1. Begriff

 

Rn. 265

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Das EStG selbst definiert nicht, was unter Schuldzinsen iSd § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 EStG zu verstehen ist. Der BFH versteht unter Schuldzinsen alle Leistungen in Geld oder Geldeswert, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an den Gläubiger zu erbringen hat, und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits, dh Kosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können (BFH v 06.07.1973, VI R 379/70, BStBl II 1973, 868; BFH v 29.10.1985, IX R 56/82, BStBl II 1986, 143; BFH v 09.11.1993, IX R 81/90, BStBl II 1994, 289; BFH v 22.09.2005, IX R 44/03, BFH/NV 2006, 279). Der BFH legt den Begriff damit weiter aus als die zivilrechtliche Rspr (s Rn 261f). Maßgebliches Kriterium zur Definition des Schuldzinsen-Begriffs iRd § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 EStG ist die Zweckbestimmung der Aufwendungen, ein Darlehen zu erlangen oder zu sichern.

Zu den Schuldzinsen gehören demzufolge auch

 

Rn. 266

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Die Abziehbarkeit einer einmaligen Sondervergütung soll auch nicht davon abhängig sein, ob sie dem Geldgeber oder einer zwischengeschalteten dritten Person zufließt (vgl BFH v 24.04.1959, VI 19/57 U, BStBl III 1959, 236 und BFH v 01.10.2002, IX R 72/99, BStBl II 2003, 399), weil dieser Umstand für die eintretende Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des StPfl unerheblich ist.

 

Rn. 267

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Ob es sich bei den Aufwendungen des Darlehensschuldners um Schuldzinsen iSd § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 EStG handelt, hängt nicht von der gewählten Bezeichnung (BFH v 09.02.1994, IX R 110/90, BStBl II 1995, 47) und auch nicht immer entscheidend von der (formalen) zivilrechtlichen Gestaltung ab, sondern vielmehr vom wirtschaftlichen Gehalt der mit der Darlehensgewährung zusammenhängenden Leistungsvorgänge (BFH v 19.01.1978, IV R 153/72, BStBl II 1978, 262für Gewinnermittlung). Um dies feststellen zu können, ist im Zweifel auf die getroffenen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarungen zurückzugreifen (Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 360).

 

Rn. 268

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Unerheblich ist ebenfalls, wer als Kreditgeber beteiligt ist (BFH v 24.05.1968, VI R 6/67, BStBl II 1968, 574), ob ein oder mehrere Verträge abgeschlossen oder die zu zahlenden Beträge in einer oder mehreren Endabrechnungen ausgewiesen werden (BFH v 19.04.1977, VIII R 119/75, BStBl II 1977, 601). Ein WK-Abzug ist auch möglich, wenn das Darlehen zwar von einem Dritten aufgenommen, aber dann dem StPfl zur Verwendung überlassen wird und der StPfl Zinsen und Tilgung direkt an den Darlehensgeber zahlt (BFH v 02.06.1992, IX R 270/87, BFH/NV 1992, 806).

2. Abgrenzung zu den AK

 

Rn. 269

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Obwohl Zinsen und allgemeine Finanzierungskosten aufgewendet werden, um das Geld für die AK/HK des jeweiligen WG aufzubringen, mittelbar also durch dessen Anschaffung oder Herstellung veranlasst sind, stellen sie nach st Rspr (zB BFH v 07.11.1989, IX R 190/85, BStBl II 1990, 460 und BFH v 25.07.1995 IX R 38/93, BStBl II 1995, 835) selbst keine AK/HK dar, die uU gemäß § 9 Abs 1 S 3 Nr 7 EStG nur iRd AfA berücksichtigt werden könnten, sondern sind sofort abzugsfähige WK. Der BFH (BFH v 24.05.1968, VI R 6/67, BStBl II 1968, 574; BFH v 13.11.1985, I R 145/81, BFH/NV 1986, 331; BFH v 04.10.1989, II R 72/86, BStBl II 1989, 962 zu HK) begründet dies damit, dass diese Kosten aufgewendet werden, um die Mittel zur Bezahlung der WG zu beschaffen, die Aufwendungen also AK des Kredits, nicht aber solche des mit dem Kredit erworbenen WG sind. Diese Auffassung wird gestärkt durch § 255 Abs 3 S 1 HGB, der bestimmt, dass Zinsen für FK nicht zu den HK gehören. Soweit § 255 Abs 3 S 2 HGB ein Wahlrecht hinsichtlich Zinsen, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen, vorsieht, gilt dies nicht iRd § 9 EStG. Ein Wahlrecht des StPfl, Bauzeitzinsen zu den HK oder zu den sofort abziehbaren WK zu rechnen, besteht bei den Überschusseinkünften iSd § 2 Abs 2 Nr 2 EStG nicht (BFH v 07.11.1989, IX R 190/85, BStBl II 1990, 460 – s Rn 370 "Bauzeitzins").

 

Rn. 270

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Der Grundsatz, dass Finanzierungs- und Geldbeschaffungsaufwendungen sofort abziehbare WK und nicht AK/HK sind, gilt aber grundsätzlich nur, wenn Schuldner dieser Kosten und Erwerber des WG identisch sind (BFH v 11.12.1973, VIII R 11/71, BStBl II 1974, 476). Erstattet der Käufer eines mit Kredit finanzierten WG dem Veräußerer Zinsen oder sonstige Finanzierungskosten, die dem Veräußerer seinerseits im Zusammenh...

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