Rn. 151

Stand: EL 142 – ET: 04/2020

Ein zivilrechtlicher Nichteigentümer ist wirtschaftlicher Eigentümer, das betreffende WG ihm damit zuzurechnen, wenn er nach dem Inhalt der getroffenen Abrede(n) die mit dem jeweiligen WG verbundenen wesentlichen Rechte, soweit sie wirtschaftlich von Wert und damit zurechnungsrelevant sind, ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann und damit in der Lage ist, den Eigentümer von der Einwirkung auf das betreffende WG auszuschließen (zB zu Anteilen an KapGes (BFH v 06.10.2009, IX R 14/08, BStBl II 2010, 460; BFH v 24.01.2012, IX R 51/10, BStBl II 2012, 308). Die Anwendung des § 39 Abs 2 Nr 1 AO ist (ebenso die Anwendung des § 246 Abs 1 S 2 HGB) demgemäß "auf die Art des jeweils betroffenen WG abzustimmen" (BFH v 26.01.2011, VIII R 14/10, BFH/NV, 1512), so dass wirtschaftliches Eigentum abhängig von der Art des WG unterschiedlich ausgeprägt ist. Das zivilrechtliche Eigentum iSd § 39 Abs 1 AO muss aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen derart stark ausgehöhlt sein, dass der Eigentümer die tatsächliche Sachherrschaft über das jeweils betroffene WG und damit die zivilrechtliche Rechtsposition wirtschaftlich ihre Substanz und Werthaltigkeit (weitestgehend) verliert.

Zur bilanziellen Bewältigung dieses Problemkomplexes fordert die Rspr

(1) eine wirtschaftsgut- (und ggf transaktions-) spezifische Konkretisierung von – tatrichterlich abhängig vom Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall zu gewichtenden – Kriterien für den Übergang wirtschaftlichen Eigentums und
(2) die Bildung von Fallgruppen und eine hieran ausgerichtete wertende Zurechnung (BFH v 27.11.1996, X R 92/92, BStBl II 1998, 97 (zu Gebäuden auf fremdem Grund und Boden); BFH v 28.07.1999, X R 38/98, BStBl II 2002, 653 (zu Vorbehaltsnießbrauch an Grundstück); BFH v 14.05.2002, VIII R 30/98, BStBl II 2002, 741 (zu Gebäuden auf fremdem Grund und Boden); BFH v 20.11.2003, III R 4/02, BStBl II 2004, 305 (zu Betriebsvorrichtungen); BFH v 24.06.2004, III R 50/01, BStBl II 2005, 80 (zum Zuwendungsnießbrauch an Grundstücken); BFH v 24.06.2004, III R 42/02, BFH/NV 2015, 164 (zum Wohnungsrecht); BFH v 25.07.2012, I R 101/10, BStBl II 2013, 165 (zu Bodenschätzen); BFH v 13.10.2016, IV R 33/13, BStBl II 2018, 81 (zu Sale-and-lease-back Gestaltungen mit beweglichen WG); BFH v 05.07.2018, VI R 67/15, BStBl II 2018, 798 (zu Sondernutzungsrecht).

Die erforderliche Fallgruppenbildung hat insb zu berücksichtigen:

  • die Art des WG,
  • die mit dem jeweiligen WG verbundenen, wertbestimmenden (Herrschafts-)Befugnisse,
  • die WG-spezifische Gewichtung der wertbestimmenden (Herrschafts-)Befugnisse,
  • die tatsächlichen Umstände des konkreten Falls.

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