a) Tatbestandsmerkmale

 

Rn. 57

Stand: EL 164 – ET: 04/2023

§ 34 Abs 2 Nr 1 EStG verweist auf die §§ 14, 14a Abs 1 EStG, §§ 16 und 18 Abs 3 EStG.

Es handelt sich um eine Rechtsgrundverweisung (vgl Sieker in K/S/M, § 34 EStG Rz B 18 (November 2016)), dh, die Begünstigung nach § 34 EStG setzt voraus, dass die jeweiligen Veräußerungstatbestände erfüllt sind.

Die Tatbestandsmerkmale der Einzelvorschriften sind durch (jahrelange) Rspr in der Weise festgelegt, dass – bei deren Vorliegen – auf eine Prüfung der Außerordentlichkeit iRd § 34 EStG verzichtet werden kann, vgl Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 39 (August 2019).

Nach der Rspr des BFH liegt eine Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes vor, wenn bei entgeltlicher Übertragung

  • alle wesentlichen Betriebsgrundlagen (s § 16 neu Rn 155–168 (Schacht); dabei richtet sich der Begriff "wesentliche Betriebsgrundlagen" nach den Grundsätzen der Rspr zur Betriebsaufspaltung, vgl BFH v 10.11.2005, BStBl II 2006,176); vgl auch FG He v 13.04.2011, BB 2012, 2942 (bestätigt BFH v 05.02.2014, X R 22/12, BStBl II 2014, 388): Der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage ist im Sinne einer kombiniert funktional-quantitativen Betrachtungsweise auszulegen. Danach gehören zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen sowohl WG, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung besitzen, als auch solche, die zwar funktional für den Betrieb nicht erforderlich sind, aber erhebliche stille Reserven enthalten)
  • in einem einheitlichen Vorgang (s § 16 neu Rn 169–170 (Schacht))
  • auf einen Erwerber (s § 16 neu Rn 169 (Schacht)) übergehen und wenn
  • die bisher in diesem Betrieb entfaltete Tätigkeit endet (s § 16 neu Rn 171–173 (Schacht)). Nach BFH v 21.08.2018, BFH/NV 2019, 66 setzt die tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis voraus, dass der StPfl die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen.

Der Betrieb muss aber mit der Möglichkeit der Betriebsfortführung auf den Erwerber übergehen, s § 16 neu Rn 153 (Schacht).

Von zentraler Bedeutung für die Gewährung der Steuerermäßigung ist, dass sämtliche in den wesentlichen Betriebsgrundlagen enthaltenen stillen Reserven in einem einheitlichen Vorgang in einem VZ aufgelöst werden, vgl BFH v 17.12.2014, BStBl II 2015, 536 mwN zur Rspr (die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG v 23.08.2017, 2 BvR 504/15, nv). Die Zurückbehaltung von WG (auch wenn es sich um gewillkürtes BV handelt) mit erheblichen stillen Reserven ist für die Anwendung des § 34 EStG schädlich, vgl BFH v 05.02.2014, BStBl II 2014, 388.

b) Veräußerungen gegen wiederkehrende Bezüge

 

Rn. 58

Stand: EL 164 – ET: 04/2023

Bei Veräußerung eines ganzen Betriebes (nach hM auch Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil, 100 %ige Beteiligung an einer KapGes, s § 16 neu Rn 525) hat der StPfl ein Wahlrecht zwischen der nach §§ 16 und 34 EStG begünstigten sofortigen Besteuerung und der (nicht begünstigten) nachträglichen Versteuerung als Einkünfte gemäß § 15 EStG iVm § 24 Nr 2 EStG.

Das Wahlrecht ist eine Billigkeitsregelung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung, vgl BFH v 26.04.2018, BFH/NV 2018, 948; FG D'dorf v 25.08.2005, EFG 2005, 1862 rkr.

Das Wahlrecht gilt für Leibrenten (vgl R 16 Abs 11 S 1 EStR 2012), für Kaufpreisraten, wenn die Raten während eines mehr als 10 Jahre dauernden Zeitraums zu zahlen sind und aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen eindeutig die Versorgungsabsicht des Veräußerers vorliegt (vgl H 16 Abs 11 EStH 2021 "Ratenzahlungen"); allerdings zweifelhaft nach FG D'dorf v 25.08.2005, EFG 2005, 1862 rkr; für Sofortversteuerung: Wacker in Schmidt, § 16 EStG, Rz 246 (41. Aufl) und Schallmoser in Brandis/Heuermann, § 16 EStG, Rz 307 (Mai 2022).

Das Wahlrecht gilt auch für Zeitrenten mit einer langen, nicht mehr überschaubaren Laufzeit (zB BFH BFH/NV 1989, 630: 25 Jahre), wenn – zumindest als Nebenzweck – der Versorgungscharakter vorliegt, vgl H 16 Abs 11 EStH 2021 "Zeitrente".

Zeitrenten von mehr als 10 Jahren Laufzeit ohne Versorgungscharakter sind nicht begünstigt, ebenso Kaufpreisraten bis zu 10 Jahren Laufzeit (vgl BMF v 03.08.2004, BStBl I 2004, 1187). Bei Wahl der Sofortversteuerung ist als Veräußerungsgewinn der nach den Vorschriften des BewG ermittelte Barwert (R 16 Abs 11 S 10 EStR 2012: Zinssatz 5,5 %, wenn nicht ein anderer Satz vereinbart ist), gekürzt um die Veräußerungskosten und den Buchwert des Kapitalkontos anzusetzen.

Zur Ermittlung bei Kaufpreisraten vgl H 16 Abs 11 EStH 2021 "Ratenzahlungen".

Bei Vereinbarung gewinn- oder umsatzabhängiger Zahlungen im Wege sog Earn-Out-Klauseln ist nach Ansicht des FG RP v 30.03.2021, EFG 2021, 1199, nrkr, nicht auf den Veräußerungszeitpunkt abzustellen, sondern ausnahmsweise auf die Realisation des Veräußerungs-(teil-)entgelts im Zuflusszeitpu...

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