Rn. 87

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Planmäßige Erfindertätigkeit ist nach st Rspr des BFH wissenschaftlicher Natur, wenn sie mit wissenschaftlicher Methode dergestalt ausgeübt wird, dass ihr Ergebnis – angestrebt oder erreicht – als Frucht einer angestrengten geistigen Arbeit mit den Merkmalen einer Forschungstätigkeit angesehen werden kann (BFH BStBl III 1967, 310; BStBl II 1976, 666; 1977, 76; 1978, 545; 1985, 424; BFH/NV 2011, 1147; BVerfG StEd 2005, 383; 2006, 498). Erfindertätigkeit im Rahmen eines Katalogberufs gehört zu dieser Tätigkeit (BFH BStBl II 1985, 424; 1990, 377). Erfindungen, die sich aufgrund handwerklicher Fertigkeiten und Erfahrungen ergeben, werden kaum als wissenschaftlich anzuerkennen sein. Ob die Tätigkeit sodann gewerblich ist oder (wie das FG im Fall BFH BStBl III 1967, 310 annahm) unter § 18 Abs 1 Nr 3 EStG fällt, ist zweifelhaft, mE liegt gewerbliche Tätigkeit vor.

Davon abgesehen kann die Erfindertätigkeit von vornherein gewerblicher Natur sein, wenn ein Zusammenhang mit einem Gewerbebetrieb im Hinblick auf Anregung zur Erfindung und ihre Entwicklung besteht und die Erfindung – zumindest auch – dem Gewerbebetrieb dienen soll (BFH BStBl II 1970, 319; BFH/NV 1988, 737; 2011, 1147).

Die Verwertung einer wissenschaftlichen Erfindertätigkeit durch Lizenzvergabe oder Übertragung nach Art eines Verkaufs gehört zur freiberuflichen Tätigkeit (BFH BStBl II 1977, 76; 1990, 377). Sie kann freilich im Einzelfall auch gewerblich sein, wenn der Erfinder die Produktion und Veräußerung des Gegenstands der Erfindung selbst durchführt (BFH BStBl II 1995, 776; BFH/NV 2009, 758) oder die zur Erreichung der Patentreife notwendigen Arbeiten anderen Personen überlässt und deswegen Eigenverantwortlichkeit fehlt (vgl BFH BStBl II 1970, 317; 1994, 89; BFH/NV 1992, 143). Letzteres gilt auch für den Fall, dass ein freier Erfinder seine Patente und nicht patentierten Erfindungen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung einer von ihm beherrschten KapGes überlässt (BFH BStBl II 1978, 545; vgl auch BFH BStBl II 1980, 356; 1999, 281; BFH/NV 2011, 1147 sowie Irmler, BB 1980, 468).

Freiberuflich sind die Einkünfte aus Lizenzvertrag jedoch dann, wenn die Erfindung im eigenen Gewerbebetrieb genutzt werden soll, aber weiterhin BV nach § 18 EStG bleibt (BFH BStBl II 2001, 798). Veräußert ein selbstständiger Erfinder seine Ansprüche aus einem Lizenzvertrag gegen eine Leibrente, fallen die Einkünfte aus der Leibrente nicht unter § 22 Nr 1 EStG, sondern als nachträgliche Einkünfte aus seiner Erfindertätigkeit unter § 18 Abs 1 EStG (BFH BStBl II 1990, 377).

 

Rn. 88

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Hiervon zu trennen ist die sog Zufallserfindung. Der Begriff (unbehelflich nach Marx/Kilincsoy, DB 2017, 2313) bezeichnet Ideen, die ohne weitere Ausarbeitung verwertungsreif sind (BFH BStBl II 1970, 306; 1998, 567), aber auch solche Erfindungen, die ohne Verwertungsreife nach dem GebrMG angemeldet (und veräußert) werden (FG Münster EFG 2011, 1877). Die Zufallserfindung beruht demnach nicht auf wissenschaftlicher Tätigkeit (aA Rössler, NSt Freie Berufe Darst 1, 19). Ihre Nutzbarmachung – in welcher Form auch immer – rechnet daher nicht zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit, zumal der Tätigkeit als gelegentliche das Merkmal der Nachhaltigkeit fehlt (vgl BFH BStBl II 2004, 218; FG Ha EFG 2006, 661 rkr; FG RP DStRE 2008, 562).

Das Entgelt für die Veräußerung wird nach der bisherigen Rspr den Einkünften aus sonstigen Leistungen nach § 22 Nr 3 EStG zugerechnet (vgl BFH BStBl II 1998, 567 mwN). Nach neuerer Rspr erfolgt auch keine Besteuerung nach § 22 Nr 3 EStG iVm § 23 Nr 2 EStG, da dies eine Anschaffung der veräußerten WG voraussetzt (BFH BStBl II 2000, 614); aber auch nicht nach § 22 Nr 3 EStG, da Veräußerungen im privaten Bereich nicht unter die Vorschrift fallen (BFH BStBl II 2004, 218; FG Münster EFG 2011, 1877).

Allerdings ist nicht jede auf einer "Blitzidee" beruhende Erfindung eine Zufallserfindung. Bedarf es weiterer Tätigkeiten, um die Erfindung bis zur Verwertungsreife zu fördern, liegt eine planmäßige und nicht nur gelegentliche Erfindertätigkeit vor (BFH BStBl II 1970, 306; 1998, 567; 2004, 218; BFH/NV 2003, 1311; 2003, 1406). Anschaulich FG D'dorf EFG 2017, 288 (Rev III R 11/16 erledigt durch Löschung in den Registern), wo der StPfl – ohne dass das FG dies noch gewürdigt hätte – selbst vortrug, seine "Eingebung im Morgengrauen" habe noch der experimentellen Bestätigung bedurft.

Die Zufallserfindung kommt – steuerrechtlich betrachtet – daher kaum vor (gegen den Begriff und für das Abstellen auf das Gegensatzpaar "nachhaltig" und "gelegentlich" Zugmaier, FR 1998, 946; gegen die Annahme stpfl Einkünfte im "Rentner-Urt" BFH BStBl II 1998, 567; Jakob, DStZ 2000, 317 und List, DB 2004, 1172; 2006, 1291).

Die These von List, DB 2004, 1172, Tätigkeiten zur Entwicklung der Verwertungsreife seien einkommensteuerrechtlich "farblos" (hierzu BFH BStBl II 1970, 306), lässt die Ausführungen in den Urt BFH BStBl II 1998, 567; 2004, 218 außer Acht,...

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