1. Die Schaffung des § 32b EStG durch das EStRG 1974

 

Rn. 1

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Das ESt-ReformG 1974 (EStRG 1974 v 05.08.1974, BGBl I 1974, 1769) schuf erstmals "aus Gründen der Rechtssicherheit" (vgl BMF v 29.11.1984, BStBl I 1984, 946) in § 32b EStG ab VZ 1975 eine gesetzliche Grundlage für die schon bisher geübte Praxis der FinVerw, ausländische Einkünfte dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen (vgl BT-Drucks 7/2180, 20; Hellwig, DStZ 1996, 385). Steuerfreie Lohn- und Einkommensersatzleistungen bezog der Gesetzgeber erst ab VZ 1982 nach und nach (s Rn 2) in den Progressionsvorbehalt ein.

 

Rn. 1a

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Dissars in Frotscher/Geurts, § 32b EStG Rz 2 kritisiert den Begriff "Progressionsvorbehalt" und schlägt stattdessen die Bezeichnung "Steuersatzvorbehalt" vor.

2. Hinweis auf Österreich

 

Rn. 1b

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Auch das österreichische EStG (EStG 1988 v 07.07.1988, BGBl Nr 400/1988) kennt den Progressionsvorbehalt, und zwar

  • in seinem § 3 Abs 2 für bestimmte staatliche Leistungen, zB Arbeitslosengeld, die Überbrückungshilfe für Bundesbedienstete, bestimmte Bezüge der Soldaten und der Zivildiener,
  • in seinem § 33 Abs 11 zur Anwendung des DBA-Progressionsvorbehalts.

3. Die Rechtsentwicklung seit 2000

 

Rn. 2

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Überblick über die Änderungen des § 32b EStG seit 2000 (davorliegende Änderungen der Vorschrift werden aus Aktualitätsgründen nicht mehr dargestellt):

  • SeuchenrechtsneuordnungsG (v 20.07.2000, BGBl I 2000, 1045): § 32b Abs 1 Nr 1 Buchst e EStG verweist ab VZ 2001 auf das InfektionsschutzG.
  • SteuersenkungsG (StSenkG v 23.10.2000, BGBl I 2000, 1433): Erfassung der außerordentlichen Einkünfte gemäß § 32b Abs 2 Nr 2 EStG ab VZ 2001 mit einem Fünftel (früher: keine Erfassung).
  • SteueränderungsG 2001 (StÄndG 2001 v 20.12.2001, BGBl I 2001, 3794): bezog in § 32b Abs 1 Nr 1 Buchst a EStG aE noch Leistungen nach § 10 SGB III, die dem Lebensunterhalt dienen, in den Progressionsvorbehalt mit ein.
  • 5. G zur Änderung des Steuerbeamten-AusbildungsG und zur Änderung von SteuerG (v 23.07.2002, BGBl I 2002, 2715): Änderung der Verweisung in § 32b Abs 1 Nr 3 EStG nunmehr auf § 50 Abs 5 S 2 Nr 2 EStG.
  • Zweites G für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (v 23.12.2002, BGBl I 2003, 4621): Einbeziehung in § 32b Abs 1 Nr 1 Buchst a EStG der Zuschüsse zum Arbeitsentgelt in den Progressionsvorbehalt.
  • G zur Förderung von Kleinunternehmern und zur Verbesserung der Unternehmensfinanzierung (KleinunternehmerförderungsG v 31.07.2003, BGBl I 2003, 1550): Herausnahme des Überbrückungsgeldes (§ 57 SGB III) und der aus den Landesmitteln ergänzten Leistungen aus dem Europäischen Sozialfonds zur Aufstockung des Überbrückungsgeldes nach SGB III oder AFG aus dem Progressionsvorbehalt.
  • Zweites G zur Änderung steuerlicher Vorschriften (StÄndG 2003 v 15.12.2003, BGBl I 2003, 2645): mit Anfügung einer Regelung über die Zurechnung des Insolvenzgeldes, das nach § 188 SGB III einem Dritten zusteht; Entfall der Worte "mit Ausnahme des Insolvenzgeldes" in § 32b Abs 3 S 1 (Bescheinigungspflicht der Sozialversicherungsträger) wegen Neuschaffung des § 32b Abs 4 EStG; Einfügung eines § 32b Abs 4 EStG für die Datenübermittlung zwischen der Bundesagentur für Arbeit an die "amtlich bestimmte Übermittlungsstelle".
  • Gesetz zur Einführung des Elterngeldes (v 05.12.2006, BGBl I 2006, 2748): Streichung des Wortes "oder" in § 32b Abs 1 Nr 1 Buchst i EStG und Einbeziehung des Elterngeldes in den Progressionsvorbehalt durch Schaffung eines neuen § 32b Abs 1 Nr 1 Buchst j EStG (Art 2 Abs 6 Nr 2 des G) ab 01.01.2007 (Art 3 Abs 1 des G).
  • JahressteuerG 2007 (JStG 2007 v 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878): kein Progressionsvorbehalt für Einkünfte, die nach sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen steuerfrei sind und nach diesem Übereinkommen nicht unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der ESt-Berechnung stehen (§ 32b Abs 1 Nr 2 EStG); Erweiterung des Progressionsvorbehalts durch die Nr 4 und 5 des § 32b Abs 1 EStG; redaktionelle Folgeänderung in § 32b Abs 2 S 1 Nr 2 EStG: Berücksichtigung des ArbN-Pauschbetrages und übersteigender WK bei der Berechnung des Progressionsvorbehalts in § 32b Abs 2 S 2 EStG ab VZ 2007 (Art 1 Nr 19, Art 20 Abs 6 JStG 2007).
  • JahressteuerG 2008 (JStG 2008 v 20.12.2007, BGBl I 2007, 3150): Einfügung "der RVO" in § 32b Abs 1 Nr 1b EStG; Aufhebung des § 32b Abs 1 Nr 1 Buchst i EStG (Vorruhestandsgeld); in § 32b Abs 1 Nr 5 EStG Aufhebung des Satzteils "wenn deren Summe positiv ist"; Neufassung des § 32b Abs 3 EStG; Aufhebung des § 32b Abs 4 EStG (Art 1 Nr 11) mit Anwendungsregelung in § 52 Abs 43a EStG.
  • JahressteuerG 2009 (JStG 2009 v 19.12.2008, BGBl I 2008, 2794): Verweisanpassungen in § 32b Abs 1 S 1 EStG und in § 32b Abs 1 Nr 5 EStG auf nunmehr § 50 Abs 2 S 2 Nr 4 EStG (ab VZ 2009, Art 39 Abs 8 JStG 2009); Ausnahmen vom positiven und negativen Progressionsvorbehalt in § 32b Abs 1 Nr 3 S 2ff EStG aus europarechtlichen Gründen, nämlich der erforderlichen Neuregelung des § 2a EStG (Art 1 Nr 15, Art 39 Abs 5 JStG 2009, ab VZ 2008).
  • G zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt (v 20.12.2011, BGB...

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