrete Beschreibung der Praktikantentätigkeit enthält, es keinen Ausbildungsplan mit zeitlichen Vorgaben gibt, das Praktikum auch nicht von theoretischem Unterricht begleitet wird und ferner das Entgelt auch nach dem Studienabschluss kontinuierlich bei 400 EUR monatlich bleibt, obwohl der Sohn schon 3 Jahre Praktikumserfahrung im selben Unternehmen hat und nunmehr 40 Stunden in der Woche arbeitet.

 

Hinweis

Das rechtskräftige Urteil des FG zeigt, dass ein Kind sich nur dann noch in Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG befindet, wenn es nach einer erfolgreich absolvierten Ausbildung in ernsthafter und nachhaltiger Weise zusätzliche Qualifikationen erwirbt, sofern diese als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Wird also nach Abschluss einer Ausbildung ein Praktikum durchgeführt, sollten die vorgenannten Kriterien bei der Gestaltung des Praktikumsvertrages beachtet werden, damit ggf. für die Zeit des Praktikums das Kindergeld erhalten bleibt.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.11.2012, 4 K 614/11

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge