Schrifttum:

Scharl, Zur eigenverantwortlichen Tätigkeit als Abgrenzungsmerkmal zwischen freiem Beruf und Gewerbe, StB 1989, 397;

Offerhaus, Freiberufler oder Gewerbetreibender, StBp 1990, 163;

App, Zur GewStPfl von Freiberuflerpraxen bei Erreichen einer bestimmten Größenordnung, KStZ 1990, 226;

Schaper/Neufang, Beschäftigung von Mitarbeitern durch Freiberufler, INF 1992, 154;

Frick/Spatschek, Werden die StB gewstpfl?, DB 1995, 239;

Korn, Probleme bei der ertragsteuerlichen Abgrenzung zwischen freier Berufstätigkeit und Gewerbe, DStR 1995, 1249;

Römermann, GewStPfl für die ärztliche Tätigkeit im Labor, BB 1996, 613;

Kempermann, Katalogberufler als Gewerbetreibende – Zur leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit, FR 1996, 514;

Lüdemann/Wildfeuer, Einkünftequalifizierung bei Laborarztpraxen, BB 2000, 589;

Römermann, Die Rspr zur GewStPfl für die ärztliche Tätigkeit im Labor seit 1995, BB 2000, 2394;

Brandt, Zur Abgrenzung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs 1 Nr 1 EStG, aus sonstiger selbstständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb, INF 2003, 57;

Kanzler, Der Stempel der Persönlichkeit – eine Metapher auf dem Weg zur Verselbstständigung, FR 2015, 619;

Urbach, Infektionswirkung bei Ingenieurtätigkeiten, BeSt 2017, 4;

Mertzbach, Notwendigkeit einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit oder Sicherstellung einer Mitunternehmerschaft zur Erhaltung von Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit, Stbg 2019, 295;

Apitz, Freiberufliche Tätigkeit – Risiko der Delegation von Tätigkeiten, EStB 2019, 498;

Geyer/Kratzenberger/Ullmann, Freiberufliche Einkünfte unter Mithilfe fachlich gebildeter Arbeitskräfte – Auslegung des Tatbestandsmerkmals der eigenverantwortlichen Tätigkeit, DStR 2019, 1285;

Hamminger, Aktuelles zur Abgrenzung freiberuflicher von gewerblicher Tätigkeit, NWB 2019, 3704.

1. Geschichtliche Entwicklung

a) Frühere Vervielfältigungslehre

 

Rn. 237

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Auf der Grundlage der Begründung zum EStG 1934 haben der RFH (RFH RStBl 1939, 577) und der BFH (BFH BStBl III 1952, 99; BStBl II 1988, 782 mit umfassenden Nachweisen) aus dem Erfordernis der persönlichen Arbeitsleistung des Berufsträgers (s Rn 63ff) zu nahezu sämtlichen in § 18 Abs 1 Nr 1 EStG aufgezählten Berufstätigkeiten die sog Vervielfältigungstheorie entwickelt. Diese beruht auf dem Gedanken, dass bei Beschäftigung von mehr als einem qualifizierten Mitarbeiter die Arbeitskraft des Berufsträgers teilweise ersetzt oder vervielfacht werde und dass deshalb von freier Berufstätigkeit iSd § 18 Abs 1 Nr 1 EStG nicht mehr gesprochen werden könne (BFH BStBl II 1984, 823; 1994, 936; 2002, 202). Nach der früheren Rspr (RFH RStBl 1939, 577; BFH BStBl III 1951, 197; 1952, 99; 1958, 34; 1969, 334) führte daher bereits die Mithilfe eines gleichartigen Mitarbeiters zur Gewerblichkeit der Einkünfte des Berufsträgers.

 

Rn. 238

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Die Vervielfältigungslehre stieß außerhalb der Rspr der Steuergerichte weithin auf Kritik; drohte doch die Gewerblichkeit, wenn die Gründe für die Privilegierung als freier Beruf nicht mehr vorlagen.

ME bestand die Kritik jedoch nicht zu Recht; denn Einsatz der eigenen Arbeitskraft bedeutet, dass der StPfl zumindest die qualifizierenden und qualifizierten Tätigkeiten selbst verrichtet Die Privilegierung der freien Berufe ist nur zu rechtfertigen, wenn und soweit sich das Gewinnstreben des Freiberuflers auf den auf persönlicher Qualifikation beruhenden persönlichen Arbeitseinsatz beschränkt, im Gegensatz zum Einsatz von Personal und Vermögen nach Art eines gewerblichen Betriebes. Freie Berufstätigkeit liegt nur dann vor, wenn der Berufsträger Personal und Vermögen nur als Hilfsmittel zur Berufsausübung einsetzt, zB der Arzt seine Röntgeneinrichtung, seine Klinik usw, der RA seine Fachbücherei (Einzelheiten s Rn 67ff). Die Vervielfältigungstheorie verträgt sich also gut mit dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des § 18 Abs 1 EStG.

b) Gesetzliche Regelung 1960

 

Rn. 239

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Die gesetzliche Neuregelung in § 18 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG 1960 durch das StÄndG 1960 (BGBl I 1960, 616) hat die Vervielfältigungstheorie im Kern zwar nicht aufgegeben, aber durch eine nachgiebige Abgrenzung (BFH BStBl II 1988, 782) auf ein Maß zurückgeführt, das weitgehend den Wünschen der Vertreter der freien Berufe entsprach. Sie sieht nunmehr vor, dass ein Freiberufler auch dann freiberuflich tätig ist, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient, vorausgesetzt er wird aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig.

Man nannte das: dem Wesen der freien Berufe entsprechend (vgl RegE BT-Drucks III/1811, 11, 12; Bericht des FinAussch des BT BT-Drucks III/1941, 4), ein Verbalismus, der methodisch ein Zirkelschluss ist und kein Sachargument für die Abkehr von der Vervielfältigungstheorie darstellt. Allerdings soll die Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter zahlenmäßig auf ein Maß beschränkt sein, das dem Berufsträger noch eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit offenlässt.

Der die Neuregelung auslösende Prüfungsauftrag des Deutschen BT v 20.08.1958 (vgl BT-Druc...

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