Rn. 1451

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer Mitunternehmerschaft ist kein Anwendungsfall der Realteilung (auch keine unechte Realteilung), wenn

  • der ausscheidende Gesellschafter ausschließlich liquide Mittel, aber keine WG des BV (Einzel-WG oder betriebliche Sachgesamtheit) erhält (BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; Gragert, NWB 2019, 476);
  • der ausscheidende Mitunternehmer die erhaltenen WG unmittelbar ins PV entnimmt (Günther, ErbStB 2019, 57);
  • der ausscheidende Gesellschafter nicht mit Mitteln der Mitunternehmerschaft abgefunden wird, sondern von den verbleibenden Gesellschaftern Mittel erhält, die diese von außerhalb des gesamthänderischen oder Sonder-BV aufbringen; zu Fällen, in den zum BV zusätzlich ein Spitzenausgleich gezahlt wird, s Rn 1701 f;
  • zwei beteiligungsidentische Mitunternehmerschaften in der Weise auseinandergesetzt werden, dass der eine Mitunternehmer den Betrieb der ersten Mitunternehmerschaft und der andere Mitunternehmer den Betrieb der zweiten Mitunternehmerschaft übernimmt.
 

Rn. 1452

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

In dem Fall, in dem der Ausscheidende ausschließlich liquide Mittel erhält, die die Mitunternehmer aus ihrem Vermögen (nicht aus der Mitunternehmerschaft selbst) aufbringen, veräußert er seinen Mitunternehmeranteil an die verbleibenden Mitunternehmer. Er erzielt einen Veräußerungsgewinn iSd § 16 Abs 2 EStG (s Rn 251), der unter den Voraussetzungen der § 16 Abs 4 EStG und § 34 Abs 3 EStG begünstigt sein kann. Die verbleibenden Mitunternehmer haben in Höhe der anteilig aufgebrachten Beträge AK und stocken ihre Kapitalkonten und die Wertansätze der WG des gesamthänderisch gebundenen BV anteilig auf (Gragert, NWB 2019, 476).

 

Rn. 1453

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Ob eine Veräußerung auch dann vorliegt, wenn die liquiden Mittel, die der ausscheidende Mitunternehmer erhält, ausschließlich aus dem Gesamthandsvermögen stammen (und auch nicht zum Zwecke der Auszahlung an ihn vorher eingelegt worden sind), ist fraglich. Der Gesetzeswortlaut des § 16 Abs 3 S 2 EStG stellt lediglich darauf ab, dass der Ausscheidende einzelne WG übertragen bekommt, wozu zweifellos auch die liquiden Mittel der Gesamthand zählen. Die FinVerw differenziert hingegen nicht danach, woher die liquiden Mittel stammen, sie statuiert für solche Fälle der ausschließlich in Geld gezahlten Abfindung unterschiedslos einen Fall der Veräußerung (BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6 Tz 3). Nach aA muss es sich hingegen um eine von den übrigen Mitunternehmern gezahlte Geldabfindung handeln (Gragert, NWB 2019, 476).

Der BFH hat die Zuordnung liquider Mittel an den ausscheidenden Mitunternehmer großzügig beurteilt, wobei im konkreten Fall die ausscheidende Sozia nicht ausschließlich liquide Mittel erhielt, sondern diese dem von ihr übernommenen Teilbetrieb zugeordnet wurden (BFH v 17.09.2015, III R 49/13, BStBl II 2017, 37). In einer früheren Entscheidung hatte das Gericht für Fälle, in denen nur Geld mitgenommen wurde, die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Realteilung allerdings verneint (BFH v 20.02.2003, III R 34/01, BStBl II 2003, 700). In der Literatur wird eine solche Konstellation auch als bloß formale Realteilung behandelt, die nicht von § 16 EStG erfasst sei (Kulosa in H/H/R, § 16 EStG Rz 544 (November 2018)).

 

Rn. 1454

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

 

Beispiel: Realteilung nur gegen Geld

C scheidet aus der OHG, an der zu 20 % beteilgt ist aus. Er soll im Wege der unechten Realteilung ausschließlich liquide Mittel in sein weiteres BV übernehmen. Weder in der Mitunternehmerschaft noch in dem Einzel-BV des C stellen die liquiden Mittel funktional oder quantitativ wesentliche Betriebsgrundlagen dar. Die Schlussbilanz sieht wie folgt aus (Teilwerte = gemeine Werte in Klammern):

 
Aktiva Schlussbilanz OHG Passiva
Betrieb (1 200) 700 Kapitalkonto A   400
Geld (300) 300 Kapitalkonto B   400
      Kapitalkonto C   200
    1 000     1 000

Wird auch auf diese Fälle der Auseinandersetzung § 16 EStG angewendet, sähen die Eröffnungsbilanzen der Rest-Mitunternehmerschaft und des C nach Anwendung der Kapitalkontenanpassungsmethode (s Rn 1654) wie folgt aus:

 
Aktiva Bilanz AB Passiva
Betrieb (1 200) 700 Kapitalkonto A   350
      Kapitalkonto B   350
    700     700
 
Aktiva Bilanz C Passiva
Geld (300) 300 Kapitalkonto C   300
    300     300

Da die liquiden Mittel nicht nach § 16 Abs 3 S 3 EStG sperrfristbehaftet sind, kann C sie sofort ins PV entnehmen, ein Veräußerungsgewinn entstünde bei ihm nicht.

 

Rn. 1455

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Das Beispiel s Rn 1454 zeigt, dass C auf diese Weise seinen Mitunternehmeranteil steuerfrei veräußern kann, die verbleibenden Mitunternehmer müssten, wenn sie den Betrieb verkauften, einen höheren Veräußerungsgewinn versteuern, da ihre Kapitalkonten abgestockt wurden. Diesen Nachteil würde man in der Praxis durch eine entsprechende Anpassung der übertragenen liquiden Mittel ausgleichen. Im Ergebnis ist die Situation aber nicht anders, wenn C anstelle der liquiden Mittel nicht...

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