Rn. 963

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Schwierig zu beurteilen ist häufig die Frage, ob und wann die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang verwertet worden sind. Bei diesem Erfordernis handelt es sich um ein eigenständiges Merkmal der Betriebsaufgabe, das sowohl einen zeitlichen als auch einen inhaltlichen Aspekt betrifft.

aca) Zeitlicher Zusammenhang

 

Rn. 964

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

In zeitlicher Hinsicht verlangt die Rspr für die Begünstigung des Aufgabegewinns, dass – alle – wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer kurzen Zeit (s Rn 966) an einen oder mehrere Abnehmer veräußert oder ganz oder teilweise in das PV entnommen werden (BFH v 26.05.1993, X R 101/90, BStBl II 1993, 710). In inhaltlicher Hinsicht müssen sich diese Verwertungshandlungen als einheitliche Umsetzung eines Beschlusses darstellen, also vor dem Hintergrund der Beendigung des wirtschaftlichen Organismus erfolgen und – in Abgrenzung hierzu – keine bloß zufällige Verkettung mehrerer Verwertungshandlungen darstellen.

 

Rn. 965

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Eine Verteilung der Aufgabehandlungen auf mehrere Kausalgeschäfte ist in Abgrenzung zur Betriebsveräußerung (§ 16 Abs 1 EStG) typisch, es handelt sich insoweit um einen zeitlich und inhaltlich gestreckten Tatbestand (s auch Reiss in K/S/M, § 16 EStG Rz F9 (August 1992)). Eine Betriebsaufgabe läuft somit sukzessive ab (BFH v 26.05.1993, X R 101/90, BStBl II 1993, 710) und muss dennoch wirtschaftlich noch als einheitlicher Vorgang zu werten sein (Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 192 (39. Aufl)).

 

Rn. 966

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

In Bezug auf die Höchstdauer des Betriebsaufgabevorgangs enthält das Gesetz keine konkreten Restriktionen. Die Betriebsaufgabe vollziehst sich als tatsächlicher Vorgang von der Einstellung der werbenden Tätigkeit bis zur Verwertung der letzten wesentlichen Betriebsgrundlage (Stahl, KÖSDI 2006, 15 125; s Rn 971, 977). Anerkannt ist, dass sich die Betriebsaufgabe über mehr als einen VZ erstrecken kann (BFH v 16.09.1966, VI 118–119/65, BStBl III 1967, 70; FG D'dorf v 25.11.1998, 18 V 4606/97 A (F)) und dass die Aufgabe eines Betriebs einer gewissen Zeit bedarf (BFH v 16.09.1966, VI 118–119/65, BStBl III 1967, 70). Wenn also die zuzugestehende Frist sich auch immer an den Umständen des Einzelfalls zu orientieren hat (BFH v 22.10.2014, X R 28/11, BFH/NV 2015, 479), ist die Rspr doch bemüht, diese Frist nicht allzu sehr ausufern zu lassen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, ob die WG leicht oder schwer verkäuflich sind (BFH v 22.10.2014, X R 28/11, BFH/NV 2015, 479) und auch, ob der StPfl alles getan hat, um die Abwicklung des Betriebs möglichst schnell durchzuführen (BFH v 16.09.1966, VI 118–119/65, BStBl III 1967, 70).

 

Rn. 967

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Letzteres Kriterium ist aber mE nur bedingt tauglich, um eine Betriebsaufgabe abzulehnen oder zu bejahen. Es geht bei § 16 Abs 3 EStG nicht um ein Verschulden, sondern allein darum, die Folgen, die bei der geballten Aufdeckung stiller Reserven entstehen können, abzumildern. Zieht sich der Abwicklungsvorgang länger hin, besteht diese Belastung nur noch eingeschränkt, so dass die Privilegierung nicht gewährt werden muss, unabhängig davon, ob der StPfl tatsächlich alle Anstrengungen unternommen oder hieran, zB aufgrund Krankheit, gehindert war. Sind WG schwer veräußerlich, so dürfte dies auch Einfluss auf den anzusetzenden gemeinen Wert haben, was wiederum die steuerlichen Folgen der Entnahme ins PV abmildert.

Als kurz wird idR ein Zeitraum angesehen, der noch innerhalb des 12-Monatszeitraums liegt. Die Rspr geht teilweise darüber hinaus, die Grenze dürfte aber im Regelfall unter 24 Monaten liegen. Die FinVerw sieht einen Zeitraum von 18 Monaten als Obergrenze an (BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Tz 15); eine solch strikte Grenze ist abzulehnen, in der Gestaltungsberatung allerdings zu berücksichtigen.

 

Rn. 968

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

In der Rspr sind folgende Zeiträume noch akzeptiert worden:

 

Rn. 969

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Einen einheitlichen Vorgang wegen zu langer Dauer verneinend:

Nach BFH v 12.04.1989, I R 105/85, BStBl II 1989, 653, soll eine Dauer von 25 Monaten die obere Grenze des ggf noch anzuerkennenden Aufgabezeitraums sein. Da sich in einem solchen Fall der Aufgabegewinn bereits auf 3 VZ verteilt (in Ausnahmefällen nach BFH v 12.12.2000, VIII R 10/99, BStBl II 2001, 282 noch zulässig), erscheint dies einerseits großzügig, wirft andererseits aber die Frage auf, warum dann nicht auch ein Zeitra...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge