Rn. 97

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

§ 24 Nr 2 Hs 2 EStG bestimmt zusätzlich, dass nachträgliche Einkünfte iSd Bestimmung auch dann vorliegen, wenn sie dem StPfl als Rechtsnachfolger zufließen. Insoweit kommt der Vorschrift konstitutive Bedeutung zu. Dem Rechtsnachfolger wird die Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale der Einkünfteerzielung durch den Rechtsvorgänger im Wege einer Tatbestandsverklammerung zugerechnet und damit eine Besteuerungslücke geschlossen (BFH vom 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl II 2008, 608; Wacker in Schmidt, § 24 EStG Rz 51mwN (42. Aufl)).

Die frühere Rspr, wonach aus der Zurechnung der Besteuerungsmerkmale des Erblassers auf den Erben durch § 24 Nr 2 EStG ein Argument für die Vererblichkeit von Verlusten im Steuerrecht hergeleitet wurde, hat der BFH aufgegeben (s Rn 68).

 

Rn. 98

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Für die sachliche StPfl und die Einkunftsart sind die Verhältnisse beim Rechtsvorgänger maßgeblich. So gelten etwa die für den Rechtsvorgänger geltenden Steuerbefreiungen und Tarifermäßigungen auch für den Rechtsnachfolger (Mellinghoff in Kirchhof, § 24 EStG Rz 45 (22. Aufl); Ferstl in Frotscher/Geurts, § 24 EStG Rz 108 (April 2023)). Die Einkunftsart ändert sich nicht, wenn der wirtschaftliche Zusammenhang damit nicht – etwa durch eindeutige Entnahmehandlungen – gelöst wird. So führen etwa Zahlungen eines Verlags an den Erben eines Autors bei diesem zu nachträglichen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit (BFH vom 27.11.1992, IV B 109/91, BFH/NV 1993, 293). Dies gilt auch für Verwertungsrechte der GEMA oder der VG-Wort (BFH vom 02.03.1995, IV R 62/93, BStBl II 1995, 413) sowie die Übertragung von Verwertungsrechten eines Künstlers durch den Erben (FG D'dorf vom 26.09.2013, 13 K 472/12 E, EFG 2014, 266; aA FG Köln vom 24.06.2015, 14 K 1130/13, EFG 2015, 1923: nur dann, wenn lediglich im Sinne einer gespaltenen Tatbestandsverwirklichung der Zufluss beim Erben erfolgt; s auch FG Ha vom 29.04.2022, 6 K 81/21, EFG 2022, 1279: eigene Verwertung der Erbin durch Abschluss eines Vergleichs zur Entschädigung der Verletzung von Urheberrechten eines verstorbenen Architekten).

Die Mitunternehmerstellung richtet sich nach den Verhältnissen des Rechtsvorgängers (s § 15 Abs 1 S 2 EStG; BFH vom 06.03.2014, IV R 14/11, BStBl II 2014, 624). Im Erbfall wird das BV nicht zwangsweise notwendiges PV des Erben. Dieser kann vielmehr zwischen einer (kurzfristigen) Betriebsaufgabe oder einer (längerfristigen) Betriebsabwicklung wählen (BFH vom 15.11.2006, XI R 6/06, BFH/NV 2007, 436).

Der Grundsatz der Beibehaltung der Einkunftsart wird durchbrochen, wenn der Rechtsnachfolger wegen seiner Rechtsform – als KapGes oder gewerblich geprägte PersGes – nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen kann (§ 8 Abs 2 KStG, § 15 Abs 3 Nr 2 EStG). Hinsichtlich der persönlichen Freibeträge und Freigrenzen sowie des Steuersatzes kommt es auf die Verhältnisse beim Rechtsnachfolger an. Seine persönlichen Verhältnisse sind deshalb auch für den besonderen Steuersatz des § 32b Abs 2 EStG maßgebend, wenn nachträgliche Einkünfte dem Progressionsvorbehalt unterliegen.

 

Rn. 99

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§ 24 Nr 2 Hs 2 EStG ist gegenüber den allg Grundsätzen der Einkünftezurechnung und der Unbeachtlichkeit der Einkunftsverwendung subsidiär. Der StPfl kann sich nicht durch entgeltliche oder unentgeltliche Verfügungen unter Lebenden seiner StPfl entziehen. Deshalb ändert etwa die Abtretung von Forderungen aus der Einkünfteerzielung unter Lebenden nichts an der Zurechnung der Einkünfte. Dies stellt eine insoweit unbeachtliche Verwendung von zugeflossenen Einkünften dar. Die Einkünfte aus einer Erfindertätigkeit sind somit auch dann dem Erfinder zuzurechnen, wenn er seiner Ehefrau daran ein eigenes Forderungsrecht einräumt (BFH vom 18.10.1989, I R 126/88, BStBl II 1990, 377).

Einkünfte fließen dem StPfl auch dann nicht als Rechtsnachfolger iSv § 24 Nr 2 EStG zu, wenn sie ihm originär zuzurechnen sind. Dies ist der Fall, wenn der StPfl den Tatbestand der Einkünfteerzielung in seiner Person vollständig verwirklicht. Bsp dafür sind etwa

  • die Fortführung eines geerbten Gewerbebetriebs,
  • die weitere Überlassung geerbten Kapitals oder
  • die weitere Vermietung eines übertragenen Grundstücks.

In solchen Fällen kann es auch zu einem Wechsel der Einkunftsart kommen. Führt eine teilweise aus Berufsfremden bestehende Erbengemeinschaft ein freiberuflich tätiges Ingenieurbüro weiter, so bewirkt dies die Umqualifizierung in einen Gewerbebetrieb (BFH vom 14.12.1993, VIII R 13/93, BStBl II 1994, 922; aA FG Köln vom 24.06.2015, 14 K 1130/13, EFG 2015, 1923: bereits dann, wenn nicht lediglich im Sinne einer gespaltenen Tatbestandsverwirklichung der Zufluss beim Erben erfolgt, sondern etwa Verwertungshandlungen vorgenommen werden).

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