Rn. 1000

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Gemäß der Definition der Erstausbildung in § 9 Abs 6 S 2 EStG setzt diese sowohl eine geordnete Ausbildung als auch eine Abschlussprüfung voraus.

Ausnahmsweise kann in den Fällen von § 9 Abs 6 S 4 u 5 EStG entweder die reine Ausbildung genügen (weil keine Abschlussprüfung vorgesehen ist) oder das bloße Bestehen einer Abschlussprüfung ohne vorheriges Durchlaufen der Ausbildung. Hiermit sollen StPfl, die nach § 45 Abs 2 BBiG, § 37 Abs 2 HwO oder entsprechenden landesrechtlichen Regelungen als "Externe" zur Abschluss-/Gesellenprüfung zugelassen werden, diese bestehen und mit diesem Schritt ihre berufliche Perspektive verbessern, für steuerliche Zwecke genauso behandelt werden, als hätten sie zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen (BT-Drucks 18/3017, 43). Dies rechtfertigt sich dadurch, dass die Zulassung zur Abschlussprüfung regelmäßig eine längere berufspraktische Tätigkeit voraussetzt, in der die erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Befähigungen erworben wurden.

§ 9 Abs 6 S 2 EStG ist dabei eine Reaktion auf die Rspr des BFH (BFH v 27.10.2011, VI R 52/10, BStBl II 2012, 825für Rettungssanitäter; BFH v 28.02.2013, VI R 6/12, BStBl II 2015, 280für Flugbegleiter), wonach der einkommensteuerrechtliche Begriff der Berufsausbildung kein Berufsausbildungsverhältnis nach dem BBiG und keine bestimmte Ausbildungsdauer voraussetze (BT-Drucks 18/3017, 43). Eine Berufsausbildung als Erstausbildung muss daher zum einen nunmehr für eine gewisse Dauer angelegt sein. Die Dauer von 12 Monaten soll nach BT-Drucks 18/3441, 56 dabei insbesondere gewährleisten, dass hierzu nicht nur eine Ausbildung iSd BBiG zählt, sondern auch kürzere Ausbildungen (zB als Helferinnen und Helfer im Gesundheits- und Sozialwesen). "Vollzeit" heißt in diesem Zusammenhang eine Dauer von durchschnittlich mindestens 20 Stunden wöchentlich (BT-Drucks 18/3017, 43).

 

Rn. 1001

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Die Ausbildung muss die Vermittlung der erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit zum Ziel und zum Gegenstand haben. Neben staatlich anerkannten oder staatlich geregelten Ausbildungen kommen nach der Gesetzesbegründung auch solche Berufsausbildungen in Betracht, die nach Richtlinien von Berufs- oder Wirtschaftsverbänden oder internen Vorschriften der Bildungsträger geordnet sind (BT-Drucks 18/3017, 43). Letztere enthalten dabei insbesondere Ausführungen zu den beruflichen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten, die in der Berufsausbildung vermittelt bzw vom Auszubildenden erworben werden sollen, und zu der sachlichen und zeitlichen Gliederung der Ausbildung. Ferner können sie auch Ausführungen zu den Prüfungen enthalten.

 

Rn. 1002

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Weitere Voraussetzung ist, dass die Berufsausbildung die zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln hat. Die Ausbildung zeichnet sich weiter dadurch aus, dass die Ausbildungsziele definiert sind, ein feststehender Lehrplan existiert sowie Beginn und Abschluss festgelegt sind (BT-Drucks 18/3017, 43).

 

Rn. 1003

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Eine Berufsausbildung muss auch abgeschlossen sein, damit sie als erstmalige Berufsausbildung anerkannt werden kann. Ein Abschluss kann dabei durch Abschlussprüfung oder mittels planmäßiger Beendigung erfolgen. Eine abgebrochene Ausbildung bzw ein abgebrochenes Studium oder eine nicht bestandene Abschlussprüfung stellen daher keine Erstausbildung dar (BFH v 17.07.2014, VI R 61/11 und BFH v 17.07.2014, VI R 38/12), so dass die Aufwendungen für eine nachfolgende erfolgreich beendete Ausbildung keine WK/BA sind (BMF v 22.09.2010, BStBl I 2010, 721 Tz 10, 19; Jochum, DStZ 2005, 260).

 

Rn. 1004

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Berufsvorbereitende Maßnahmen oder Ausbildungen, die die gesetzliche Mindestausbildungsdauer unterschreiten, sind nach der Intention des Gesetzgebers keine Erstausbildung, weil sie nicht auf eine hinreichend qualifizierte berufliche Tätigkeit vorbereiten. Solche kurzen Ausbildungen erfolgen zwar auch oft auf der Grundlage von Rechts- und Verwaltungsvorschriften; es werden aber nur begrenzte berufliche Fähigkeiten für einfache Tätigkeiten erworben. Die Regelung geht bei diesen kurzen Ausbildungen typisierend davon aus, dass die auf eine solche Ausbildung folgende Berufsausbildung keine "Zweitausbildung" ist, für die ein WK-Abzug gewährt werden kann (BT-Drucks 18/3017, 43).

Keine erste Berufsausbildung iSd § 9 Abs 6 EStG sind auch:

  • Kurse zur Berufsorientierung oder -vorbereitung,
  • Kurse zur Erlangung der Fahrerlaubnis für Nutzfahrzeuge oder der Berechtigung zum Fahren von Flurförderfahrzeugen (Gabelstapler),
  • Betriebspraktika,
  • Maßnahmen zur Vermittlung einfachster Berufstätigkeiten (Anlerntätigkeiten, kurzfristige Einweisungen) oder die Grundausbildung bei der Bundeswehr,
  • der Abschluss mehrerer unabhängiger Kurse, auch wenn die Kurse inhaltlich aufeinander aufbauen,
  • Praktika im Rahmen einer Erstausbildung.

Keine Berufsausbild...

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