Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anerkennung durchlaufender Gelder und eines Auslagenersatzes setzt grundsätzlich Einzelabrechnung voraus.

Aus einer Lohnsteueraußenprüfung können für die Zukunft Folgerungen nur unter den Bedingungen gezogen werden, wie sie auch für eine Lohnsteueranrufungsauskunft gelten.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) betreibt eine Mehl-, Zucker- und Kolonialwarengroßhandlung. Er zahlt an drei angestellte Reisende monatliche Pauschbeträge von 90 DM bzw. 75 DM, mit denen die bei Kundenbesuchen im Interesse des Betriebes gemachten Aufwendungen für Getränke und Rauchwaren abgegolten werden sollen. Er ist der Auffassung, daß es sich um "durchlaufende Gelder" handelt und hat sich demgemäß nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen.

Das Finanzamt sah die Pauschbeträge entsprechend den in der Lohnsteueraußenprüfung vom 5. Juli 1955 getroffenen Feststellungen als Arbeitslohn an und machte den Bf. für die Jahre 1952 bis 1955 unter Anerkennung eines steuerfreien Betrags von 1,50 DM je Arbeitstag wegen der nicht einbehaltenen Lohnsteuer haftbar. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wehrt sich der Bf. gegen die Haftbarmachung. Er steht nach wie vor auf dem Standpunkt, daß es sich um durchlaufende Gelder handle. Außerdem ist er der Auffassung, daß seine Heranziehung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar sei. Weil bereits im Jahre 1952 eine Lohnsteueraußenprüfung durchgeführt und in dieser sein auch schon damals geübtes Verfahren nicht beanstandet worden sei, habe er von der Zulässigkeit seines Verfahrens ausgehen können. Daß er die Pauschbeträge nicht über das Lohnkonto gebucht habe und der Prüfer auf den Sachverhalt erst in der Prüfung vom 5. Juli 1955 gestoßen sei, könne sich nicht zu seinem Nachteil auswirken, weil er von seinem Standpunkt aus die Beträge als durchlaufende Gelder nicht habe über das Lohnkonto zu verbuchen brauchen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Es kann dahingestellt bleiben, wann im einzelnen durchlaufende Gelder oder Auslagenersatz vorliegen. Selbst wenn die Bevorschussung oder der Ersatz von Aufwendungen eines Reisenden für das Anbieten von Getränken und Rauchwaren im Namen der Firma unter jene Begriffe fiele, ist dies dann nicht der Fall, wenn über die Aufwendungen nicht abgerechnet zu werden braucht, also nur eine Pauschabgeltung erfolgt (vgl. die bereits vom Finanzamt angeführte Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 134/36 vom 29. Juli 1936, Reichssteuerblatt - RStBl - 1936 S. 987). Es würde dem Sinn des Lohnsteuerabzugs, der im Rahmen des Möglichen insbesondere auf Klarheit und Einfachheit der Handhabung gerichtet ist, widersprechen, wollte man die Frage, inwieweit durchlaufende Gelder oder Auslagenersatz vorliegen, allein der Absprache der Beteiligten überlassen, ohne an der Höhe der jeweils tatsächlichen (nachzuweisenden) Aufwendungen eine von selbst eingreifende Kontrolle zu haben. Für eine Fortentwicklung der Rechtsprechung, wie sie der Bf. für erforderlich hält, besteht kein Anlaß. Die Behandlung von Pauschbeträgen entspricht, wie bereits ausgeführt, dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Sie wird auch den Belangen der Beteiligten gerecht, weil diese es in der Hand haben, Unzuträglichkeiten zu vermeiden, indem sie entweder nur die tatsächlichen Aufwendungen zugrunde legen und entsprechend den nachgewiesenen Aufwendungen abrechnen oder aber die Zurechnung zum Arbeitslohn in Kauf nehmen und die Eintragung eines den Aufwendungen (= Werbungskosten) entsprechenden steuerfreien Betrags beantragen. Daß für den Ersatz des Mehraufwands für Verpflegung auf Reisen eine Pauschalabgeltung zugelassen ist, beruht auf einer Ausnahmeregelung, die sich aus der Erwägung rechtfertigt, daß Aufwendungen dieser Art und in solcher Höhe bei einer Reise in aller Regel tatsächlich entstehen. Gerade diese allgemein geltende Voraussetzung aber entfällt, wo der Pauschabgeltung nur eine betriebliche Erfahrung zugrunde liegt, mag diese nun zutreffen oder nicht. Daß den Reisenden des Bf. tatsächlich Werbungskosten erwachsen sind, ist von den Vorinstanzen durch Anerkennung eines Betrags von 1,50 DM pro Arbeitstag berücksichtigt worden. Ob dieser Betrag angemessen ist, ist eine Frage tatsächlicher Würdigung, deren Nachprüfung dem Bundesfinanzhof grundsätzlich verwehrt ist. Der Betrag mag niedrig erscheinen. Er hält sich aber im Rahmen des Möglichen. Jedenfalls konnte das Finanzgericht zu ihm kommen. Daß es zu ihm kommen mußte, ist nicht erforderlich.

Die Heranziehung des Bf. verstößt auch nicht wider Treu und Glauben. Die Heranziehung erstreckt sich nicht auf eine Zeit, die bereits Gegenstand einer Lohnsteueraußenprüfung gewesen ist. Die Lohnsteueraußenprüfung im Jahr 1952 erstreckte sich auf einen vorhergehenden Zeitraum. In der Prüfung der Vergangenheit liegt auch der Zweck solcher Prüfungen. Ob aus einer Lohnsteueraußenprüfung für die Zukunft Folgerungen der vom Bf. geltend gemachten Art hergeleitet werden können, kann hier dahingestellt bleiben. Wenn überhaupt, so wäre das ähnlich wie im Fall einer Anrufungsauskunft (vgl. § 56 der Lohnsteuer- Durchführungsverordnung) nur dort möglich, wo das Finanzamt die von dem Betriebsprüfer zu einem bestimmten Sachverhalt oder einer bestimmten Frage niedergelegten Ausführungen unbeanstandet hingenommen hat (vgl. dazu auch die in "Der Betrieb" 1957 S. 737 veröffentlichte Entscheidung des Bundesfinanzhofs VI 22/56 vom 3. Mai 1957). Die Lohnsteueraußenprüfung im Jahr 1952 hat aber zu dem hier strittigen Sachverhalt der Zahlung von Pauschbeträgen keine Stellung genommen. Ob dies darauf zurückzuführen ist, daß der Bf. die Pauschbeträge pflichtwidrig nicht über das Lohnkonto buchte, oder darauf, daß der Prüfer damals die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht genau genug durchsah, braucht hier nicht geprüft zu werden. Die von dem Bf. zu seinen Gunsten gezogenen Folgerungen könnten aus einem Sorgfaltsmangel des Prüfers, wenn überhaupt, nur dann gezogen werden, wenn die Beträge auf dem Lohnkonto verbucht gewesen wären, der Prüfer ihre Zahlung also ohne weiteres hätte erkennen können und müssen. Die von dem Bf. vertretene Auffassung würde bedeuten, daß der pflichtwidrig handelnde Steuerpflichtige es darauf, ob der Prüfer diesen oder jenen Sachverhalt erkennt, ankommen lassen könnte, um gegebenenfalls von jeder Haftung überhaupt frei zu sein. Wer sich als Arbeitgeber für die Erfüllung seiner Einbehaltungs- und Abführungspflicht auf die Anerkennung eines bestimmten Sachverhalts durch das Finanzamt berufen will, muß den Sachverhalt zur ausdrücklichen Prüfung vorlegen. Ist dies - bewußt oder unbewußt - nicht geschehen, so bleibt es bei dem Grundsatz, daß die steuerlichen Folgen so gezogen werden müssen, wie es dem Sachverhalt entspricht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408898

BStBl III 1958, 16

BFHE 1958, 40

BFHE 66, 40

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