Rz. 18

[Autor/Stand] Das Landesgrundsteuergesetz BW setzt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in der Weise um, dass für die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens an das bestehende Bewertungssystem angeknüpft wird und eine Bewertung mit dem Ertragswert erfolgt.[2] Die Gesetzesbegründung verweist hierbei auf das Verhältnis zur Gewerbesteuer, das durch eine Neuregelung nicht beeinflusst werden soll. Steuersystematisch trete die Grundsteuer für land- und forstwirtschaftliche Betriebe an die Stelle der Gewerbesteuer.[3] Dieser Teil der Grundsteuer führe zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Flächen. Der Ertragswert spiegele die direkt mit der Nutzung von Grund und Boden verbundene und aus dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in seiner Gesamtheit resultierende Leistungsfähigkeit wider. Schließlich erfordere die Datenlage bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken hinsichtlich der Bodenrichtwerte eine hiervon abweichende Bewertung, da sonst eine gleichheitsgerechte Besteuerung gefährdet wäre. Die Möglichkeiten einer bürokratiearmen Aktualisierung der Bewertung werden hier nicht genutzt. Die Begründung zur Erfassung einer durch den land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz vermittelten abstrakten Leistungskraft und zur substanzbezogenen Sollertragsteuer (§§ 24 Abs. 2, 30 ff. LGrStG BW) steht in besonderem Kontrast zur bodenwertbasierten Bewertung des Grundvermögens und können nicht überzeugen. Die Begründung der Bewertungskonzeption, die auf die Befreiung von der Gewerbesteuer abstellt, erscheint mit Blick auf die nur eingeschränkte Erfassung marktlicher Tätigkeiten durch diese Objektsteuer und die Besteuerungsrealität, in der die Mehrheit der gewerblichen Betriebe tatsächlich keine Gewerbesteuerbelastung trägt, nicht tragfähig.[4]

 

Rz. 19

[Autor/Stand] Eine Ausrichtung der Grundsteuer A am Sollertrag ist weder konzeptionell gelungen noch verfassungsgerichtlich vorgegeben.[6] Das Bewertungsziel des objektiviert-realen Ertragswerts eines selbstbewirtschafteten, pacht- und schuldenfreien Betriebs mit entlohnten Arbeitskräften (§ 30 Abs. 1 Satz 2 LGrStG BW), das vom Landesgrundsteuergesetz BW im Einklang mit dem reformierten Bundesrecht gewählt wird, entspricht in weiten Bereichen nicht der Realität. Die Reinerträge werden stark pauschaliert durch grobe Vorgaben für einzelne Nutzungen festgelegt. Auf eine Regionalisierung und Typisierung nach Betriebsform- und -größe wurde verzichtet.[7] Es kann bezweifelt werden, dass bundeseinheitliche Standardwerte dem jeweiligen Betriebsertrag gerecht werden. Anpassungsbedarf im ÄndGLGrStG hat sich bereits binnen Jahresfrist durch geänderte Bewertungsparameter ergeben, die aus Erhebungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ergeben, sodass die Werte der Anlagen 1 bis 7 aktualisiert worden sind. Die fehlende konzeptionelle Stimmigkeit zeigt sich auch in § 30 Abs. 3 LGrStG BW, der den Ertragswert als das 18,6-fache der Summe der Reinerträge des Betriebs festlegt. Der Kapitalisierungsfaktor unterstellt eine konstante Verzinsung mit 5,5 Prozent, was mit dem andauernden Niedrigzinsumfeld nicht im Einklang steht. Der in § 203 Abs. 1 BewG verankerte Kapitalisierungsfaktor beträgt demgegenüber derzeit 13,75 Prozent, wobei nach Absatz 2 die Anpassung an die Entwicklung der Zinsstrukturdaten vorgesehen ist. Einen Einblick in die Bewertungsstruktur gibt Tab. 1.

 
Berechnungsparameter Datenquellen

Summe der Reinerträge der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen einschließlich der Zuschläge (§§ 31, 32 LGrStG BW)

× 18,6 (Kapitalisierungsfaktor, §§ 30 Abs. 1, 33 Abs. 1 LGrStG BW)

Nutzungsart, Fläche

Bewertungsfaktoren lt. Anlagen 1–9
= Ertragswert des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft (§ 33 Abs. 1 LGrStG BW)

Tab. 1: Bewertung von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft nach dem LGrStG BW

Quelle: Scheffler/Feldner, ifst-Schrift Nr. 542, 2021, 64 (abgeändert)

 

Rz. 20

[Autor/Stand] Eine realitätsgerechte Typisierung, die das BVerfG aus Art. 3 Abs. 1 GG ableitet, müsste "von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen".[9] Daran lässt sich mit Blick auf die wesentlichen Bewertungsparameter des LGrStG BW zweifeln.

 

Rz. 21

[Autor/Stand] Alternativ wäre die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens mit dem Bodenwert möglich gewesen, was die konzeptionelle Stimmigkeit des Landesgrundsteuergesetzes BW verbessert hätte. Die Gesetzesbegründung führt die Datenlage an, die eine abweichende Bewertung erforderlich mache.[11] Dem ist § 38 Abs. 3 LGrStG BW entgegenzuhalten, der bei fehlenden Bodenrichtwerten im Rahmen der Grundstücksbewertung eine Ableitung des Werts aus den Werten vergleichbarer Flächen vorsieht. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass eine zwingende Erfassung von Grundbesitz in Form land- und forstwirtschaftlichem Vermögen nicht besteht.[12] Der vom BVerfG zugestandene Entscheidungsspielraum umfasst auch die Bestimmung des Steuergegenstandes. Der Gesetzgeber...

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