Rn. 425

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Abgrenzung: Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in den Verzug der Annahme, wenn er die geschuldete und ihm ordnungsgemäß tatsächlich angebotene Leistung (§ 294 BGB) nicht annimmt oder eine zur Erfüllung erforderliche Mitwirkungshandlung unterlässt (Ernst in Münchener Kommentar BGB, § 293 BGB Rz 1 (9. Aufl 2022)). Der Annahmeverzug setzt also das Angebot an den Gläubiger, eine ordnungsgemäße Leistung des Schuldners (§ 294 BGB), eine Abnahmepflicht und die Nichtannahme und durch den Gläubiger voraus. Die Beweislast für den Annahmeverzug legt beim Schuldner, er muss insbesondere den Nachweis führen, dass er die Leistung angeboten und der Gläubiger diese nicht angenommen hat.

 

Rn. 425a

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Gefahrenübergang: Im Fall der Leistungsstörung des Kaufvertrages durch Annahmeverzug des Käufers geht nach gesetzlicher Anordnung des § 446 S 3 iVm S 1 BGB ungeachtet der ausstehenden Übergabe (§ 929 BGB) die Preisgefahr bereits auf den Käufer über. § 446 S 3 BGB stellt den Annahmeverzug der Übergabe gleich. Mit gesetzlicher Gleichstellung von Annahmeverzug und Übergabe der Sache gebühren dem im Annahmeverzug befindlichen Käufer gemäß § 446 S 3 iVm S 2 BGB ebenso die Nutzungen der Sache, er hat ferner die Lasten zu tragen.

Gemäß § 326 Abs 2 S 1 BGB behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Gläubiger im Verzug der Annahme ist und der Gläubiger für diesen Umstand allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. Damit wird auch im Fall des Annahmeverzugs der Preisgefahrübergang durch gesetzliche Anordnung vorgezogen. Liegt im Fall des Versendungskaufs (§ 447 BGB) zugleich ein Annahmeverzug vor, geht die Preisgefahr bereits vor einem etwaigen Annahmeverzug mit Übergabe an den Transporteur über (s Rn 423a).

 

Rn. 425b

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Zurechnungswechsel: Im Fall des Annahmeverzugs ist das WG weiterhin dem Veräußerer zuzurechnen (Lüders, Der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung im Handels- und Steuerbilanzrecht, 83 (1987); Weber-Grellet in Schmidt, § 5 EStG Rz 609 (42. Aufl 2023)). Der im Annahmeverzug befindliche Nichteigentümer ist mangels Annahme des WG, dh in Ermangelung sowohl einer Eigentums- als auch einer Besitzposition (noch) nicht in der Lage, die Herrschaft über das WG in einer Weise auszuüben, die den Eigentümer von der weiteren Einwirkung auf das WG ausschließt. Dass der Gläubiger diesen Zustand mit der Annahme herbeiführen kann und sich bereits die Gefahr-/Lastenverteilung geändert hat, ändert nichts daran, dass ein Einwirkungsausschluss des Eigentümers bis zum Annahmezeitpunkt nicht vorliegt.

Der fehlende Einwirkungsausschluss wird bei Handelskäufen ua dadurch dokumentiert, dass der Verkäufer hier im Fall des Annahmeverzugs nach Maßgabe des § 373 HGB berechtigt ist, die Sache (mit Differenzausgleichsverpflichtung des Käufers) weiter zu verkaufen oder versteigern zu lassen (Selbsthilfeverkauf). Bei dennoch erfolgender Ausbuchung des WG beim Veräußerer bereits mit Übergang der Preisgefahr ist davon auszugehen, dass das WG nirgends bilanziert wird; der Gläubiger wird dies mangels Annahme(willen) zu Recht nicht tun.

 

Rn. 425c

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Gewinnrealisation: Mit ordnungsgemäß angebotener Leistung, aber fehlender Annahme, hat der Schuldner seine Leistungspflicht erfüllt, die Preisgefahr geht über, der Anspruch auf die Gegenleistung ist entstanden und "so gut wie sicher"; der Veräußerer behält den Anspruch auf die Gegenleistung (Kaufpreisforderung) auch im Fall des nachfolgenden, von ihm nicht zu vertretenden Untergangs der Sache (§ 326 Abs 2 S 1 BGB). Mit Übergang der Preisgefahr ist Gewinnrealisation eingetreten (Lüders, Der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung im Handels- und Steuerbilanzrecht, 83 (1987); Weber-Grellet in Schmidt, § 5 EStG Rz 609 (42. Aufl 2023); Reddig in Kirchhof/Seer, § 5 EStG Rz 210a (22. Aufl 2023)). Damit fallen in beiden Fällen des gesetzlich angeordneten vorzeitigen Übergangs der Preisgefahr (Versendungskauf und Annahmeverzug) Gewinnrealisation und Zurechnungswechsel auseinander. Lediglich beim strittigem Annahmeverzug und damit strittigem Übergang der Preisgefahr kommt eine Gewinnrealisation aus Vorsichtsgründen nicht in Betracht (BFH vom 29.04.1978, I R 192/82, BStBl II 1987, 797; Crezelius, FS Döllerer, 87 (1988); Marx, StuB 2016, 329; Werndl in K/S/M, § 6 EStG Rz A 84 (Februar 2023)).

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