Rn. 161

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

§ 50d Abs 9 EStG betrifft nach seinen tatbestandlichen Voraussetzungen unbeschränkt StPfl, deren Einkünfte aufgrund eines DBA von der Bemessungsgrundlage auszunehmen sind. Eine Anwendung auf beschränkt StPfl ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht möglich. Aufgrund der erkennbaren Ausrichtung auf die abkommensrechtliche Freistellung nach Art 23A OECD-MA geht die Rspr davon aus, dass § 50d Abs 9 EStG nur auf die sog Outbound-Situation anwendbar ist, nicht jedoch in Fällen, in den Deutschland in seiner Rolle als Quellenstaat (sog Inbound-Situation) angesprochen ist (ausdrücklich zur teleologischen Reduktion des insoweit überschießenden Gesetzeswortlauts im Falle der fiktiven unbeschränkten StPfl nach § 1 Abs 3 EStG vgl BFH v 02.09.2009, BStBl II 2010, 394 mwN).

In Fällen der unbeschränkten StPfl außerhalb des Spezialfalls des § 1 Abs 3 EStG, wenn zB bei Vorliegen eines Doppelwohnsitzes aufgrund der abkommensrechtlichen Tie-Breaker-Regelungen der andere Vertragsstaat als Wohnsitzstaat für Zwecke der Abkommensanwendung gilt, ist eine teleologische Reduktion jedoch nicht möglich (Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 41, 20. Aufl; Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 191, Juni 2020; aASchönfeld/Rüsch in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 50d Abs 9 EStG Rz 54, Oktober 2021).

 

Rn. 162

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Der Begriff der Einkünfte umfasst positive und negative Einkünfte iSd § 2 EStG. Im Falle einer Nicht- oder Minderbesteuerung aufgrund des DBA im anderen Vertragsstaat können daher auch ausländische Verluste im Inland berücksichtigt werden, wobei allerdings die weiteren Verlustverrechnungsbeschränkungen des deutschen Rechts (zB §§ 2a, 15a EStG) zu beachten sind (BFH v 11.07.2018, I R 52/16, BStBl II 2019, 105; Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 197a, Juni 2020; Wagner in Brandis/Heuermann, § 50d EStG Rz 116, Oktober 2021; Loschelder in Schmidt, § 50d EStG Rz 56, 40. Aufl; Loose/Hölscher/Althaus, BB 2006, 2724).

 

Rn. 163

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Die Einkünfte iSd § 50d Abs 9 S 1 EStG sind nach nationaler Einkunftszuordnung zu bestimmen (so die hM BFH v 21.01.2016, I R 49/14, BStBl II 2017, 107; Klein/Hagena in H/H/R, § 50d EStG Rz 122, November 2021; Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 41a, 20. Aufl; aA auf Basis eines normspezifischen, an die abkommensrechtlichen Quellenzuordnung anknüpfenden Einkünftebegriffs, Pohl, DB 2012, 258; Benecke, FR 2010, 1102/32; BMF v 26.09.2014, BStBl I 2014, 1258, Tz 4.1.1.2.4., 4.1.3.3.2. und 5.1 zu Sonder-BE). Bedeutung hatte die Unterscheidung bis zur Änderung des § 50d Abs 9 S 1 EStG durch das BEPS-UmsG v 20.12.2016 (BGBl I 2016, 3000) insbesondere für Einkünfte, die nach innerstaatlicher Wertung nur einer, abkommensrechtlich, aber verschiedenen Einkunftsarten zugeordnet und deshalb zumindest teilweise im Ausland besteuert werden. Dies ist zB bei Einkünften aus ausländischen Mitunternehmerschaften der Fall, wenn Sondervergütungen abweichend zum deutschen Steuerrecht im Ausland nicht besteuert und einer anderen abkommensrechtlichen Einkunftskategorie (zB Zinsen, Lizenzen) zugeordnet werden: Da Sondervergütungen und Gewinnanteil nach deutscher Rechtswertung eine Einkünfteeinheit bilden, schloss die ausländische Besteuerung des Gewinnanteils die Anwendung von § 50d Abs 9 EStG aufgrund der qualitativ-konditionalen Verknüpfung ("wenn") in der Altfassung des § 50d Abs 9 S 1 EStG zu den Alt 1. und 2. tatbestandlich aus (s BFH v 21.01.2016, I R 49/14, BStBl II 2017, 107 Tz 26 ff mwN; BFH v 20.05.2015, I R 68/14, BStBl II 2016, 90; FG Mchn v 22.09.2020, 12 K 3257/18, Rev I R 42/20; FG BdW v 21.05.2019, 6 K 488/17, Rev I R 11/20).

 

Rn. 163a

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Mit Wirkung ab VZ 2017 wurde mit dem BEPS-UmsG (BGBl I 2016, 3000) die qualitativ-konditionale Verknüpfung ("wenn") durch eine quantitative ("soweit") ersetzt, so dass nunmehr auch im Ausland nicht besteuerte Einzelelemente von Einkünften zu einem unilateralen Besteuerungsrückfall nach § 50d Abs 9 S 1 EStG führen (Einkünfteatomisierung). Die Anwendung der Regelung erfordert insoweit eine detaillierte Analyse der ausländischen Einkunftsermittlung, um möglicherweise nicht- oder minder besteuerte Einkunftsteile abzugrenzen (kritisch zu den damit verbundenen administrativen Erschwernissen Schnitger, IStR 2016, 637; Bärsch/Böhmer, DB 2017, 567; Loschelder in Schmidt § 50d EStG Rz 57, 40. Aufl). Zu den Auswirkungen in Zusammenspiel mit der Anrechnung der ausländischen Steuer s Kempf/Loose, ISR 2021, 247(250f).

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