Rn. 1384

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Hauptanwendungsfälle sind folgende Sachverhalte:

  • Schenkung (auch im Wege der vorweggenommenen Erbfolge),
  • (unmittelbare) Erbfolge,
  • Herausgabe eines Betriebes oder Mitunternehmeranteils durch die Erben an einen Vermächtnisnehmer (BFH BStBl II 1995, 714; 1991, 350; BMF v 11.01.1993, BStBl I 1993, 62 Rz 68 "Erbengemeinschaft"),
  • Nießbrauchsbestellung an einem Betrieb (BFH BStBl II 1981, 396),
  • verdeckte Einlagen in PersGes,
  • uU Anwachsungsvorgänge (Orth, DStR 1999, 1059; s Rn 1388).

Nicht unter § 6 Abs 3 EStG fällt die Übergabe des Betriebes auf den Pflichtteilsberechtigten (Veräußerungsgeschäft, BFH BStBl II 1997, 535), ebenso wenig der Vermögensübergang bei gesellschaftsrechtlichen Vorgängen. Sollte das BV im Rahmen einer (echten oder unechten) Realteilung auf die Mitunternehmer der PersGes aufgeteilt werden und weiterhin BV bleiben, findet bei Übertragung von Sachgesamtheiten nicht § 6 Abs 3 EStG, sondern § 16 Abs 3 S 2ff EStG Anwendung (s BMF v 20.12.2016, BStBl I 2017, 36). Die FinVerw vertritt entgegen der Rspr des BFH v 30.03.2017, IV R 11/15, BFH/NV 2017, 1125 die Auffassung, dass bei Übertragung einzelner WG iR einer Realteilung § 6 Abs 5 S 3 EStG iR gegenüber § 16 Abs 3 S 2ff EStG vorrangig ist (dazu s Rn 1751).

 

Rn. 1385

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Die sog einfache Anwachsung – im Steuerrecht meistens verstanden als Ausscheiden aller Gesellschafter einer PersGes außer dem Letztverbleibenden mit der Folge des Eigentumsübergangs durch Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 738 BGB ohne Gegenleistung durch Gewährung von Gesellschaftsrechten – kann unentgeltlich iSd § 6 Abs 3 EStG (s BFH BStBl II 1999, 269/70) sein: analoge Anwendung der Vorgängernorm § 7 Abs 1 EStDV aF; zur Rechtsentwicklung vgl Orth, DStR 1999, 1011, 1056. Wird eine Abfindung geleistet, liegt eine entgeltliche Übertragung vor. Der Anwachsungsvorgang selbst ist hinsichtlich der Entgeltlichkeit also "neutral" (OFD Bln v 19.07.2002, DB 2002,1966).

Nicht geklärt ist die Bewertung bei Anwachsung auf eine KapGes. Darin kann eine verdeckte Einlage in diese Gesellschaft mit Bewertung zum Teilwert und eine Betriebsaufgabe (BFH BStBl II 1991, 512) gesehen werden. Allerdings spricht der Wortlaut des § 6 Abs 6 S 2 EStG gegen diese Auslegung, der nicht – wie hier besprochen – Sachgesamtheiten, sondern nur Einzel-WG betrifft. Für eine Buchwertfortführung spricht auch das Gesetzgebungsverfahren, das zunächst die Anwendung des § 6 Abs 3 S 1 EStG auf natürliche Personen beschränken wollte. Die endgültige Gesetzesfassung enthält diese Klausel nicht. Deshalb ist nach Mitsch, INF 2002, 77, 78 auch die Anwachsung auf eine KapGes erfasst. Dagegen allerdings Neumann, EStB 2005, 140 mit folgenden beachtlichen Argumenten: Bei werthaltigem BV liegt im Verzicht auf die Gesellschafterstellung ohne Abfindung eine verdeckte Einlage in die KapGes vor, umgekehrt eine vGA bei wertlosem BV: die Anwachsung erklärt sich nur aus dem "Nahestehen" der betreffenden Personen.

Die "erweiterte" Anwachsung durch Einbringung sämtlicher Mitunternehmeranteile in die KapGes gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nach Maßgabe des § 20 UmwStG ist ebenfalls zu Buchwerten (Wahlrecht) möglich (Rödder/Schumacher, DStR 2001, 1634). Zur Anwachsung generell Hörger/Mentel/Schulz, DStR 1999, 567 sowie Emmrich/Kloster, GmbHR 2005, 448 mit Diskussion von (unkoordinierten?) OFD-Erlassen und Kowallik/Merklein/Scheipers, DStR 2008, 173.

 

Rn. 1386

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Als übertragende und aufnehmende Person können natürliche Personen, Mitunternehmerschaften und KapGes fungieren. Stiftungen können nach dem geänderten BMF-Schreiben nun aufnehmende Rechtsträger sein. Ob diese zugleich auch als übertragender Rechtsträger in Betracht kommen, dazu enthält das Schreiben keine Aussage.

In den Sonderfällen der Teilübertragung von Mitunternehmeranteilen (s Rn 1436ff) kommt nach dem Gesetzeswortlaut das Buchwertprivileg nur für die Übertragung auf natürliche Personen in Betracht (§ 6 Abs 3 S 1 Hs 2 und S 2 EStG). Vereinzelt wird in der Literatur auch argumentiert, dass die Regelung auch bei Übertragungen auf Mitunternehmerschaften zur Anwendung kommen sollte, soweit an dieser ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind (zB Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 470.4 (Februar 2017), so dass auch die Übertragung auf Mitunternehmerschaften mit Buchwertansatz erfolgen kann, wie zB: Vater überträgt Teil-Mitunternehmeranteil auf Mitunternehmerschaft, an der er und seine Kinder beteiligt sind (s Rn 1436)).

Aus dem Gesetzeswortlaut geht diese Auslegung jedoch nicht hervor. Nach Sinn und Zweck der Norm müsste dies aber möglich sein. Eine alternativ rechtssichere Gestaltung sollte in solchen Fällen eine vorgeschaltete Einbringung nach § 24 UmwStG mit Antrag auf Buchwertfortführung und eine anschließende Anteilsübertragung sein. Nach der Regelung ist jedoch die Übertragung des Anteils auf mehrere natürliche Personen denkbar, dh zB direkt auf die Kinder, die sodann eine Mitunternehmerschaft bilden.

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