Rn. 320f

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Nur in Ausnahmefällen ist bei fehlender Stimmrechtsmehrheit der "maßgeblichen Personengruppe" die Beherrschung des Betriebsunternehmens lt BFH allein aufgrund einer tatsächlichen (faktischen) Machtstellung der Besitzgesellschafter anzunehmen: BFH BStBl II 1997, 437; 1987, 28; 1976, 750 mit Bestätigung zu BFH BStBl II 1982, 476; 1972, 63; 1972, 796 (zu BFH BStBl II 1976, 750 s BFH BStBl II 1999, 445). Insbesondere für den vom BFH noch in BFH BStBl II 1987, 28 angesprochenen Fall der fachlichen Alleinkompetenz des an der Betriebsgesellschaft nicht beteiligten Geschäftsführers der Betriebs-GmbH und zugleich beherrschenden Gesellschafters des Besitzunternehmens würde, wie Wendt, StbJb 1986/87, 50, 65, zu Recht ausführt, die These von der faktischen Beherrschung zu einer ganz außerordentlichen Rechtsunsicherheit führen,

Zitat

"weil die GewStPfl des Besitzunternehmens von der Persönlichkeitsstruktur, dem Wissensstand und den Neigungen der Gesellschafter abhängig wäre. [...] müsste nicht dann, wenn der Gesellschafter sein Interesse an der Geschäftsführung bekundet, wenn er sich das erforderliche Fachwissen in mehr oder minder großem Umfang angeeignet hat oder wenn der Gesellschafter verstirbt und seine Erben sich um das Unternehmen kümmern, eine Betriebsaufspaltung verneint werden?"

Eindeutig gegen faktische Beherrschung durch berufliche Ausbildung und Erfahrung BFH vom 15.10.1998, BStBl II 1999, 445; BFH vom 27.02.1991, BFH/NV 1991, 454; BFH vom 26.10.1988, BStBl II 1989, 155; BFH vom 17.03.1987, BStBl II 1987, 858 und FG Münster EFG 2001, 1035 nur im extremen Ausnahmefall "völliger Fachunkunde"; BFH vom 12.10.1988, BStBl II 1989, 152; Groh, DB 1989, 748, 751. Mangelnde Sachkunde der an der Betriebs-GmbH maßgeblich beteiligten Gesellschafter können den fehlenden Anteilsbesitz der Gesellschafter des Betriebsunternehmens nicht ersetzen: BFH BStBl II 1997, 437. Der in BFH BStBl II 1976, 750 angesprochene Sonderfall, in dem die weiterhin über das AV verfügenden Ehemänner ihren Ehefrauen als Gesellschafterinnen einer KG das Unternehmen überlassen hatten, tatsächlich aber als Angestellte der KG den Betrieb fortführen, wird in BFH BFH/NV 1991, 454 ausdrücklich als Ausnahmefall bezeichnet. Fehlende erforderliche Fachkenntnisse auf dem Geschäftsbereich der Betriebs-GmbH hindern die Gesellschafter nicht an der Wahrnehmung ihrer Gesellschaftsrechte: so zu Recht BFH BStBl II 1999, 445. Auch der im Urteil des FG D'dorf GmbHR 1997, 559 bejahte Fall einer personellen Verflechtung durch faktische Beherrschung allein deswegen, weil die Einziehung von Geschäftsanteilen der Ehefrauen zulässig war, wenn der Ehemann aus den Diensten der GmbH ausschied oder geschieden wurde, wurde vom BFH zu Recht verneint: BFH BStBl II 1999, 445.

Der VIII. Senat in BFH BStBl II 1987, 28 hat klar verneint, dass allein die Stellung als Großgläubiger aufgrund einer schuldrechtlichen Beziehung zur Annahme einer faktischen Beherrschung ausreiche. In solchen Fällen muss nach Ansicht des BFH vielmehr hinzukommen, dass der Großgläubiger die Geschäftsführung in dem Unternehmen völlig an sich zieht und sie in seinem Interesse ausübt, was in der Praxis nicht die Regel sein dürfte. Die Ansicht des VIII. Senats wurde bestätigt durch BFH VIII vom 15.03.2000, BStBl II 2002, 774, den III. Senat BFH BStBl II 1990, 500 (ähnlich VIII. Senat BFH BFH/NV 1990, 99). Restriktiv auch FG He EFG 1992, 25. Ebenfalls H 15.7 Abs 6 EStH 2021 "Keine faktische Beherrschung".

Keine tatsächliche Beherrschung nahm der BFH gegen eine NZB des FA mit Beschluss vom 23.01.2002, BFH BFH/NV 2002, 777 an für den Fall, dass eine aus zwei Personen bestehende GbR ein Seniorenheim an eine GmbH vermietete, deren Gesellschafter der 19 Jahre alte Sohn (zugleich Geschäftsführer) und die 18 Jahre alte Tochter jeweils eines der Eigentümer waren. Die Kinder unterbreiteten ihren jeweiligen Vätern ein unwiderrufliches notarielles Angebot auf Erwerb der GmbH-Anteile zum Nennwert. Die vom FA angenommene Betriebsaufspaltung aufgrund tatsächlicher Beherrschung wurde vom BFH abgelehnt. Zu dieser Problematik ergeben sich keine neuen Erkenntnisse aus BMF vom 07.10.2002, BStBl I 2002, 1028 Abschnitt IV, weil keine konkreten Anwendungsfälle angesprochen werden, mit Ausnahme der Problematik jederzeitig wieder entziehbarer Nutzungsrechte durch den Mehrheitsgesellschafter.

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