Rn. 1211

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Nach § 20 Abs 2 S 1 EStG gehört zu den Einkünften aus KapVerm auch stets der Gewinn aus der Veräußerung der Kapitalanlage. Lediglich in § 20 Abs 2 Nr 3 Buchst a EStG wird bei einem Termingeschäft neben der Veräußerung (§ 20 Abs 2 Nr 3 Buchst b EStG) an den Differenzausgleich bzw an den erlangten Geldbetrag oder Vorteil sowie in § 20 Abs 2 Nr 8 EStG bei einer die Einnahmen iSd § 20 Abs 1 Nr 9 EStG vermittelnden Rechtsposition an die Übertragung oder Aufgabe angeknüpft.

a) Zu den Einkünften aus KapVerm gehören auch … (§ 20 Abs 2 S 1 EStG)

 

Rn. 1212

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Der Einleitungssatz, wonach zu den Einkünften aus KapVerm "auch" Veräußerungsgewinne von Kapitalanlagen zählen, ist nicht als eine Subsidiarität zu verstehen. Die Unterscheidung zwischen laufenden Erträgen nach § 20 Abs 1 EStG und Veräußerungsgewinnen nach § 20 Abs 2 EStG hat keine materiell-rechtlichen Auswirkungen. In beiden Fällen unterliegen die Kapitaleinkünfte dem besonderen Steuersatz des § 32d Abs 1 EStG oder der tariflichen ESt – in den Fällen des § 32d Abs 2 Nr 1 EStG. Unterschiede können sich allenfalls iRd Steuererhebung (Steuerabzugsverpflichteter, Abstandsnahme vom KapSt-Abzug) oder der beschränkten StPfl (Fall des § 49 Abs 1 Nr 5 Buchst c o d EStG) ergeben (s Buge in H/H/R, § 20 EStG, Rz 421 (Oktober 2019)).

 

Rn. 1213–1214

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

vorläufig frei

b) Veräußerung

 

Rn. 1215

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

§ 20 Abs 2 S 1 EStG knüpft im Wesentlichen an eine Veräußerung der Kapitalanlage an. Darüber hinaus wird die Veräußerung durch die in § 20 Abs 2 S 2–5 EStG genannten Ersatztatbestände erweitert, s Rn 1393ff. Hierdurch soll eine umfassende steuerliche Erfassung von Wertsteigerungen in Zusammenhang von Übertragungen von Kapitalanlagen erreicht und so steuervermeidende Gestaltungen vermieden werden (s BT-Drucks 16/4841, 54 und 56).

 

Rn. 1216

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Unter Veräußerung versteht der BFH die entgeltliche Übertragung des – zumindest wirtschaftlichen – Eigentums auf einen Dritten (BFH v 03.12.2019, VIII R 34/16, BStBl II 2020, 836 mwN). Die Veräußerung ist als spiegelbildlicher Vorgang zur Anschaffung die entgeltliche Übertragung eines WG auf einen Dritten.

Die Erfüllung des Tatbestandes der Veräußerung ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig (dazu BFH v 29.09.2020 VIII R 9/17, BStBl II 2021, 385 zu Veräußerungen von Aktien).

Veräußerung ist – wie die Anschaffung – bereits das obligatorische Geschäft, wobei es nur relevant ist, wenn es dinglich vollzogen wird. Es genügt, dass tatsächlich eine Situation vorliegt, die wirtschaftlich einer Veräußerung gleichzustellen ist und das Ergebnis des obligatorischen Veräußerungsgeschäftes bei wirtschaftlicher Betrachtung vorwegnimmt.

 

Rn. 1217

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Grds setzt ein Veräußerungsgeschäft keinen rechtsgeschäftlichen Handlungswillen voraus. Die Beweggründe für eine Anschaffung oder Veräußerung sind nicht maßgeblich. So kann die Veräußerung auch unter Zwang (zB Versteigerung, Pfandveräußerung, Notlage) erfolgen.

Bei wirtschaftlicher Betrachtung kann in folgenden Fällen eine Veräußerung vorliegen:

ba) Gesellschaftsrechtliche Vorgänge

 

Rn. 1218

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Gesellschaftsrechtliche Vorgänge können tauschähnliche Vorgänge sein, wenn zB in eine PersGes WG oder BV gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht.

Dagegen stellt die Einlage von WG oder BV ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten (zB in Rücklagen) keine Veräußerung dar (dazu BFH v 24.01.2008, IV R 37/06, BStBl II 2011, 617).

bb) Tausch

 

Rn. 1219

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Der Tausch von Wertpapieren gegen andere Wertpapiere stellt grundsätzlich eine stpfl Veräußerung dar, soweit nicht die weiteren Voraussetzungen des § 20 Abs 4a S 1ff EStG oder des UmwStG vorliegen.

In folgenden Fällen ist hingegen kein stpfl Tausch anzunehmen (s BMF v 19.05.2022, BStBl I 2022, 742 [Einzelfragen zur AbgSt] Tz 67ff):

  • Umwandlung von Vorzugs- in Stammaktien oder von Inhaber- in Namensaktien (und umgekehrt),
  • rein wertpapiertechnische bedingte Umtauschvorgänge, zB Umtausch gegen ISIN- (International Securities Indentification Number) -Änderung oder Urkundentausch,
  • Umbuchung von ADR und GDR (American und Global oder International Depositary Receipts – ausgestellte handelbare Aktienzertifikate bei hinterlegten Aktien) in die dahinter sehenden Aktien.

bc) Übertragung wertloser Anteile ohne Gegenleistung

 

Rn. 1220

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Eine entgeltliche Anteilsübertragung gemäß § 20 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG liegt auch dann vor, wenn wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen fremden Dritten übertragen werden (BFH v 29.09.2020, VIII R 9/17; BFH v 12.06.2018, VIII R 32/16, BStBl II 2019, 221 Rz 14).

bd) Zwangsversteigerung und Insolvenz

 

Rn. 1221

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Auch die Übertragung im Wege der Zwangsversteigerung (BFH v 10.12.1969, I R 43/67, BStBl II 1979, 310) oder auf der Grundlage eines (ausländischen) Insolvenzplans (BFH v 12.05.2015, IX R 57/13, BFH/NV 2015, 1364 Rz 15) ist als eine Veräußerung zu sehen.

 

Rn. 1222

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

vorläufig frei

 

Rn. 1223

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Keine Veräußerungen sind dagegen zB

  • Zerst...

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