Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung einer Strafanzeige eines Steuerberaters gegen einen Mandanten verstößt gegen seine Verschwiegenheitspflicht und erfolgt nicht in Wahrnehmung berechtigter Ineressen. Handeln in Wahrnehmung berechtigter Interessen i.R.d. beruflichen Pflicht zur Verschwiegenheit. Frage der angemessenen Ahndung einer Berufspflichtverletzung

 

Normenkette

StBerG § 57 Abs. 1-2, §§ 89-90; BOStB § 9; StGB §§ 203-204, 283

 

Tenor

Dem Berufsangehörigen wird wegen schuldhafter Berufspflichtverletzung ein Verweis erteilt. Ferner wird ihm die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1.000 EUR auferlegt.

Der Berufsangehörige hat die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Der nunmehr 61 Jahre alte Berufsangehörige studierte in Köln Betriebswirtschaft und war seit 1971 als Werksstudent in einer Steuerberaterkanzlei tätig. Im Jahre 1980 schloss er das Studium als Diplom-Kaufmann ab. In der Folgezeit war er in Angestelltenverhältnissen in zwei Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzleien tätig. Am 9.3.1988 wurde er durch den Finanzminister des Landes Nordrhein Westfalen als Steuerberater bestellt. Seit dem 1.1.1990 übt er den Beruf des Steuerberaters selbständig in seiner Einzelpraxis aus. Im Jahr 2009 erzielte er Betriebseinnahmen in Höhe von rund 57.000 EUR, einen Nettoumsatz in Höhe von rund 46.000 EUR und einen Überschuss in Höhe von rund 24.000 EUR.

Der Berufsangehörige ist bisher nicht berufsrechtlich in Erscheinung getreten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Berufsangehörige war steuerlicher Berater des Zeugen H in Köln, der dort das Einzelunternehmen H Transporte e.K. führte. Mit Herrn H verstand er sich gut, ohne mit ihm befreundet zu sein. Das von diesem gegründete Einzelunternehmen wuchs schnell und hatte zunächst wirtschaftlichen Erfolg. Der Berufsangehörige fühlte sich so, als habe er das Unternehmen zusammen mit Herrn H aufgebaut. Etwa im Jahr 2006 geriet das Unternehmen jedoch in wirtschaftliche Schwierigkeiten, da die Liquidität u.a. durch Steuerbescheide stark eingeschränkt war. Jedoch hielt der Berufsangehörige die Situation für noch beherrschbar, zumal das Finanzamt und die finanzierenden Banken zunächst still hielten. Jedoch hatte der Berufsangehörige ab Mitte 2006 das Gefühl, dass die Lücken immer größer wurden, zumal Herr H Privatentnahmen in erheblichem Umfang tätigte, deren Zweck für den Berufsangehörigen anfänglich nicht erkennbar war, da er keinen Zugriff auf die Daten der privaten Konten des Herrn H hatte.

Im Laufe des Jahres 2007 spitzte sich die Krise des Unternehmens zu. Gleichwohl gelang es Herrn H, den Berufsangehörigen zu immer neuen Arbeiten für ihn zu bewegen, insbesondere die Lohnabrechnungen für die Mitarbeiter weiterhin zu erstellen, die Finanzbuchhaltung fortzuführen und betriebswirtschaftliche Auswertungen für die finanzierenden Banken zu fertigen. Für keine dieser Arbeiten verlangte der Berufsangehörige einen Vorschuss, sondern trat mit seiner Arbeit in Vorleistung. Im Herbst 2007 verschwand Herr H schließlich aus seiner Wohnung und nahm dabei u.a. sämtliche Unterlagen mit, die seinen Betrieb betrafen. Anfang des Jahres 2010 stellte er schließlich Antrag auf Insolvenz; das Insolvenzverfahren ist mittlerweile eröffnet worden.

Im Zeitpunkt des Verschwindens des Herrn H hatte der Berufsangehörige gegen diesen offene Honorarforderungen wegen des Erbringens von steuerberatenden Leistungen in Höhe von mehr als 20.000 EUR. Der Berufsangehörige erwirkte in der Folgezeit einen Vollstreckungsbescheid gegen Herrn H. Später wurden seine Forderungen, die sich einschließlich Kosten auf rund 28.000 EUR belaufen, zur Insolvenztabelle festgestellt. Gleichwohl war dem Berufsangehörigen bereits im Herbst 2007 klar, dass er von seinen Forderungen allenfalls einen geringfügigen Bruchteil werde realisieren können, zumal nach seinem Eindruck Herr H beträchtliche Vermögenswerte, darunter den Fuhrpark seines Unternehmens, beiseite geschafft hatte.

In Kenntnis seiner beruflichen Schweigepflicht überlegte der Berufsangehörige längere Zeit, was er nun tun könne und dürfe. Schließlich gelangte er zu der Erkenntnis, dass Herr H für sein Tun zu bestrafen sei. Da er befürchtete, dass Polizei und Staatsanwaltschaft auf das Handeln des Herrn H entweder nicht aufmerksam gemacht würden oder von Dritten nicht die erforderlichen Beweismittel zur Verfügung gestellt bekämen, entschloss er sich, Herrn H selbst bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen. Er glaubte, er dürfe insoweit in Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäߧ 9 Abs. 3 BOStB handeln. Den Rechtsrat eines kundigen Dritten, z.B. eines Rechtsanwalts, holte er nicht ein. Auch wandte er sich nicht an die Steuerberaterkammer, da er annahm, diese sei in solchen Sachen ohnehin viel zu vorsichtig. Er war damals der Auffassung, es stehe ihm zu, sich an Staatsanwalt und Polizei zu wenden, zumal er hiervon keinen wirtschaftlichen Vorteil habe.

Am 13.11.2007 verfasste er eine an die Staatsanwaltschaft Köln – Wirtschaftsstrafsachen – gerichte...

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