Rn. 556

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Nachträglich eintretende Umstände können den Veräußerungsgewinn beeinflussen, indem sie Art, Inhalt oder Wert des Veräußerungspreises ändern oder zu Änderungen bei den Veräußerungskosten (s Rn 663) oder bei Ansatz oder Wert des übertragenen BV führen (s Rn 709f). Bestimmte nachträglich eintretenden Umstände können für die Bestimmung des Veräußerungsgewinns aber auch irrelevant sein (s Rn 565, 572).

 

Rn. 557

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Bis zu den Entscheidungen des GrS 1/92 und 2/92 v 19.07.1993 war auch zwischen den einzelnen Senaten des BFH umstritten, inwieweit ein nachträglich eintretendes Ereignis zurückbezogene Auswirkungen auf den Veräußerungspreis nach § 16 Abs 2 EStG haben kann (vgl zum Meinungsstand BFH v 19.07.1993, GrS 2/92, BStBl II 1993, 897). Die Frage wurde durch die von einigen Senaten vertretene Auffassung, wonach eine Kaufpreisforderung zwingend zum PV wurde, vorgeprägt, da nachfolgende Wertänderungen dieser Forderung in der steuerlich irrelevanten Privatsphäre stattfanden (BFH v 19.05.1992, VIII R 37/90, BFH/NV 1993, 87; offen gelassen in BFH v 11.12.1990, VIII R 37/88, BFH/NV 1991, 516; BFH v 24.09.1976, I R 41/75, BStBl II 1977, 127; BFH v 23.11.1967, IV R 173/67, BStBl II 1968, 93). Andererseits wurden nachträglichen Änderungen des Kaufpreises auch als rückwirkendes Ereignis qualifiziert (BFH v 26.03.1991, VIII R 315/84, BStBl II 1992, 472; BFH v 11.12.1990, VIII R 37/88, BFH/NV 1991, 516; BFH v 10.11.1988, IV R 70/86, BFH/NV 1990, 31; BFH v 23.06.1988, IV R 84/86, BFHE 154, 85).

 

Rn. 558

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Nach Auffassung des GrS zählen zu den für die Anwendung des § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO notwendigen rückwirkenden Ereignissen alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge, somit nicht nur solche mit ausschließlich rechtlichem Bezug, sondern auch tatsächliche Lebensvorgänge. Für die Rückbeziehung eines solchen Ereignisses auf das Wj der Veräußerung kommt es insb nicht darauf an, dass das spätere Ereignis bereits im ursprünglichen Rechtsgeschäft (= Veräußerungsgeschäft) angelegt war (BFH v 19.07.1993, GrS 2/92, BStBl II 1993, 897).

Bei Steuertatbeständen, die an einmalige Vorgänge anknüpfen, wirken nachträgliche Änderungen des Veräußerungspreises regelmäßig nach § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück. Entscheidend ist, dass – zur Vermeidung sowohl einer Übermaßbesteuerung als auch einer Nichterfassung eines Entgeltbestandteils – (nur) der tatsächlich erzielte Gewinn Anknüpfungspunkt der begünstigten Besteuerung sein kann. Dies erfordert es, später eintretende Veränderungen beim ursprünglich vereinbarten Veräußerungspreis so lange und so weit materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückzubeziehen, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises noch nicht erfüllt hat (kritisch zur dogmatischen Herleitung Groh, DB 1995, 2235). Dabei ist es unerheblich, welche Gründe für die Minderung oder Erhöhung des Erlöses maßgebend waren (BFH v 19.07.1993, GrS 2/92, BStBl II 1993, 897).

 

Rn. 559

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Spätere Veränderungen des Veräußerungspreises wirken daher nach Maßgabe des § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück und beeinflussen so rückwirkend den Veräußerungsgewinn, und zwar unabhängig davon, welche Gründe für die Minderung oder Erhöhung des Erlöses maßgebend waren.

Diese Rückwirkung gilt für die Betriebsaufgabe und den Aufgabegewinn entsprechend (BFH v 27.04.2016, X R 16/15, BFH/NV 2016, 1444) und unabhängig davon, ob das Ereignis Veräußerungspreis, Veräußerungskosten oder den Wert des BV betrifft (FG Nds v 30.01.2012, 3 K 340/11, EFG 2012, 1051).

Soweit ein Ereignis auf den Veräußerungspreis zurückwirkt, sind evtl bilanzielle Auswirkungen im Wj des Ereignisses außerbilanziell zu neutralisieren (Groh, DB 1995, 2235; Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 382 (38. Aufl)).

a) Ausfall der Kaufpreisforderung

 

Rn. 560

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Der Ausfall der Kaufpreisforderung findet nicht (mehr) in der steuerlich irrelevanten Privatsphäre statt (so noch BFH v 24.09.1976, I R 41/75, BStBl II 1977, 127), auch wenn die Frage, ob die Kaufpreisforderung bei der Veräußerung eines gesamten Betriebs noch Rest-BV oder PV durch die Entscheidung des GrS (BFH v 19.07.1993, GrS 2/92, BStBl II 1993, 897: "nicht entscheidungserheblich") – und auch danach – nicht entschieden worden ist und auch das Gesetz hierzu keine unmittelbare Antwort liefert (Paus, DStZ 2003, 523; Groh, DB 1995, 2235; FG SchlH v 27.05.2003, 5 K 140/01, EFG 2003, 1160).

 

Rn. 561

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Nach richtiger Auffassung des BFH liegt ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung vor, wenn die gestundete Kaufpreisforderung für die Veräußerung eines Gewerbebetriebs zu einem nach der Veräußerung liegenden Zeitpunkt, insb in einem späteren VZ, ganz oder teilweise uneinbringlich wird, da allein dies dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht (BFH v 19.07.1993, GrS 2/92, BStBl II 1993, ...

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