Leitsatz

1. Der Steuerpflichtige ist gehalten, der Außenprüfung im Original in Papierform erstellte und später durch Scannen digitalisierte Ein- und Ausgangsrechnungen über sein Computersystem per Bildschirm lesbar zu machen. Er kann diese Verpflichtung nicht durch das Angebot des Ausdruckens auf Papier abwenden.

2. Der Datenzugriff der Finanzverwaltung gem. § 147 Abs. 6 AO erstreckt sich u.a. auf die Finanzbuchhaltung. Der Steuerpflichtige ist nicht berechtigt, gegenüber der Außenprüfung bestimmte Einzelkonten (hier: Drohverlustrückstellungen, nicht abziehbare Betriebsausgaben, organschaftliche Steuerumlagen) zu sperren, die aus seiner Sicht nur das handelsrechtliche Ergebnis, nicht aber die steuerliche Bemessungsgrundlage beeinflusst haben.

 

Normenkette

§ 140, § 147, § 200 Abs. 1 Satz 2 AO

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin, eine AG, begehrte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) zweier Anordnungen des FA im Zusammenhang mit dem Zugriff auf von der Antragstellerin gespeicherte Daten im Rahmen einer Außenprüfung.

Das FA ordnete im Juli 2005 eine Außenprüfung betreffend die Jahre 2001 bis 2003 bei der Antragstellerin an. Diese war im Prüfungszeitraum Organgesellschaft im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft mit ihrer Muttergesellschaft als Organträgerin. Sie wickelte ihre handelsrechtliche Finanzbuchhaltung über ein EDV-System ab. Eine eigenständige steuerliche Buchführung bestand nicht. Abweichende Buchungsansätze leitete die Antragstellerin in eine Steuerbilanz und in eine steuerliche Gewinn- und Verlustrechnung über.

Die in Papierform eingegangenen Rechnungen (Eingangsrechnungen) archivierte sie im Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2001 durch Aufheben der Originale. Im Zeitraum 01.07. bis 31.12.2001 scannte sie die Eingangsrechnungen zusammen mit steuerlich nicht relevanten Unterlagen auf elektronische Datenträger, ohne dass das System nachträglich zwischen steuerlich relevanten und nicht relevanten Unterlagen unterscheiden könnte; nach dem Einscannen vernichtete sie die Originale der Eingangsrechnungen. Ab dem 01.01.2002 implementierte die Antragstellerin ein System, welches technisch eine Trennung zwischen steuerlich relevanten und nicht relevanten Unterlagen ermöglichte, und erfasste auf diese Weise ca. 90 % der eingehenden Rechnungen. Den restlichen Teil der Eingangsrechnungen erfasste sie auch nach dem 01.01.2002 auf die bis dahin praktizierte, keine Trennung ermöglichende Art und Weise. Die von ihr erstellten Rechnungen (Ausgangsrechnungen) archivierte die Antragstellerin zunächst durch Aufbewahrung von Duplikaten. Ab dem 01.02.2003 speicherte sie die Ausgangsrechnungen elektronisch in Form von pdf-Dateien.

Die Antragstellerin verweigerte dem FA den unmittelbaren Zugriff auf die ohne Trennungsmöglichkeit gescannten und digital gespeicherten Belege und bot stattdessen an, die nicht freigegebenen Belege auf Wunsch des FA auszudrucken. Außerdem verweigerte die Antragstellerin den Datenzugriff auf folgende, ihrer Auffassung nach nur handelsrechtlich, nicht aber auch steuerlich relevanten Konten der handelsrechtlichen Finanzbuchhaltung:

  • die Drohverlustrückstellungen aus schwebenden Geschäften,
  • die nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben,
  • die Aufwendungen für handelsrechtliche Steuerumlagen der körperschaftsteuerlichen und der gewerbesteuerlichen Organschaft.

Das FA forderte die Antragstellerin daraufhin unter Berufung auf ein Einsichtsrecht nach § 147 Abs. 6 AO auf, ihm den Zugriff auf die digitalisierten Belege (Ein- und Ausgangrechnungen) des gesamten Prüfungszeitraums zu ermöglichen. Außerdem forderte das FA die Antragstellerin auf, ihm den Datenzugriff auch im Hinblick auf die drei gesperrten Konten der Finanzbuchhaltung zu gewähren.

Hiergegen hat die Antragstellerin beim FA jeweils Einspruch erhoben und die AdV hinsichtlich der getroffenen Anordnungen beantragt. FA und FG lehnten die AdV-Anträge ab (EFG 2007. 890, 892).

 

Entscheidung

Der BFH hat das im AdV-Verfahren bestätigt (und damit unbeschadet des nur summarischen Prüfungsmaßstabs in jenem Verfahren letztlich endgültig über die Rechtslage entschieden).

Er hebt hervor, dass die vom FA begehrte Einsichtnahme sich im Ergebnis schließlich nicht nur zuungunsten, sondern ebenso zugunsten der AG auswirken könne.

 

Hinweis

Es handelt sich um einen – wichtigen – Beschluss des BFH im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, und zwar gegen FA-Anordnungen über die Lesbarmachung EDV-gestützter Dateien:

1. Der Steuerpflichtige hatte bestimmte Einzelkonten seiner EDV-gestützten Finanzbuchhaltung gegen den Zugriff durch die Prüfer gesperrt, weil eine Prüfung dieser Konten allenfalls zur Festsetzung einer niedrigeren Steuer würde führen können. Außerdem hatte er sich geweigert, in elektronischen Formaten gespeicherte Ein- und Ausgangsrechnungen über ihr EDV-System lesbar zu machen und stattdessen den Ausdruck auf Papier angeboten.

2. Der BFH hat sich nicht der Auffassung des Steuerpflichtigen angeschlossen und dessen AdV-Antrag gegen die entsprechenden ...

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