Leitsatz

Bei Liquiditätsengpässen darf der Geschäftsführer Löhne nur entsprechend gekürzt auszahlen und muss die Verwendung der einbehaltenen flüssigen Mittel zur Abführung der Lohnsteuer sicherstellen.

 

Sachverhalt

Das FG München hatte die Geschäftsführerhaftung für nicht abgeführte Lohnsteuern vor einer Insolvenz zu klären. Der Antragsteller war Geschäftsführer einer GmbH, welche wiederum Komplementärin einer GmbH & Co KG war. Die KG zahlte Nettolöhne an ihre Arbeitnehmer aus und meldete die einzubehaltenden Lohnsteuern beim Finanzamt an. Allerdings führte die KG die angemeldeten Beträge nicht ab, gleich darauf gingen die Insolvenzanträge wegen Zahlungsunfähigkeit für KG und GmbH beim Insolvenzgericht ein. Das Finanzamt nahm den Geschäftsführer mit einem auf § 69 AO gestützten Haftungsbescheid für die bis dahin nicht beglichenen Steuern in Anspruch. Es begründete den Haftungsbescheid damit, dass der Geschäftsführer die Pflicht gehabt habe, die angemeldeten Abzugsbeträge auch abzuführen. Bei unzureichenden flüssigen Mitteln hätte er die Lohnzahlung entsprechend kürzen müssen.

Der Geschäftsführer entgegnete, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abführungsverpflichtung bereits Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe, auch wenn der Insolvenzantrag später gestellt worden sei. Er habe sich innerhalb der 3-Wochen-Frist an den Rechtsanwalt - den späteren Insolvenzverwalter - gewendet. Etwaige Verzögerungen danach habe er nicht zu verantworten.

 

Entscheidung

Das FG gab dem Antrag des Geschäftsführers nicht statt. Nach § 69 Abs. 2 und 3 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel bestehen, wenn bei überschlägiger Sachverhaltsprüfung gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Davon konnte vorliegend nicht ausgegangen werden.

Die pflichtwidrige Nichtabführung einzubehaltender Abzugssteuern zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten stellt eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten eines Geschäftsführers dar. Auf Zahlungsschwierigkeiten der Gesellschaft kommt es wegen der Möglichkeit, bei eventuell nicht für Löhne und Lohnsteuer ausreichenden Mitteln die Löhne gekürzt auszuzahlen und aus den dadurch übrig bleibenden Mitteln die auf die gekürzten (Netto-)Löhne entfallende Lohnsteuer abzuführen, nicht an.[1]

 

Hinweis

Gemäß § 69 AO i. V. m. § 34 AO haften die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Gesetzlicher Vertreter ist bei einer GmbH der Geschäftsführer (§§ 6, 35 GmbH-Gesetz). Im Falle einer mit der Geschäftsführung betrauten Komplementär-GmbH hat er in dieser Funktion auch die Pflichten der KG zu erfüllen. Zu diesen Pflichten gehören die rechtzeitige Abgabe von Steuererklärungen und die Entrichtung der geschuldeten Steuern und steuerlichen Nebenleistungen aus den Mitteln der Gesellschaft, insbesondere die Verpflichtung, soweit die Gesellschaft Arbeitgeber ist, die Lohnsteuer nebst Solidaritätszuschlag und Kirchenlohnsteuer einzubehalten und anzumelden, sowie die einbehaltene Steuer an das Finanzamt abzuführen, und zwar spätestens am 10. Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums, d. h. Kalendermonats.[2]. Die in der Nichtentrichtung liegende objektive Pflichtwidrigkeit indiziert den Schuldvorwurf.[3]

 

Link zur Entscheidung

FG München, Beschluss vom 11.03.2011, 8 V 3757/10

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