Rz. 186

[Autor/Stand] Nach Art. 5 Abs. 1 BayGrStG können Gemeinden abweichend von § 25 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 GrStG für die Fälle einer nach Art. 4 Abs. 2, 3 und 4 BayGrStG ermäßigten Grundsteuermesszahl reduzierte Hebesätze auf den jeweiligen Anteil des Grundsteuermessbetrags vorsehen.

 

Rz. 187

[Autor/Stand] Den Kommunen steht das verfassungsrechtlich verankerte Recht zu, den Tarif für die Grundsteuer unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse autonom festzulegen (Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG). Für die Einzelheiten der Bestimmung des Hebesatzes gilt als Ausgangspunkt § 25 Grundsteuergesetz. In der Höhe bestehen keine Begrenzungen, auch könnte ein Hebesatz von null festgelegt werden. Es ist ein einheitlicher Hebesatz für die in einer Gemeinde liegenden Grundstücke festzulegen (vgl. zu den allgemeinen Regelungen zum Hebesatz die Kommentierung zu § 25 Abs. 1 bis 4 GrStG). Diese Regelung wird durch Art. 5 Abs. 1 BayGrStG erstmals in der Geschichte der Grundsteuer ausgehebelt. Die bayerischen Kommunen haben damit erstmals die Möglichkeit, mehrere Hebesätze für die Grundsteuer B innerhalb einer Gemeinde zu bestimmen. Eine entsprechende Regelung findet sich weder in den Bundesgesetzen, noch in den übrigen Landesgrundsteuergesetzen. Hintergrund dieser Sonderregelung könnte insb. der fehlende Anknüpfungspunkt des BayGrStG an den tatsächlichen Grundstückswerten sein, der zu einer Gleichbehandlung unterschiedlicher Grundstücke führen kann (vgl. hierzu auch Rz. 29).[3] Im Hinblick darauf, dass der besondere Hebesatz nur für den (anteiligen) Grundsteuermessbetrag greift, für den die Voraussetzungen einer Ermäßigung auf die Grundsteuermessbetrag nach Art. 4 Abs. 2 bis 4 BayGrStG erfüllt sind, erscheint dieses eingeschränkte zonierte Hebesatzrecht nicht dazu geeignet, die Gleichbehandlung sämtlicher Grundstücke in Bayern, die die gleichen Flächengrößen und die gleiche Nutzung aufweisen – und seien sie in ihrer Beschaffenheit noch so ungleich – auszugleichen. Vielmehr werden durch diese Regelung die Eigentümerinnen und Eigentümer begünstigt, die ohnehin schon eine Begünstigung erfahren haben.

 

Rz. 188

[Autor/Stand] Art. 5 Abs. 1 BayGrStG ermöglicht es den Kommunen konkret, Gruppen von wirtschaftlichen Einheiten, deren Grundsteuermesszahl nach einer der Fallgruppen von Art. 4 Abs. 2 bis 4 BayGrStG ermäßigt wurde, jeweils gesondert auch auf Ebene des kommunalen Tarifs aufzugreifen und die jeweiligen gesetzlich vorgesehenen Förder- und Privilegierungsgedanken auf Ebene der Grundsteuermesszahl durch einen insofern reduzierten Hebesatz fortzuführen. Die Gemeinden können jeweils einen reduzierten Hebesatz je Ermäßigungstatbestand wählen. Dadurch können auf der dritten Stufe des Grundsteuerverfahrens gemeindepolitische Ziele und Vorstellungen verfolgt werden. So kann bspw. für geförderten Wohnraum ein sehr niedriger Hebesatz gewählt werden, um Eigentümerinnen und Eigentümer dazu zu motivieren, entsprechende Gebäude zu errichten. Jede Sonderregelung führt dazu, dass die Grundsteuerermittlung undurchsichtiger für die betroffenen Eigentümerinnen und Egentümer wird. Ob und in welchem Umfang die bayerischen Gemeinden aber überhaupt von dieser Option Gebrauch machen werden, bleibt abzuwarten. Letztlich geht die Ermäßigung unmittelbar zulasten des kommunalen Haushalts. Die ursprünglich von allen Ländern angestrebte aufkommensneutrale Umsetzung der Grundsteuerreform wäre dann nur möglich, wenn die Eigentümerinnen und Eigentümer der nicht privilegierten Grundstücke dieses Delta ausgleichen. Dadurch würden die mit der Systemumstellung auf einen wertunabhängigen Ansatz immanenter Belastungsverschiebungen möglicherweise noch deutlicher. Durch den Systemwechsel bedingt sind erhebliche Hebesatzverschiebungen zwischen den Kommunen zu erwarten. Die Art und der Umfang der zu erwartenden Abweichung von den bisherigen Hebesätzen kann derzeit nicht annähernd prognostiziert werden. Die erwarteten Hebesatzveränderungen sollen an dem nachfolgenden Beispiel verdeutlicht werden:

Verglichen wird das Messbetragsvolumen basierend auf der Einheitsbewertung und nach dem Flächenmodell, jeweils für eine städtische (Stadt) und ländliche (Land) Gemeinde. Die in den Gemeinden belegenen Grundstücke sollen in diesem Fall hinsichtlich der insgesamt zu berücksichtigenden Grundstücksflächen identisch sein. Resultierend aus dem Systemwechsel zur Ermittlung einer wertunabhängigen Bemessungsgrundlage (BMG) ergeben sich deutliche Abweichungen zum Einheitswert. Verglichen wird das Einheitswert- bzw. Bemessungsgrundlagenvolumen und das Grundsteueraufkommen der jeweiligen Kommunen. Die Hebesätze sollen so gewählt werden, dass sich das Grundsteueraufkommen der jeweiligen Kommune nicht verändert (Aufkommensneutralität).

 
Einheitsbewertung Flächenmodell
Stadt Land Stadt Land
BMG 1.000 EUR BMG 100 EUR BMG 500 EUR BMG 500 EUR
Hebesatz 300 % Hebesatz 100 % Hebesatz 600 % Hebesatz 20 %
Grundsteuer 3.000 EUR Grundsteuer 100 EUR Grundsteuer 3.000 EUR Grundsteuer 100 EUR
Summe 3.100 EUR Summe 3...

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