Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1.Zur rechtssystematischen Bedeutung des § 16 EStG.

2.Die Aufgabe eines Betriebs oder Teilbetriebs im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG setzt voraus, daß die Abwicklung ein wirtschaftlich einheitlicher Vorgang ist.

3.Werden bei einer Betriebsaufgabe Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens mit der Absicht ins Privatvermögen überführt, sie bei sich bietender Gelegenheit zu verkaufen, so ist die spätere Veräußerung ein betrieblicher Abwicklungsvorgang. Dies gilt auch bei Gegenständen des Anlagevermögens, wenn zwischen der Entnahme und der Veräußerung ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht.

EStG §§ 2, 16, 34.

 

Normenkette

EStG § 2/3, §§ 16, 34 Abs. 2 Ziff. 1

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige (Stpfl.), eine KG, betrieb eine Brauerei, den Weinbau sowie den Weinhandel mit eigenen und zugekauften Weinen. Zu dem Weinbaubetrieb gehörten auch kleinere landwirtschaftliche Flächen, die verpachtet waren. In den Jahren 1960/61 stellte die Stpfl. den Weinbau und den Weinhandel ein; sie verkaufte die meisten Weinberge und landwirtschaftlichen Grundstücke - 32.949 qm in der Zeit vom 29. November 1960 bis 27. Februar 1961, 4.780 qm am 13. April 1961 sowie 9.410 qm am 14. Dezember 1961 - an verschiedene Abnehmer; die Restflächen von 26.707 qm und das unbedeutende tote Inventar überführten die beiden Gesellschafter am 14. Dezember 1961 in ihr Privatvermögen. Einen Teil der entnommenen Grundstücke (14.241 qm) versteigerten sie dann am 30. Dezember 1961 (Versteigerungserlös 17.880 DM); ein weiteres Grundstück (1.908 qm) verkauften sie im April 1962 für 57.540 DM; die restlichen Parzellen sind noch heute in ihrem Privatbesitz.

Die Stpfl. meint, der Weinbau und Weinhandel, den sie aufgegeben habe, sei ein selbständiger Teilbetrieb gewesen, so daß die Veräußerungsgewinne nach §§ 16 und 34 EStG tarifbegünstigt seien und nicht der Gewerbesteuer unterlägen.

Das Finanzamt (FA) behandelte die Veräußerungs- und Entnahmegewinne in den einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheiden (§ 215 AO) und in den Gewerbesteuer-Meßbescheiden 1960 und 1961 als laufende Gewinne.

Die Einsprüche und Berufungen hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) stellte durch Zwischenurteile fest, daß die Grundstücksveräußerungen und Entnahmen in der Zeit vom 29. November 1960 bis 14. Dezember 1961 den Tatbestand des § 16 EStG nicht erfüllten und führte aus, es könne dahingestellt bleiben, ob der Weinbau und Weinhandel ein selbständiger gewerblicher Teilbetrieb gewesen sei; denn jedenfalls hätte die Stpfl. diesen Teilbetrieb nicht im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG "aufgegeben". "Aufgabe" bedeute, daß die Wirtschaftsgüter des Betriebs mit dem Entschluß, das Geschäft nicht mehr fortzusetzen, in einem einheitlichen Vorgang entnommen oder in andere Hände überführt würden. Die Stpfl. habe jedoch den Weinbaubetrieb in den Jahren 1960 und 1961 nach und nach aufgelöst. Die Grundstücksveräußerungen Ende 1960 und Anfang 1961 seien auch keine normalen Geschäftsvorfälle gewesen mit der Folge, daß der Weinbaubetrieb erst am 14. Dezember 1961 aufgegeben worden sei. Die Gesellschafter hätten im übrigen auch nicht alle wesentlichen Anlagegüter veräußert oder ernstlich in ihr Privatvermögen überführt. Sie hätten vielmehr die Wirtschaftsgebäude des Weinbaubetriebs zu anderen gewerblichen Zwecken im Betriebsvermögen belassen und auch nicht unbedeutende Flächen mit der Absicht in ihr Privatvermögen überführt, sie möglichst bald weiterzuverkaufen.

Die Stpfl. rügt mit den Revisionen mangelnde Sachaufklärung und Verletzung von Bundesrecht. Sie ist der Ansicht, der Weinbau sei ein landwirtschaftlicher Betrieb, nicht ein Gewerbebetrieb gewesen, so daß der Gewinn aus den Veräußerungen und der Entnahme der Grundflächen nach § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG nicht einkommensteuerpflichtig sei. Im übrigen seien aber auch die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 EStG erfüllt; denn eine Betriebsaufgabe könne nur in gewissen Fristen abgewickelt werden. Sie habe alles versucht, um diese Frist möglichst kurz zu halten. Die eigentliche Aufgabe liege in der Zeit vom 29. November 1960 bis 27. Februar 1961, weil sie in diesen drei Monaten den wesentlichen Teil der Weinbauflächen veräußert habe. Die Verkäufe vom 13. April 1961 und 14. Dezember 1961 hätten sich hinausgezögert, weil der Käufer erst so spät ihr notarielles Kaufangebot vom 10. Dezember 1960 angenommen habe. Die restlichen Grundstücke seien auf Anraten ihres Steuerberaters am 14. Dezember 1961 in das Privatvermögen der Gesellschafter überführt worden, da ein freihändiger Verkauf dieser Parzellen gescheitert sei, weil die Weinbauern sie unter Preisdruck setzen wollten und da man, um die Steuervergünstigung der §§ 16 Abs. 3 und 34 EStG in Anspruch nehmen zu können, einen zu langen Abwicklungszeitraum habe vermeiden wollen. Eine Veräußerungsabsicht habe bei der Entnahme nicht mehr bestanden. Der Verkauf des Grundstücks im April 1962 beruhe auf einem nicht voraussehbaren Zufall. Das FA habe die Veräußerungsgewinne auch zu hoch festgesetzt. Es hätte die Weinberge nicht rückwirkend zum 21. Juni 1948 mit den Einheitswerten von 1935, sondern erst in die Bilanz von 1958 mit den Teilwerten einbuchen dürfen. Im übrigen seien die Gewinne 1960 und 1961 noch um die Rückstellungen der auf die Veräußerungsgewinne entfallenden Gewerbesteuer zu berichtigen.

Die Stpfl. beantragt, die Zwischenurteile aufzuheben und die Sachen an das FG zurückzuweisen.

Das FA beantragt, die Revisionen als unbegründet zurückzuweisen.

Der Senat hat durch Beschluß gemäß §§ 121, 73 FGO die Revisionen im Gewinnfeststellungsverfahren und im Gewerbesteuerverfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen sind begründet. Das FG hat es dahingestellt gelassen, ob Weinbau und Weinhandel ein selbständiger Teilbetrieb im Rahmen des Gesamtbetriebs gewesen sind. Denn nach seiner Ansicht erfüllen die Grundstücksverkäufe nicht den Tatbestand des § 16 Abs. 3 EStG, weil die Stpfl. den Teilbetrieb jedenfalls nicht im Sinne dieser Bestimmung "aufgegeben" habe.

Nach der Rechtsprechung setzt eine Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG voraus, daß der Unternehmer, der den Betrieb aufgeben will, die Wirtschaftsgüter des Betriebs im wesentlichen in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an einen oder mehrere Abnehmer veräußert oder in sein Privatvermögen überführt. Das gilt auch für die Aufgabe eines Teilbetriebs. Der BFH hat eine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG nicht anerkannt, wenn die Wirtschaftsgüter nach und nach im Wege der Liquidation an Dritte veräußert oder in das Privatvermögen überführt werden (vgl. z. B. die Urteiledes BFH I 294/56 U vom 10. September 1957, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 65 S. 468 - BFH 65, 468 -, BStBl III 1957, 414; I 197/61 S vom 6. Februar 1962, BFH 74, 506, BStBl III 1962, 190; IV 210/62 S vom 7. November 1963, BFH 78, 172, BStBl III 1964, 70; IV 40/62 U vom 20. August 1964, BFH 80, 83, BStBl III 1964, 504; IV 102/64 U vom 28. Oktober 1964, BFH 81, 240, BStBl III 1965, 88).

Bei dieser Gesetzesauslegung hat die Rechtsprechung dem inneren Zusammenhang zwischen den Vorschriften des § 16 Abs. 1 und 3 EStG einerseits und der Steuervergünstigung nach § 16 Abs. 4 EStG und der Tarifbestimmung des § 34 Abs. 2 Ziff. 1 EStG andererseits Rechnung getragen. Rechtssystematisch hätte der Gesetzgeber die Steuerpflicht für Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs oder Teilbetriebs in § 16 Abs. 1 und 3 EStG nicht besonders zu bestimmen brauchen; denn die Steuerpflicht ergibt sich schon aus § 2 EStG, da auch solche Gewinne im Rahmen des Betriebs anfallen. § 16 Abs. 1 bis 3 EStG dient einmal der Klarstellung, wie der Veräußerungsgewinn zu berechnen ist. Ferner bildet die Vorschrift die Grundlage für die Abgrenzung der Gewinne, die nach § 34 Abs. 2 Ziff. 1 EStG und § 16 Abs. 4 EStG steuerlich begünstigt werden (BFH-Urteil VI 25/61 U vom 28. Juli 1961, BFH 73, 464, BStBl III 1961, 436, und S. 181 der Untersuchungen zum Einkommensteuerrecht - Bericht der Einkommensteuerkommission - Heft 7 der Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen). Die Veräußerungsgewinne im Sinne des § 16 Abs. 1 und 3 EStG unterliegen nach § 34 Abs. 2 Ziff. 1 EStG einem begünstigten Steuersatz, weil es zu Härten führen würde, wenn buchführende Unternehmen die oft in langen Jahren entstandenen stillen Reserven, die als nicht verwirklichte Gewinne nach § 6 Abs. 1 Ziff. 1 EStG nicht in den Steuerbilanzen ausgewiesen werden durften, mit einem Schlag nach dem progressiven Einkommensteuertarif versteuern müßten. Kleinere Veräußerungsgewinne wurden aus ähnlichen Überlegungen nach § 16 Abs.4 EStG 1960/61 ganz von der Einkommensteuer freigestellt, wenn sie bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs den Betrag von 10.000 DM und bei der Veräußerung eines Teilbetriebs oder eines Anteils am Betriebsvermögen den entsprechenden Teil von 10.000 DM nicht überstiegen. Diese Freigrenze wurde nach §§ 16 Abs. 4 und 52 Abs. 16 Satz 1 EStG 1965 für Veräußerungen nach dem 31. Dezember 1964 sogar in einen allgemeinen Freibetrag von 20.000 DM bzw. in einen entsprechenden Teil von 20.000 DM umgewandelt.

Diese Vergünstigungen setzen jedoch, wie sich aus ihrem angeführten gesetzgeberischen Sinn ergibt, grundsätzlich voraus, daß die stillen Reserven in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang aufgedeckt werden. Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb in der Weise aufgelöst, daß die Wirtschaftsgüter über Jahr nach und nach veräußert werden, so entfällt der Grund, aus dem der Gesetzgeber die Steuervergünstigungen der §§ 34 Abs. 2 Ziff. 1 und 16 Abs. 4 EStG gewährt. Solche Geschäftsvorfälle unterscheiden sich nicht wesentlich von gewöhnlichen Veräußerungsgeschäften eines fortbestehenden Betriebes. Die daraus entstehenden Gewinne werden auch nicht tariflich begünstigt, da sie im Laufe der Jahre nacheinander realisiert werden.

Wie der Stpfl. aber zu Recht hervorhebt, besteht zwischen einer Betriebsaufgabe und einer Betriebsveräußerung von der Sache her ein grundsätzlicher Unterschied. Bei der Betriebsveräußerung wird der ganze Betrieb oder Teilbetrieb in seinen wesentlichen Teilen geschlossen an einen Dritten veräußert. Bei einer Betriebsaufgabe werden dagegen auf Grund des Willensentschlusses des Unternehmers, den Betrieb aufzugeben, die Wirtschaftsgüter in der Regel an verschiedene Abnehmer veräußert oder ganz oder teilweise ins Privatvermögen überführt. Eine solche "Aufgabe" des Betriebs bedarf einer gewissen Zeit. Wenn die Rechtsprechung betont, die steuerbegünstigte "Betriebsaufgabe" müsse in einem "kurzen Zeitraum" abgewickelt werden, so darf der Zeitraum nicht zu eng aufgefaßt werden. Die Frist ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen. Maßgebender Gesichtspunkt ist, ob man die Aufgabenhandlungen wirtschaftlich noch als einen einheitlichen Vorgang beurteilen kann. Die Frist von höchstens einem halben Jahr, wie sie in der Literatur und von der Finanzverwaltung angenommen wird (z. B. Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 16 EStG, Anm. 21; Verfügung der Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 15. Juli 1963 S 2209 A - St 111 in Der Betrieb 1963 S. 1018), wird zwar oft ein guter Anhalt sein können. Sie darf aber nicht schematisiert werden; die Umstände des Einzelfalls sind immer in Betracht zu ziehen. Es kann nicht im Sinne des Gesetzgebers liegen, die Steuerpflichtigen zu zwingen, schwer verkäufliche Wirtschaftsgüter unter Zeitdruck unter Umständen weit unter ihrem Wert loszuschlagen, nur um die Steuervergünstigungen aus §§ 16 Abs. 4 und 34 Abs. 2 Ziff. 1 EStG nicht zu verlieren.

Das angefochtene Zwischenurteil war aufzuheben, weil das FG teilweise von anderen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist.

Das FG stellt nur fest, daß die Grundstücksverkäufe in der Zeit vom 29. November 1960 bis 14. Dezember 1961 und die Überführung der restlichen Parzellen ins Privatvermögen der Gesellschafter am 14. Dezember 1961 keine "Aufgabe" des Weinbaubetriebs bedeuteten. Richtig ist, wenn das FG die Verkäufe und Entnahmen einheitlich beurteilt hat, da sie offenbar alle auf dem Entschluß der Stpfl. beruhten, den Weinbau- und Weinhandelsbetrieb aufzugeben. Entgegen der Ansicht der Stpfl. kann die "eigentliche Betriebsaufgabe" daher nicht nur in der Annahme der Kaufangebote am 13. April 1961 und 14. Dezember 1961 und in der Entnahme der Grundstücke am 14. Dezember 1961 erblickt werden. Sie liegt auch nicht nur in den Grundstücksverkäufen in der Zeit vom 29. November 1960 bis 27. Februar 1961. Die in diesem Zeitraum verkauften Grundstücke können ebensowenig wie die am 13. April und 14. Dezember 1961 veräußerten und entnommenen Grundstücke ausgesondert werden, da sie alle zusammen den wesentlichen Teil des Weinbaubetriebs darstellten.

Der Senat nimmt jedoch nicht wie das FG an, daß der Vollzug dieser Handlungen innerhalb eines Zeitraums von 14 Monaten die Annahme einer Betriebsaufgabe schlechthin ausschließe. Diese Verkäufe und Entnahmen waren ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang, da die Aufgabe eines Weinguts mit verschiedenen Weinbergen und landwirtschaftlichem Streubesitz gewöhnlich längere Fristen zur Abwicklung benötigt als die Aufgabe mancher anderer Betriebe. Die Stpfl. hat offenbar alles getan, um die Abwicklung möglichst schnell durchzuführen. Es lag nicht an ihr, wenn der Käufer erst am 13. April 1961 und 14. Dezember 1961 das notarielle Kaufangebot vom 10. Dezember 1960 annahm. Die Stpfl. trägt vor, sie hätte die restlichen Parzellen auch nur deshalb so spät in das Privatvermögen ihrer Gesellschafter überführt, weil sie vorher vergeblich versucht hatte, die Grundstücke einzeln an die Weinbauern der Umgebung zu veräußern. Unter diesen Umständen würde es der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung widersprechen, die Verkäufe und Entnahmen in der Zeit vom 29. November 1960 bis 14. Dezember 1961 nicht als einheitliche Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG zu behandeln.

Entgegen der Ansicht des FG entfällt eine Betriebsaufgabe auch nicht dadurch, daß die Abwicklung teilweise in das Jahr 1960 und teilweise in das Jahr 1961 fällt; denn ein wirtschaftlich einheitlicher Vorgang ist steuerrechtlich nicht etwa deswegen steuerlich aufzuspalten, weil er in einem Veranlagungszeitraum begonnen und im nächsten beendet wird (BFH-Urteil I 145/63 vom 23. November 1965, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz, § 16, Rechtsspruch 89).

Offen bleibt jedoch, ob die Gesellschafter am 14. Dezember 1961 alle noch vorhandenen Grundstücke tatsächlich ins Privatvermögen übernommen haben. Ein Steuerpflichtiger kann jedenfalls den Zeitraum der betrieblichen Abwicklung nicht dadurch verkürzen, daß er Wirtschaftsgüter, die er bei Aufgabe seines Betriebs nicht veräußern konnte oder wollte, formell ins Privatvermögen überführt, um sie anschließend "privat" zu veräußern. In solchen Fällen ist unter Umständen anzunehmen, daß der Steuerpflichtige mit den "privaten" Verkäufen in Wirklichkeit seine gewerbliche Tätigkeit fortsetzt, seinen Betrieb also gar nicht aufgegeben hatte (vgl. BFH-Urteile IV 368/55 U vom 7. März 1957, BFH 64, 556, BStBl III 1957, 209; I 197/61 S vom 6. Februar 1962, a. a. O.). Das gilt in erster Linie für das Umlaufvermögen, das seiner Natur nach zur Veräußerung bestimmt ist; der spätere Verkauf unterscheidet sich dann nicht wesentlich von den täglichen Geschäftsvorfällen eines bestehenden Betriebs. Sie können jedoch auch auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens jedenfalls dann anzuwenden sein, wenn diese Güter mit der Absicht der Veräußerung ins Privatvermögen überführt und alsbald veräußert werden, also zwischen der "Entnahme" und der Veräußerung ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht (vgl. BFH-Urteil VI 170/62 U vom 29. November 1963, BFH 78, 110, BStBl III 1964, 45).

Ein solcher enger Zusammenhang dürfte hier zwischen der Entnahme der Grundstücke am 14. Dezember 1961 und der Versteigerung und Veräußerung am 30. Dezember 1961 und im April 1962 anzunehmen sein, sofern die Gesellschafter bei der Entnahme die Absicht der Veräußerung hatten. Das FG hat das bejaht, ohne jedoch nähere Feststellungen zu treffen, weil es darauf nach der Rechtsauslegung des FG nicht ankam. Das FG muß diese Feststellungen nachholen und insbesondere zu der Behauptung der Stpfl. Stellung nehmen, der Verkauf des Grundstücks im April 1962 sei ungewöhnlich gewesen; sie habe im Dezember 1961 mit einer Veräußerung nicht mehr rechnen können. Sollte die Stpfl. bei der Entnahme der Grundstücke bereits geplant haben, einen Teil davon in nächster Zeit zu versteigern (und dafür spricht vieles), so dürfte die Versteigerung am 30. Dezember 1961 noch ein Teil des einheitlichen Aufgabevorgangs im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG sein. Ob diese Voraussetzungen gegebenenfalls auch auf den Grundstücksverkauf im April 1962 zutreffen, muß das FG ebenfalls prüfen.

Soweit das FG sein Urteil darauf stützt, die Stpfl. habe Wirtschaftsgebäude des Weinbetriebs anderen gewerblichen Zwecken zugeführt, so muß es die Behauptung der Stpfl. noch prüfen, daß der Weinbaubetrieb gar keine eigenen Gebäude besessen, sondern die Gebäude der Brennerei mitbenutzt habe (vgl. BFH-Urteile IV 298/58 vom 10. März 1960, StRK, Einkommensteuergesetz, § 16, Rechtsspruch 19, und IV 102/64 U, a. a. O.).

Sollte der Weinbau- und der Weinhandelsbetrieb ein selbständiger Teilbetrieb gewesen sein, so muß das FG auch die bisher offenbar nicht erörterte Frage untersuchen, was aus dem Umlaufvermögen, insbesondere den Weinbeständen, geworden ist.

Der Senat kann in diesem Verfahren, in dem es nur um die revisionsrechtliche Prüfung der Zwischenurteile des FG geht, nicht zu den Einwendungen der Stpfl. Stellung nehmen, daß die Veräußerungsgewinne nach § 4 Abs. 1 EStG steuerfrei und daß die Veräußerungsgewinne nicht richtig berechnet seien. Ebenfalls kann der Senat nicht gewerbesteuerrechtliche Fragen und die Höhe der auf die Veräußerung entfallenden Gewerbesteuer prüfen. Diese Einwendungen muß die Stpfl. im weiteren Verlauf des Verfahrens vor dem FG erheben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412271

BStBl III 1967, 70

BFHE 87, 134

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