Schrifttum:

Ludwig Schmidt, Unternehmerische Rechnungslegung, FS Goerdeler, 1987, 93;

Hartung, Die Sozialplanrückstellung als Bsp für die Bilanzierung und Bewertung eines Einzelrisikos, BB 1988, 1421, 1423f;

Clemm, Jahresbilanzen – Ein Gemisch von Wahrheit und Dichtung?, DStR 1990, 780;

Clemm, FS Ludwig Schmidt 1993, 177;

Hoffmann, Das abschließende Beurteilungsvermögen des Abschlussprüfers und der Bestätigungsvermerk, BB 1994, 1743;

Hoffmann, Wertaufhellung – Das Bilanzierungsproblem schlechthin, BB 1996, 1157;

Herzig, Zum Prinzip der Wertaufhellung, in Herlinghaus/Hirte/Hüttemann, Festschrift Wienand Meilicke, 2010, 179;

Weber-Grellet, Grundfragen und Zukunft der Gewinnermittlung, DB 2010, 2298;

Marx, Der Wesentlichkeitsgrundsatz in der steuerrechtlichen Gewinnermittlung, FR 2011, 267;

Atilgan, Die Folgen der Missachtung des Wertaufhellungsprinzips gemäß § 252 Abs 1 Nr 4 HGB, NWB 2017, 520;

Ballwieser, Fragwürdige Bilanzen – 1948, heute und in Zukunft?, DB 2018, 1;

Weber-Grellet, 100 Jahre Bilanzrechtsprechung durch RFH und BFH, BB 2018, 2347;

Kahle, Zukunft der StB, in Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl 2018, Rz 3061ff.

1. Zukunftsbezug des "Vermögens"

 

Rn. 18

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

(Positives) Vermögen liegt ökonomisch vor, wenn aus einer Position künftig Ertragsüberschüsse erzielt werden können. Vermögen impliziert stets Erwartungswerte, ist zukunftsbezogen und folglich mit einem Prognoseproblem behaftet. Ob und wieviel die betreffenden Vermögenswerte in der Vergangenheit "gekostet" haben (AK/HK), ist für den "Wert" unerheblich. Ungewisse Verpflichtungen (negatives Vermögen), die Unsicherheiten dem Grunde und/oder der Höhe nach aufweisen, unterliegen ebenfalls einem Prognoseproblem. Der Zukunftsbezug wird insb im Fall der Drohverlustrückstellung (§ 249 Abs 1 S 1 HGB) deutlich. Aus der Zukunftsbestimmtheit des "Vermögens" und der begrenzten Prognosefähigkeit des Bilanzerstellers folgt zwingend der beschränkte Aussagegehalt einer auf Zukunftswerte abstellenden Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich jeglicher rechtlicher Provenienz.

Die steuerliche Gewinnermittlung ist mit dem AK-Prinzip, das die Erfolgsneutralität von Anschaffungs- und Herstellungsvorgängen gewährleistet, sowie dem Realisationsprinzip absichert, allerdings in wesentlichen Bereichen vergangenheitsorientiert ausgestaltet. Unsicherheiten bzgl der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des AV zurechenbaren HK u der ebenso schwer objektivierbaren Folgebewertung nebst Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Nutzungsdauer werden steuerlich mit der sofortigen Aufwandswirksamkeit (§ 5 Abs 2 EStG) vollständig ausgeblendet. Der aktivisch grundsätzlich gegebene Vergangenheitsbezug (Ausnahme zB Zeitwertbewertung gem § 6 Abs 1 Nr 2b EStG) ist wesentlicher Eckpfeiler einer objektivierten steuerlichen Gewinnermittlung. Auf der Passivseite verhindert insb das strenge steuerliche Stichtagsprinzip bei der Bewertung von Rückstellungen (§ 6 Abs 1 Nr 3a Buchst f EStG) mit dem untersagten Einbezug künftiger Preis- u Kostensteigerungen die Berücksichtigung wesentlicher zukunftsbezogener Bewertungselemente, das Passivierungsverbot für Drohverlustrückstellungen (§ 5 Abs 4a S 1 EStG) vermeidet jeglichen Zukunftsbezug.

 

Rn. 19–20

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

vorläufig frei

2. Ermessensspielräume, Schätzerfordernisse

 

Rn. 21

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Die Objektivierbarkeit der Gewinnermittlung findet ihre Grenze, insoweit Ermessens- u Schätzspielräume bestehen, die auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen ausgefüllt werden müssen. Diese bestehen sowohl auf der Ansatz- als auch insb auf der Bewertungsebene.

 
Praxis-Beispiel

Bilanzierungsfall einer ‹Krisen-GmbH›:

Momentaufnahme vor Bilanzierungsentscheidung:

 
  Mio EUR
Umsatz (mit massiven Umsatzeinbrüchen in Ostasien) 100
Eigenkapital 12
nicht gesicherte Kundenforderung an China-Importeur in Zahlungsverzug 16
Schadensersatzforderung eines Kunden im Vorderen Orient wegen mangelhafter Lieferung 5
Behördliche Aufforderung zur Beseitigung einer Bodenkontamination Kosten unbekannt
   

Im JA der "Krisen-GmbH" schlagen sich diese Sachverhalte (potenziell) wie folgt nieder:

 
 

gewählte u testierte Bilanzierung

Mio EUR

alternativ denkbare Bilanzierung im Schätzspielraum

Mio EUR

Worst-case-Szenario

Mio EUR
Jahresfehlbetrag vorläufig (ohne Berücksichtigung bezeichneter Vorfälle) - 5 - 5 - 5
Abschreibung Forderung - 3 - 10 - 16
Rückstellung für Schadensersatz - 1 - 3 - 5
Rückstellung für Bodenverunreinigung - 3 - 7 - 16
Jahresfehlbetrag - 12 - 25 - 42
Eigenkapital 01.01. 12 12 12
Eigenkapital 31.12. 0 - 13 - 30

Fraglich ist, welche Bilanzierung "richtig" ist, welche weist den "vollen Gewinn" aus?

Das Worst-case-Szenario ist als übervorsichtig jedenfalls nicht "richtig". Die Antwort kann dann nur lauten, jede, die nach vernünftiger kfm Beurteilung zu einem Jahresfehlbetrag > – 42 Mio EUR führt.

 

Rn. 22

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Als Ergebnis einer Ermessensausübung u notwendigen Schätzung – nicht eines Wahlrechts – wird eine mehr o minder vorsichtige Gewinnermittlung der Besteuerung zugrunde g...

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