A. Zuständiges FA (§ 42e S 1–4 EStG)

1. Sachlich und funktionell zuständiges FA

 

Rn. 36

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Sachlich und funktionell zuständig für Anfragen sämtlicher Beteiligter ist gemäß § 42e S 1 EStG das Betriebsstätten-FA des ArbG iSv § 41 Abs 2 EStG. Nach § 41 Abs 2 S 1 EStG ist die Betriebsstätte der Betrieb oder Teil des Betriebs des ArbG, in dem der für die Durchführung des LSt-Abzugs maßgebende Arbeitslohn ermittelt wird. Nach BMF vom 12.12.2017, BStBl I 2017, 1656 Tz 5 ist im Fall einer Lohnzahlung durch einen Dritten, bei der der Dritte die Pflichten des ArbG trägt, das Betriebsstätten-FA des Dritten zuständig. Dies gilt auch dann, wenn der Dritte die dem ArbN in demselben Lohnzahlungszeitraum aus mehreren Dienstverhältnissen zufließenden Arbeitslöhne zusammenfasst.

Für die Erteilung der Anrufungsauskunft sind die zur Vertretung des FA in LSt-Angelegenheiten berechtigten Beamten zuständig (vgl BFH vom 11.08.1967, VI R 67/66, BStBl III 1967, 685). Das sind idR der Vorsteher und der Sachgebietsleiter bzw der zuständige Sachbearbeiter, jedoch nicht der LSt-Außenprüfer, BFH vom 18.10.1957, VI 168/56 U, BStBl III 1958, 16. Da es nach dem Wortlaut des § 42e EStG jedoch nur darauf ankommt, dass das – zuständige – Betriebsstätten-FA die Auskunft erteilt, wird dieses durch die erteilte Anrufungsauskunft gebunden; ob der handelnde Beamte behördenintern zuständig war, ist unerheblich, Heuermann in Brandis/Heuermann, § 42e EStG Rz 22 (Mai 2022); Bleschick in H/H/R, § 42e EStG Rz 10 (Dezember 2020).

2. Örtlich zuständiges FA

 

Rn. 37

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Sind für einen ArbG mehrere Betriebsstätten-Finanzämter zuständig, so erteilt das FA die Auskunft, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung (§ 10 AO) des ArbG im Inland befindet. Geschäftsleitung ist der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung (§ 10 AO), hierfür kommt es allein auf den für die Geschäftsführung maßgebenden Willen an, BFH vom 05.11.2014, IV R 30/11, BStBl II 2015, 601. Deshalb kann es sein, dass sich am Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung keine Betriebsstätte iSv § 41 Abs 2 EStG befindet. In diesem Fall ist das FA, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befindet, kein Betriebsstätten-FA. Nach § 42e S 1 EStG wird die Auskunft jedoch (ausschließlich) durch ein Betriebsstätten-FA erteilt. Deshalb bestimmt § 42e S 3 EStG, dass in diesem Fall das Betriebsstätten-FA zuständig ist, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte mit den meisten ArbN, gezählt nach Köpfen, befindet, Heuermann in Brandis/Heuermann, § 42e EStG Rz 20 (Mai 2022). Auf die Höhe der Lohnsumme kommt es nicht an.

In den Fällen, in denen eine Betriebsstättenfiktion gemäß § 41 Abs 2 S 2 oder S 3 EStG eingreift, ergibt sich das örtlich zuständige FA aufgrund der fingierten Betriebsstätte.

Verfügt ein ArbG über mehrere Betriebsstätten, muss er gemäß § 42 S 4 EStG in seinem Auskunftsbegehren sämtliche Betriebsstätten-Finanzämter, das FA der Geschäftsleitung und erforderlichenfalls – also im Falle des § 42e S 3 EStG – die Betriebstätte mit den meisten ArbN angeben sowie erklären, für welche Betriebsstätten die Auskunft von Bedeutung ist.

B. Verwaltungsinterne Abstimmungspflichten

 

Rn. 38

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Aus BMF vom 12.12.2017, BStBl I 2017, 1656 Tz 3, 4, 5 ergeben sich für das zuständige Betriebsstätten-FA vor Erteilung der Auskunft verwaltungsinterne Abstimmungspflichten. Hat ein ArbG mehrere Betriebsstätten und handelt es sich um einen Fall von einigem Gewicht, hat das zuständige Betriebsstätten-FA seine Auskunft mit den anderen Betriebsstätten-Finanzämtern abzustimmen, soweit die Auskunft auch für die anderen Betriebsstätten von Bedeutung ist.

Bei Anrufungsauskünften grundsätzlicher Art informiert das zuständige Betriebsstätten-FA die übrigen betroffenen Finanzämter (BMF vom 12.12.2017, BStBl I 2017, 1656 Tz 3.).

 

Rn. 39

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Ferner ergeben sich aus BMF vom 12.12.2017, BStBl I 2017, 1656 Tz 4 Abstimmungspflichten für den Fall, dass mehrere ArbG unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst sind (Konzernunternehmen). In diesem Fall bleiben für den einzelnen ArbG

für die Erteilung der Anrufungsauskunft zuständig. Betrifft die Anrufungsauskunft einen Fall von einigem Gewicht und ist erkennbar, dass die Auskunft auch für andere ArbG des Konzerns von Bedeutung ist oder bereits Entscheidungen anderer FA vorliegen, ist – insbesondere auf Antrag des Auskunftsersuchenden – die zu erteilende Auskunft mit den übrigen betroffenen Finanzämtern abzustimmen

Das weitere Abstimmungsverfahren ergibt sich aus BMF vom 12.12.2017, BStBl I 2017, 1656 Tz 4.

 

Rn. 40

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Erfolgt die Auskunftserteilung durch ein unzuständiges FA, findet § 127 AO Anwendung, da es sich bei der Auskunftserteilung um einen gebundenen VA handelt (ausführlich dazu s Rn 42, 43), Heuermann in Brandis/Heuermann, § 42e EStG Rz 22 (Mai 2022). Die erteilte Anrufungsauskunft ist wegen der Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zwar rechtswidrig, jedoch wirksam, Bleschick in H/H/R, § 42e EStG Rz 10 (Dezember 202...

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