Schrifttum:

Ciric, Grundsätze ordnungsmäßiger Wertaufhellung, 1995;

Hoffmann, Die Wertaufhellung, das Bilanzierungsproblem schlechthin, BB 1996, 1157;

Engel-Ciric, Die Interpretation des Abschlussstichtagsprinzips in der höchstrichterlichen Rspr, DStR 1996, 1298;

Moxter, Unterschiede im Wertaufhellungsverständnis zwischen den handelsrechtlichen GoB u den IAS/IFRS, BB 2003, 2559;

Drüen/Stiewe, Die Bilanzaufhellung im Spiegel der aktuellen Rspr, StuB 2004, 489;

Strahl, Bilanzsteuerrechtliche Relevanz des Stichtagsprinzips, FR 2005, 361;

Hüttemann, Stichtagsprinzip u Wertaufhellung, FS Priester 2007, 301;

Weber-Grellet, Unterschiede handels- u steuerrechtlicher Wertaufhellung, FS Reiß 2008, 483;

Moxter, Das Wertaufhellungsverständnis in der jüngeren höchstrichterlichen Rspr, DStR 2008, 469.

a) Gesetzesinhalt

 

Rn. 485

Stand: EL 80 – ET: 08/2008

In Ermangelung eines speziellen steuerlichen Regelungsbereiches richtet sich (auch) die steuerliche Bilanzierung nach den Gesetzesvorgaben in § 252 Abs 1 Nr 4 Hs 1 HGB bzw müsste sich daran ausrichten. Diese Gesetzespassage steht auch dem Wortlaut nach in Übereinstimmung mit Art 31 Abs 1c 4. EG-Richtlinie. Danach ist zwischen zwei Terminen zu unterscheiden: Dem Bilanzstichtag und dem Erstellungstag. Sofern die (gleich anzusprechenden) Fakten sich zwischen diesen beiden Terminen ergeben, müssen sie bei der Bilanzierung beachtet werden. "Fakten" in diesem Sinn stellen "namentlich … vorhersehbare Risiken und Verluste" dar. Der Gesetzeswortlaut ist also insofern imparitätisch ausgerichtet, Gewinnerwartungen ("Chancen") sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Inhaltlich unterscheidet das Gesetz zwischen "Fakten" die bis zum Bilanzstichtag "entstanden" sind, also zu diesem Zeitpunkt bestehen (objektiver Tatbestand), aber möglicherweise erst später "bekannt geworden sind" (subjektiver Tatbestand).

Dieses Bilanzierungssujet steht in langer Tradition der deutschen Bilanzierungswelt. Bereits 1919 hatte der RFH zu diesem Thema geurteilt (RFH v 31.10.1919, RFHE I 1919, 272). IRd sich seither entwickelnden Rspr und dem dazugehörigen Schrifttum ist die genannte imparitätische Gesetzesvorgabe eher unbeachtet geblieben. Das hat sich auch nach dem Erlass des BiRiLiG im Jahr 1985 nicht mehr geändert. Diese Konzeption kann sich mit einiger Mühe, allerdings nicht zwingend, auf das "Namentlich" im Gesetzeswortlaut stützen, den imparitätischen Gesetzeswortlaut also nur beispielhaft interpretieren.

b) Der ökonomische Gehalt

 

Rn. 486

Stand: EL 80 – ET: 08/2008

Das hier angesprochene Bilanzierungsproblem hat seinen ökonomischen Grund in dem physikalischen Phänomen der Zeit und dem menschlichen Phänomen der Unsicherheit oder besser Unkenntnis über künftige Entwicklungen. Diese Unsicherheit über die Zukunft wird indes unentwegt durch die Gegenwart eingeholt, dh das unsichere Ereignis tritt ein oder der Kenntnisstand über einen bestimmten Zustand – zB Preisentwicklung für Rohmaterial, Zahlungsfähigkeit des Schuldners – wächst im Zeitverlauf (Hoffmann in Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg), Haufe IFRS-Praxis-Kommentar 6. Aufl. 2008, § 4 Rz 2). Andererseits muss die buchmäßige Erfassung von Geschäftsvorfällen irgendwann einmal – täglich, vierteljährlich, jährlich – angehalten werden, wenn das Ergebnis der Geschäftstätigkeit ermittelt werden soll. Eine solche zeitliche Grenzmarke ist auch in anderen Lebensbereichen üblich, wenn nicht zwingend:

- Die Steuererhebung endet mit dem Kj.
- Der Anspruch auf Altersrente endet mit dem Kalendermonat, dh im Todesfall am 31.03. endet der Rentenanspruch im März, im Todesfall am 01.04. dagegen erst im April.
- Der Anspruch auf Kindergeld wird bis zum Ende des Monats bezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen.

Dem Stichtagsprinzip haftet deshalb immer die Eigenschaft der Willkürlichkeit an. Werden zB börsengängige Aktien vererbt, wird deren Wert am Todestag des Erblassers bewertet, auch wenn der Kurs später im Zahlungszeitpunkt der Erbschaftsteuerschuld höher oder niedriger ist.

Auch bei der Bilanzierung – besser: bei der kaufmännischen Rechnungslegung gleich welcher Provenienz – kann sich diese Stichtagsaufnahme eines bestimmten Sachverhaltes (zB der Wert eines Aktienportefeuilles) sofort wieder anders darstellen, die Zeit läuft auch "buchhalterisch" weiter. Was gestern, am Bilanzstichtag, richtig war, ist möglicherweise einige Tage später falsch – wohlgemerkt: möglicherweise, aber nicht zwingend.

c) Rspr u Rechtslehre

ca) Wertaufhellung u Wertbegründung

 

Rn. 487

Stand: EL 80 – ET: 08/2008

Zur Erläuterung folgende Sachverhaltsalternativen:

 

Beispiele:

- Der bis zum Bilanzstichtag zunehmend schleppend zahlende Kunde mit sich aufbauendem Forderungsbestand geht kurz nach dem Bilanzstichtag in die Insolvenz.
- Derselbe Kunde gewinnt kurz nach dem Bilanzstichtag im Lotto und zahlt prompt die gesamten überfälligen Forderungsbeträge (entnommen der Begründung des BFH BStBl II 1973, 485).

Diese beiden Sachverhaltsalternativen exemplifizieren die traditionelle BFH-Rspr und die sich daran orientierende Rechtslehre zur logischen Vereinbarung des Stichtags- mit dem Erstellungstermin, die begrifflich unter ...

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