Rn. 56a

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Laut § 4e Abs 3 S 1 EStG wird der BA-Abzug für Leistungen (Einmalbeiträge) eines Unternehmens an einen Pensionsfonds gewährt, die die teilweise oder vollständige Übertragung einer bestehenden Versorgungsverpflichtung oder Versorgungsanwartschaft auf den Pensionsfonds finanzieren. Damit stellt sich die Frage, was unter einer vollständigen bzw teilweisen Übertragung der Versorgungsverpflichtung oder Versorgungsanwartschaft zu verstehen und wie der korrespondierende Einmalbeitrag zu bemessen ist.

 

Rn. 56b

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Der Begriff der Versorgungsverpflichtung iSd § 4e Abs 3 S 1 EStG erstreckt sich auf die Verpflichtung, die geschuldete Versorgungsleistung an den Versorgungsempfänger zu zahlen, also die laufende Renten- oder eine Kapitalleistung. Er wird im § 4e Abs 3 S 1 EStG abgrenzend zu der Versorgungsanwartschaft gebraucht, bei der die Zahlungsverpflichtung erst künftig einsetzt. Die "vollständige Versorgungsverpflichtung" umfasst den gesamten Wert der künftigen Zahlungsverpflichtungen an den Versorgungsempfänger am Übertragungsstichtag, also nicht etwa nur die jeweilige Rentenrate. Der Wert aller künftigen Zahlungsverpflichtungen bemisst sich nach deren Barwert, wobei die Rechnungsgrundlagen des Pensionsfonds maßgeblich sind.

Da das Unternehmen nach dem Gesetzeszweck seine künftigen Versorgungsverpflichtungen endgültig ablösen können soll (BT-Drucks 14/1151, 35), wird es auch latente künftige Rentenanpassungen mit Hilfe des Einmalbeitrags finanzieren dürfen. Das Gesetz untersagt dies im Gegensatz zur Berechnung der Pensionsrückstellung nach § 6a Abs 3 S 2 Nr 1 S 4 EStG nicht. Allerdings wirkt sich jene Vorschrift indirekt doch aus, denn der auf die zehn Jahre zu verteilende Unterschiedsbetrag zwischen der vollständig aufzulösenden Pensionsrückstellung und dem höheren vom Pensionsfonds benötigten Einmalbeitrag wird ausgeweitet, wenn der Einmalbeitrag auch latente künftige Rentenanpassungen abdeckt.

 

Rn. 56c

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Umstritten ist, ob bei Versorgungsanwärtern nur der vom ArbN bis zum Übertragungszeitpunkt erdiente Teil der Versorgungsanwartschaft (sog "Past-Service") von § 4e Abs 3 EStG erfasst wird oder ob sich die Vorschrift auf die gesamte bis zum Eintritt des Versorgungsfalles erdienbare Versorgung ("Past- und Future-Service") erstreckt. Das BMF geht von der erdienten Anwartschaft aus (BMF v 26.10.2006, BStBl I 2006, 709 Rz 2–4 sowie BMF v 10.07.2015, BStBl I 2015, 544 Rz 1), die Literatur teilweise von der bis zum Versorgungsfall erdienbaren Altersversorgung (Friedrich/Weigel, DB 2004, 1437; Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG Bd II Kap 30 Rz 35ff (Januar 2023)).

Sowohl der Gesetzeswortlaut als auch der Gesetzeszweck sprechen dafür, dass es um die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erdienbare Anwartschaft geht.

So gebraucht der Gesetzgeber im § 4e Abs 3 S 1 EStG den Begriff der

Zitat

"bestehenden Versorgungsverpflichtung oder Versorgungsanwartschaft".

Die bestehende Versorgungsanwartschaft erstreckt sich aber sowohl auf ihren erdienten als auch ihren erdienbaren Teil. So verwendet der Gesetzgeber den Begriff der bestehenden Anwartschaft auch im § 2 Abs 1 S 1 BetriebsrentenG iSd gesamten bis zum Versorgungsfall erdienbaren Anwartschaft. Er spricht dort von der Anwartschaft, die "fortbesteht" und die erst beim Ausscheiden aus dem Unternehmen mit unverfallbarer Anwartschaft eine Kürzung auf den erdienten Teil erfährt. Solange der ArbN nicht mit unverfallbarer Anwartschaft aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, kommt nur der Ansatz der erdienbaren Anwartschaft in Betracht.

Der Gesetzeszweck spricht auch für dieses Auslegungsergebnis. Denn mit der Übertragung auf den Pensionsfonds soll sich das Unternehmen vollständig von seiner Versorgungsanwartschaft trennen können (BT-Drucks 14/1151, 35). Dies wäre aber nicht möglich, wenn nur der bis zum Übertragungszeitpunkt erdiente Teil der Versorgung übertragbar wäre. Das Unternehmen bliebe aus dem erdienbaren Teil verpflichtet, insoweit bestünde die Versorgung fort. Für jenen Teil wäre im Übertragungsjahr und in den Folgejahren doch noch eine Pensionsrückstellung zu bilden. Das Unternehmen könnte nicht, wie es § 4e Abs 3 S 1 EStG will, die vollständige Versorgungsanwartschaft auf den Pensionsfonds übertragen und damit die Bilanz um die volle Pensionsrückstellung kürzen (s Rn 41).

 

Rn. 56d

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Bislang ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob das Unternehmen nur die erdiente Versorgungsanwartschaft oder die gesamte Versorgungsanwartschaft nach den Regeln des § 4e Abs 3 EStG auf den Pensionsfonds gegen Zahlung eines Einmalbeitrags übertragen darf. Auch um Streit zu vermeiden, beugen sich die Unternehmen häufig der Auffassung der FinVerw und übertragen nur den erdienten Teil der Versorgungsanwartschaft auf den Pensionsfonds (s Rn 56c). Sie bilden dann die Pensionsrückstellung für den verbliebenen Teil der Versorgungsanwartschaft oder aber versuchen ihn durch eine Unterstützungskassenzusage...

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