Entscheidungsstichwort (Thema)

Finanzierungskosten für Grundstück und Gebäudeherstellungskosten

 

Leitsatz (NV)

Finanzierungskosten, die im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits für die Anschaffung eines Grundstücks entstehen, sind nicht Teil der Herstellungskosten für das auf dem Grundstück errichtete Gebäude (Anschluß an BFHE 92, 400, BStBl II 1968, 574)

 

Normenkette

EStG §§ 4-6

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine GmbH (GmbH) war ein wohnungswirtschaftliches Konzernunternehmen. Sie befaßte sich u.a. mit dem Erwerb und der Veräußerung von Grundstücken, mit der Errichtung von Kaufeigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohnungen sowie mit der Baubetreuung. Organ der Klägerin war die W-GmbH. Zwischen ihr und der Klägerin bestand ein Ergebnisabführungsvertrag. Die W-GmbH hat im Dezember 1972 einen Grundstückskomplex erworben. Hierzu wurde im Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses der W-GmbH u.a. ausgeführt: ,,Die einzige Investition des Rumpfgeschäftsjahres 1972 bestand in dem Erwerb des Vorratsgeländes . . . Der Grundstückskauf wurde durch Übernahme der auf dem Grundstück lastenden Resthypotheken . . . und durch einen Zwischenkredit . . . finanziert. Die auf dem Grundstück befindlichen Aufbauten sind zur Zeit noch vermietet. Nach Ablauf des letzten Mietvertrages zum 31. Dezember 1975 sollen die Aufbauten abgerissen und auf dem Grundstück 228 Miet- und Eigentumswohnungen . . . errichtet werden."

Die W-GmbH behandelte das erworbene Grundstück mit den Aufbauten als ein Wirtschaftsgut und aktivierte die Anschaffungskosten unter der Bezeichnung ,,Umlaufvermögen - zum Verkauf bestimmte Grundstücke und andere Vorräte". Die in dem Rumpfgeschäftsjahr 1972 und im Geschäftsjahr 1973 angefallenen Finanzierungskosten (Geldbeschaffungskosten sowie die gezahlten Kreditzinsen) wurden den Anschaffungskosten hinzugerechnet; die jeweiligen Nettoerträge aus der Bewirtschaftung der zum Abbruch vorgesehenen Aufbauten wurden abgerechnet.

Im Herbst 1974 wurde die Absicht, auf dem Grundstückskomplex zum Verkauf bestimmte Eigentumswohnungen zu errichten, aufgegeben. In dem Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses 1974 heißt es dazu: ,,Ab Herbst 1974 wurde die Planung mit Rücksicht auf die veränderte Situation am Immobilienmarkt dahin geändert, daß nunmehr 273 Mietwohnungen . . . errichtet werden sollen."

Mit Rücksicht auf die geänderte Planung wurde auf den 31. Dezember 1974 auf den Bilanzansatz in Höhe der den Anschaffungskosten im Jahre 1972 und 1973 zugerechneten Finanzierungskosten (nach Kürzung um die Nettoerträge aus der Hausbewirtschaftung) eine Teilwertabschreibung vorgenommen. Die für das Grundstück gezahlten Kreditzinsen wurden erstmalig 1974 als Aufwand gebucht; desgleichen wurden die Bruttoerträge aus der Hausbewirtschaftung innerhalb der Umsatzerlöse ausgewiesen. Auf den 31. Dezember 1975 wurde das Grundstück vom Umlaufvermögen in das Anlagevermögen umgebucht. Mit Beginn des Geschäftsjahres 1976 wurde nach Abbruch der Aufbauten mit der Errichtung von 275 Mietwohnungen begonnen.

In der ursprünglichen Körperschaftsteuererklärung 1973 für die W-GmbH wurde das von der Klägerin als Organträger zu übernehmende Jahresergebnis in der Weise ermittelt, daß abweichend von der Bilanzierungsmethode der Handeslbilanz die um die Erträge aus der Hausbewirtschaftung verminderten Finanzierungskosten als laufender Aufwand behandelt wurden. Nach Bekanntwerden des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 24. Februar 1975

IV B 2 - S 2171 - 2/75

V B 2 - S 1988 - 182/75

(BStBl I, 212; Abschn. 33 Abs. 7 der Einkommensteuer-Richtlinien für das Kalenderjahr 1975 - EStR 1975 -), nach dem unter bestimmten Voraussetzungen eine Einbeziehung von Finanzierungskosten in die Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes zulässig sei, wurden die für die W-GmbH und die Klägerin abgegebenen Körperschaftsteuererklärungen 1973 in der Weise berichtigt, daß - entsprechend dem Vorgehen in der Handelsbilanz - die Finanzierungskosten aktiviert wurden. Dieselbe Rechtsauffassung liegt den Körperschaftsteuererklärungen 1974 für die GmbH und die Klägerin zugrunde.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat bei den Körperschaftsteuerveranlagungen für die Jahre 1973 und 1974 die Ansicht, daß die Finanzierungskosten nicht den Anschaffungskosten des erworbenen Grundstücks zuzurechnen seien. Das FA berücksichtigte deshalb die gezahlten Kreditzinsen sowie - anteilig - die auf die Laufzeit der Darlehen verteilten Geldbeschaffungskosten als laufenden Aufwand und andererseits die Erträge aus der Hausbewirtschaftung als Ertrag. Auf dieser Rechtsauffassung beruhen die gegenüber der Klägerin als Organträger ergangenen Körperschaftsteuerbescheide 1973 und 1974. Wegen eines Verlustabzugs nach § 10d EStG ergab sich für 1973 für die Klägerin weder nach dem erklärten noch nach dem verlangten Einkommen eine Körperschaftsteuerschuld. Die Einsprüche der Klägerin gegen die vorläufigen Körperschaftsteuerbescheide 1973 und 1974 blieben erfolglos, desgleichen ihre Klage (vgl. EFG 1982, 119).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I. Bezüglich des Streitjahres 1973 war die Klage unzulässig, weil die Klägerin durch den gegen sie ergangenen Bescheid nicht beschwert war. Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß sich wegen eines für 1973 zu berücksichtigenden Verlustabzugs nach § 6 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes a. F. (KStG) i.V. m. § 10d EStG weder nach dem veranlagten noch nach dem erklärten Einkommen der Klägerin eine Körperschaftsteuerschuld ergeben hat. Die vom FG zur Begründung der Beschwer herangezogenen BFH-Entscheidungen - insbesondere die Urteile vom 11. Januar 1967 I 49/64 (BFHE 87, 431, BStBl III 1967, 215) und vom 22. August 1968 IV R 234/67 (BFHE 93, 378, BStBl II 1968, 801) - tragen die gegenteilige Auffassung des FG nicht.

Der BFH ging in den genannten Entscheidungen davon aus, ein Steuerpflichtiger könne eine für spätere Jahre erstrebte Minderung der Steuerschuld nur dadurch erreichen, daß er im Hinblick auf die Buchwertverknüpfung in den Bilanzen einen früheren Bescheid mit der Folge einer in diesem Jahr eintretenden Steuererhöhung anfechte. Nach den Feststellungen des FG liegen die Verhältnisse im Streitfall gerade nicht so.

II. Die Klage war, soweit sie das Streitjahr 1974 betraf, unbegründet. Die im Zusammenhang mit der Anschaffung des Grund und Bodens anfallenden Finanzierungs- und Geldbeschaffungskosten durften nicht bei den Anschaffungskosten des Gebäudes erfaßt werden, sondern waren jeweils im Jahr ihres Abzugs als Betriebsausgaben abzuziehen (§ 4 Abs. 4 EStG). Die Auffassung der Klägerin, Grund und Boden und Gebäude seien mindestens in den Fällen, in denen schon bei der Anschaffung des Grund und Bodens die Errichtung eines Gebäudes geplant war, als Einheit zu betrachten, entspricht nicht den nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KStG auch für Kapitalgesellschaften geltenden einkommensteuerrechtlichen Bewertungsvorschriften des § 6 EStG.

1. Grund und Boden und Gebäude sind zwei selbständige, voneinander getrennt zu behandelnde Wirtschaftsgüter. Das gilt jedenfalls für die Bewertungsvorschriften des § 6 EStG. Bewertungsmaßstäbe nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (bei den der Abnutzung unterliegenden Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens vermindert um die Absetzung für Abnutzung - AfA - nach § 7 EStG) und der niedrigere Teilwert. Diese Vorschriften gelten ,,für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter". Daraus wird allgemein der Grundsatz der Einzelbewertung hergeleitet, der dazu führt, daß u.a. notwendige Abschreibungen oder Wertabschläge bei einem Wirtschaftsgut nicht deshalb unterbleiben dürfen, weil anderen Wirtschaftsgütern ein höherer Wert beizulegen ist. In § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist der Grund und Boden ausdrücklich als einzelnes Wirtschaftsgut aufgeführt. Beide Wirtschaftsgüter - Grund und Boden und Gebäude - sind sich bewertungsrechtlich nicht ähnlich. Sie unterscheiden sich vielmehr dadurch, daß die Nutzung der Wirtschaftsgüter der einen Gruppe zeitlich begrenzt ist, die Nutzung der Wirtschaftsgüter der anderen Gruppe dagegen nicht. Deswegen muß z. B. der Käufer eines bebauten Grundstückes seine Anschaffungskosten auf Grund und Boden und Gebäude aufteilen. Die Regel-AfA und die Sonder-AfA für außerordentliche technische und wirtschaftliche Abnutzung dürfen nur vom Gebäude berechnet werden (§ 7 EStG). Nichts anderes gilt für die Bewertung mit dem niedrigeren Teilwert (BFH-Beschluß vom 16. Juli 1968 GrS 7/67, BFHE 94, 124, BStBl II 1969, 108). Daraus ergibt sich folgerichtig, daß auch Finanzierungs- und Geldbeschaffungskosten für die Anschaffung eines Grundstücks nach den allein für den Grund und Boden maßgebenden Vorschriften zu behandeln sind.

2. Anschaffungskosten sind alle Aufwendungen, die der Erwerber eines Wirtschaftsguts macht, um das Wirtschaftsgut von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht zu überführen (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 24. Mai 1968 VI R 6/67, BFHE 92, 400, BStBl II 1968, 574, und vom 3. August 1976 VIII R 101/71, BFHE 119, 574, BStBl II 1977, 65). Welche Vorgänge danach im einzelnen noch in den Bereich der Anschaffung fallen, ist weniger nach rechtlichen als nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Ausschlaggebend ist die Zweckbestimmung einer Aufwendung (finaler Begriff der Anschaffungskosten, BFH-Urteile vom 12. November 1975 I R 135/73, BFHE 118, 44, BStBl II 1976, 297, und vom 19. April 1977 VIII R 119/75, BFHE 122, 111, BStBl II 1977, 601). Diesem Begriffsverständnis entspricht es, daß die auf die Beschaffung eines Kredites aufgewendeten Kosten getrennt und unabhängig von dem angeschafften Wirtschaftsgut und den Aufwendungen auf seinen Erwerb angesetzt werden.

Finanzierungs- und Geldbeschaffungskosten wendet ein Kaufmann auf, um sich die Mittel zur Bezahlung des gekauften Wirtschaftsguts zu beschaffen. Sie sind Anschaffungsaufwand für den Kredit, nicht aber für das mit dem Kredit erworbene Wirtschaftsgut (Urteil in BFHE 92, 400, BStBl II 1968, 574 m.w.H. auf die Rechtsprechung des RFH und des BFH). Dies gilt auch im Streitfall für die für den Erwerb des Grundstücks von der W-GmbH aufgewandten Finanzierungs- und Geldbeschaffungskosten.

3. Die Klägerin kann sich zugunsten ihrer Rechtsansicht weder auf Abschn. 33 EStR 1975 noch auf die Stellungnahme des Hauptfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) in WpG 1974, 324 ff. stützen.

Die EStR 1975 gehen in Abschn. 33 Abs. 7 zunächst davon aus, daß Finanzierungs-(Geldbeschaffungs-)kosten grundsätzlich nicht zu den Herstellungskosten gehörten. Dasselbe gelte für Zinsen für Fremdkapital sowie für kalkulatorische Zinsen für Eigenkapital. Abschn. 33 Abs. 7 Satz 3 bezieht sich ausdrücklich auf die Kreditaufnahme in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Herstellung eines Wirtschaftsguts. Für Kreditzinsen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Grundstückskaufs kann diese Äußerung schon deshalb nicht gelten, weil die EStR auf das Urteil in BFHE 92, 400, BStBl II 1968, 574 eigens Bezug nehmen.

Nichts anderes gilt für die Stellungnahme des Hauptfachausschusses des IDW. Dieser befaßt sich (WpG 1974, Seite 325) mit der steuerrechtlichen Beurteilung von Fremdkapitalzinsen. Der Hauptfachausschuß des IDW geht selbst von dem Urteil in BFHE 92, 400, BStBl II 1968, 574 aus und anerkennt dieses, soweit es sich um die Anschaffung eines Wirtschaftsguts handelt. Es wird deutlich zwischen der Anschaffung des Wirtschaftsguts als einem zeitpunktbezogenen und der Herstellung als einem zeitraumbezogenen Vorgang unterschieden. Nur auf den letztgenannten - hier nicht vorliegenden - Fall beziehen sich die weiteren Ausführungen in der Stellungnahme des Hauptfachausschusses.

4. Soweit sich die Klägerin auf gutachtliche Äußerungen und auf eine Stellungnahme des Hauptfachausschusses des IDW in WpG 1962, 270 bezieht, handelt es sich dabei um Äußerungen, die vor der Entscheidung des Großen Senats (BFHE 94, 124, BStBl II 1969, 108) liegen. In dieser Entscheidung aber hat der Große Senat des BFH gerade die bis dahin vertretene Auffassung von der Bewertungseinheit des Grund und Bodens einerseits und des darauf befindlichen Gebäudes andererseits aufgegeben. Soweit die von der Klägerin herangezogenen Stellungnahmen auf einer von der hier dargelegten Rechtsauffassung abweichenden Absicht beruhen sollten, wären diese durch die später ergangene Rechtsprechung des BFH jedenfalls für die Bewertung im Einkommensteuerrecht überholt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60771

BFH/NV 1986, 331

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