Rn. 440

Stand: EL 80 – ET: 08

Abgrenzung: Bei der auflösenden Bedingung tritt die vereinbarte Rechtswirkung sofort ein, der Fortbestand der Rechtswirkung ist gemäß § 158 Abs 2 BGB von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig. Tritt die Bedingung ein, endet das Rechtsgeschäft; in diesem Zeitpunkt (ex nunc) tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Das auflösend bedingte Rechtsgeschäft ist wirksam bis zum Bedingungseintritt. Ein Schwebezustand bezieht sich (lediglich) auf den ungewissen Fortbestand des Rechtsgeschäfts.

 

Beispiel Veräußerung unter auflösender Bedingung:

  • Veräußerung eines Grundstücks unter der auflösenden Bedingung, dass innerhalb von zwei Jahren die Bebauung des Grundstücks zulässig wird; kann nicht bebaut werden, ist nach Ablauf von zwei Jahren der frühere Rechtszustand wieder herzustellen;
  • Veräußerung eines technischen Geräts unter der auflösenden Bedingung, dass der Hersteller innerhalb von sechs Monaten ein Nachfolgegerät auf den Markt bringt;
  • Veräußerung an den Ehegatten mit Scheidungsklausel, die bestimmt, dass der erwerbende Ehegatte das WG im Scheidungsfall zurückzuübertragen hat.
 

Rn. 440a

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Zurechnungswechsel: Das Rechtsgeschäft ist (bis zu einem etwaigen Bedingungseintritt) voll wirksam. Bzgl des Zurechnungswechsels bestehen bei echter auflösender Bedingung, deren Eintritt ungewiss ist, keine Besonderheiten, die Zurechnung wechselt nach allgemeinen Grundsätzen wie in Fällen unbedingter Veräußerung (s Rn 421ff). Der Erwerber wird zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer, der Veräußerer als Nichteigentümer ist nicht mehr in der Lage, den Erwerber von der Einwirkung auf das WG für dessen gewöhnliche Nutzungsdauer auszuschließen. Ua für den Fall der auflösenden Bedingung der Scheidung hat die Rspr dies bestätigt (BFH vom 04.02.1998, XI R 35/97, BStBl II 1998, 542 (zu Gebäuden); FG SchlH vom 06.01.20024, 3 V 147/03, EFG 2005, 80 (zu Kommanditanteil)).

Tritt die auflösende Bedingung ein und der frühere Rechtszustand ist wiederherzustellen, findet erneut ein Zurechnungswechsel statt (vgl auch BFH vom 17.06.1998, XI R 55/97, BFH/NV 1999, 9: neues Ereignis). Ist dagegen der Bedingungseintritt a priori sicher (unechte auflösende Bedingung), dh, es ist sicher, dass der Veräußerer das nämliche (nicht lediglich gattungsgleiche) WG zurückerlangt, wird der Erwerber zwar temporär zivilrechtlicher Eigentümer, aber er erlangt abhängig von den konkreten Umständen des Falls kein wirtschaftliches Eigentum. Bei einer rechtlichen/faktischen Rückgabeverpflichtung des Erwerbers ist der Veräußerer weiterhin in der Lage, den Erwerber von der Einwirkung auf das WG für dessen Nutzungsdauer auszuschließen, ihm allein kommen Wertsteigerungen zugute, er hat Wertminderungen zu tragen; im Ergebnis wird hier lediglich eine Leihe verdeckt.

 

Rn. 440b

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Gewinnrealisation: Die Vereinbarung einer echten auflösenden Bedingung, deren Eintritt ungewiss ist, hindert die Gewinnrealisation nicht (BFH vom 14.03.1986, III R 179/82, BStBl II 1986, 669; vgl auch BFH vom 17.12.1998, IV R 21/97, BStBl II 2000, 116 sowie OFD Münster vom 12.06.1989, StEK EStG § 4 GewVerw Nr 57; ADS, § 246 HGB Rz 54 (6. Aufl 1998); Krumm in Brandis/Heuermann, § 5 EStG Rz 940b, 940f (Mai 2023)). Infolge Erfüllung der Leistungspflicht entsteht die Forderung trotz bestehender (echter) auflösender Bedingung, Gewinnrealisation tritt damit ein. Es gelten die allgemeinen Grundsätze. Der Gewinn ist mit dem erfolgten Übergang der Preisgefahr realisiert; dieser richtet sich im Grundfall nach § 446 BGB (s Rn 421), im Fall des Versendungskaufs nach § 447 BGB (s Rn 423a), im Fall der Verbrauchsgüterkaufs nach 474 BGB (s Rn 424a).

Dem Risiko der Rückgewähr ist bei gegebener Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts durch eine (Verbindlichkeits-)Rückstellung Rechnung zu tragen. Dies ändert an der Gewinnrealisation dem Grunde nach nichts, wirkt im Ergebnis aber gewinnkompensierend. Auflösend bedingte Ansprüche ziehen ausnahmsweise keine Gewinnrealisation nach sich, wenn ein Bedingungseintritt a priori sicher ist (unechte auflösende Bedingung). Ist sicher, dass die formal entstandene Forderung keinen Bestand hat und das nämliche WG an den Veräußerer zurückgehen wird, verhindert das Vorsichtsprinzip den Gewinnausweis (vgl auch Krumm in Brandis/Heuermann, § 5 EStG Rz 940b (Mai 2023) ohne Einschränkung auf nämliche WG). Parallel erfolgt in diesem Fall auch kein Zurechnungswechsel, der der Gewinnrealisation allerdings grundsätzlich vorausgehen muss (s Rn 420).

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